Warum lassen wir uns eigentlich nur dann fotografieren, wenn es uns gut geht? Und sollte man nicht neben den Höhen des Lebens gerade auch dessen Täler abbilden? Schließlich gehören beide Landschaften zu uns – und meist sind es sogar letztere, die uns ausmachen, von denen wir lernen und aus denen wir gestärkt hervor gehen.
Die Erkenntnis gewann die Fotografin Franziska Günther, als eines Tages eine ungewöhnliche Kundin an ihre Tür klopfte. "Sie war gerade 30 Jahre alt, ihr jüngstes Kind ein paar Monate - und sie war an Brustkrebs erkrankt", blickt sie heute zurück. Die Frau sprach den Wunsch aus, ihren Körper fotografieren zu lassen, mitsamt der Narben, die die Therapie und Operationen gegen den Krebs in und auf ihr hinterlassen hatten. Das darauffolgende Shooting sollte kein reiner Erinnerungsakt sein. Sondern einer der Selbstliebe. Die Frau hatte den Wunsch, sich selbst etwas Gutes zu tun. Sichtbar zu machen, dass sie nicht nur für ihre Familie, sondern vor allem für sich selbst gegen den Krebs kämpfte.
Auf diese Kundin folgten viele weitere. "Für mich als Fotografin und vor allem auch für mich als Frau war klar, dass ich zukünftig, statt ausschließlich Menschen zu fotografieren, die mit einer positiven Grundstimmung in mein Studio kommen, die sich schön und wertvoll fühlen, gerade die Frauen erreichen möchte, denen dieses Gefühl oft abrupt entzogen worden ist", erzählt Franziska Günther uns.
Die Shootings waren nicht immer einfach. Doch währenddessen beobachtete sie die kleinen Höhen und Tiefen, durch die die Frauen vor der Kamera gingen. Zusammenbrüche, Angst um das Leben und den Verlust der Weiblichkeit verwandelten sich mit jedem Foto in Stolz, Selbstliebe und Versöhnung.
Franziska Günther begann, kostenfreie Shootings auf Spendenbasis für an Krebs erkrankte Frauen anzubieten. 45 Modelle hatte sie bereits vor der Kamera – doch dann kam Corona und die Termine wurden weniger, während die Anfragen weiter wuchsen. Also beschloss die Fotografin, am 01. Oktober Gruppenshooting im Freien zu veranstalten. Die Fotos waren dabei jedoch nur Nebensache – denn vielmehr ging es darum, die Frauen untereinander zu vernetzen, sich auszutauschen und darauf aufmerksam zu machen, dass jede 8. Frau in Deutschland in ihrem Leben an Krebs erkrankt. Diese Krankheit sollte kein Tabu mehr sein. Und wenn schon so viele Menschen mit ihr kämpfen müssen, können sie es zumindest gemeinsam tun.
Im Projekt "stark & schön" bekommen wir Frauen zu sehen, die genau das sind. Und Franziska Günther hilft ihnen dabei, sich auch wieder so zu fühlen:
Ich wünsche mir von Herzen, dass jede Frau sich schön & stark fühlt! Egal welche körperlichen Auswirkungen diese furchtbare Krankheit hinterlassen hat. Ich möchte Frauen mit meinen Bildern helfen und ermutigen, sich selbst aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und ihre Weiblichkeit zu erkennen.