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Franziska Büschelberger "Ich habe die Familienarbeit schon immer im Lebenslauf angegeben"

Franziska Büschelberger macht Furore mit "Unpaid Care Work"
Franziska Büschelberger, alleinerziehende Mutter und Gründerin, macht mit ihrer fiktiven Firma "Unpaid Care Work" Sorgearbeit sichtbar
© Katrin Schindler
Franziska Büschelberger, 50, sorgt dafür, dass Care-Arbeit zum Karrierebaustein wird – mit einer Firma, die es gar nicht gibt.

BRIGITTE: Herzlichen Glückwunsch zum florierenden Unternehmen! Wie kommt es, dass Sie mit Ihrer Firma "Unpaid Care Work" trotz Fachkräftemangel in kürzester Zeit 1.700 Mitarbeiter:innen gewonnen haben? 

Franziska Büschelberger: "Unpaid Care Work" ist eine fiktive Firma beim Business-Netzwerk "LinkedIn". Allein die Tatsache, dass man im privaten Umfeld Sorge- und Pflegeverantwortung trägt, befähigt dazu, ihr anzugehören. Das geht ganz einfach: Unter "Berufserfahrung" kann man eine entsprechende Position eintragen. Und schon ist man ein Teil von uns und wird mit seiner geleisteten Care-Arbeit sichtbar. Offenbar haben wir damit einen Nerv getroffen: Innerhalb von 19 Tagen ist unsere Initiative auf mehr als 8.000 Follower gewachsen, inzwischen haben rund 1.700 Menschen "Unpaid Care Work" bei ihren Berufserfahrungen verlinkt.
 

So kann es aussehen, wenn man "United Care Work" bei "LinkedIn" unter Berufserfahrung angibt
So kann es aussehen, wenn man "United Care Work" bei "LinkedIn" unter Berufserfahrung angibt
© Franziska Büschelberger


Wie kamen Sie auf die Idee, Familienarbeit im beruflichen Kontext sichtbar zu machen?

Ich bin es leid, dass private Sorge- und Pflegeverantwortung wirtschaftlich als Schwäche angesehen wird, und dass sich Mütter für ihre Kinder entschuldigen müssen. Ich bin es auch leid, dass Müttern und Pflegenden suggeriert wird, sie würden nicht arbeiten. Ich habe meine Zeit als aktiv geforderte, alleinerziehende Mutter bei "LinkedIn" schon immer als Berufserfahrung gelistet und bei Bewerbungen offen angegeben – obwohl die meisten diese Arbeit in ihrem Lebenslauf verschweigen. Es wird als unprofessionell angesehen, Berufliches und Privates zu mischen, und deshalb kaschieren die Menschen ihre Care-Arbeits-"Lücken". Das wollte ich ändern. Denn Care-Arbeit ist Leistung. Und Leistung gehört anerkannt und wertgeschätzt.

Was sagt es über das Leben von Frauen, dass die Resonanz derart groß ist? 

Wenn sich innerhalb weniger Tage so viele Menschen abgeholt fühlen, steckt ein großes Bedürfnis dahinter. Das sind Menschen, die arbeiten, weil die Arbeit da ist, und die nicht fragen, warum sie diese Arbeit leisten sollen. Sie machen sie einfach. Dabei ist Care-Arbeit ein essenzieller gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Beitrag – durch "Unpaid Care Work" wird sie endlich anerkennend sichtbar. Und die Frauen sind so dankbar, dass ihre Sorgearbeit ans Licht geholt wird!

Das Projekt geht jetzt auch jenseits von "LinkedIn" weiter – auf der Website unpaid-care-work.de

Brigitte

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