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Zu gut für die Tonne Unterwegs mit den Lebensmittelrettern von foodsharing

foodsharing: Gerettete Lebensmittel
© privat
In Deutschland landen jährlich etwa 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, ein Großteil davon in Privathaushalten: Durchschnittlich wirft jede Person 80 Kilogramm an Essen weg. foodsharing ist eine Initiative, die sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt. BRIGITTE.de-Redakteurin Kira hat ein Team aus Hamburg bei seiner Arbeit begleitet.

Es ist kurz nach 13 Uhr und der Wochenmarkt, auf dem ich mich mit den Lebensmittelrettern von foodsharing Hamburg treffe, beginnt sich zu leeren. Zeit für Christine Maciejewski und vier weitere Foodsaver, ihre Arbeit aufzunehmen. Aufgeteilt in zwei Teams steuern sie die kooperierenden Marktstände an und fragen, ob Lebensmittel übrig geblieben sind, die nicht mehr verkauft werden können. 

Zunächst sind es nur Einzelteile, die in unseren Taschen landen: ein paar Salatköpfe, einige Zwiebeln und Kartoffeln, außerdem Schalen mit Erd- und Himbeeren. Alle Lebensmittel machen einen tadellosen Eindruck auf mich, da aber das Wochenende bevorsteht, würden sie sonst weggeschmissen. Am Brotstand stoßen wir dann fast an unsere Kapazitätsgrenzen, denn dort wird uns ein großer Sack voll mit Backwaren überreicht. Neben Obst und Gemüse zählt diese Kategorie zu den Produkten, die am häufigsten im Müll landen.

Foodsaver von foodsharing Hamburg
Die Lebensmittelretter vom Hamburger foodsharing-Team.
© privat

Außerdem erhalten wir noch viele Pfirsiche, Äpfel, Pilze und Kräuter ... Ich bin erschrocken über die Mengen, die wir sammeln (und den Plastikmüll, der dabei anfällt) – vor allem wenn man bedenkt, dass es sich nur um die Produkte eines einzigen Markts handelt. Kaum vorstellbar, wie viel zusammenkommt, wenn man das auf Hamburg oder gar ganz Deutschland hochrechnen würde. Meine Mitstreiter versichern mir jedoch, dass diese Mengen üblich seien und sich eher noch im unteren Bereich bewegen.

Die Arbeitsweise von foodsharing

Als nächstes werden die Lebensmittel sortiert und aufgeteilt. Die Foodsaver können selbst entscheiden, was sie mit den Produkten machen: Das Essen kann für den Eigengebrauch verwendet, an gemeinnützige Einrichtungen wie etwa die Tafel gespendet oder in sogenannte Fair-Teiler gebracht werden. Das sind öffentlich zugängliche (Kühl-)Schränke, an denen sich jeder kostenlos Lebensmittel mitnehmen kann. Christine stellt zum Beispiel häufig Essenskörbe in ihren Hausflur, sodass sich ihre Nachbarn bedienen können. Sie erzählt, dass es auch Foodsaver gibt, die regelmäßig gerettete Lebensmittel an einem Stand in ihrem Stadtteil ausgeben – die Möglichkeiten sind also vielfältig.

foodsharing sieht sich dabei nicht als Konkurrenz zur Tafel, sondern als Ergänzung. Gleichzeitig sagt der Verein aber auch, dass er nicht das Ziel hat, Bedürftigen eine Versorgungssicherheit zu bieten – oberstes Ziel ist, dass gerettete Lebensmittel verbraucht bzw. zur Nutzung weitergegeben werden. Deshalb wird das gesamte Essen kostenlos verteilt und auch die Foodsaver arbeiten alle ehrenamtlich.

foodsharing: Fair-Teiler
Der Fair-Teiler am Goldbekhaus.
© privat

Wir bringen das Essen, das die Lebensmittelretter nicht untereinander aufteilen konnten, zu dem Fair-Teiler am Goldbekhaus in Hamburg-Winterhude. Auf dem Gelände des Kulturzentrums befinden sich zwei Kühlschränke und ein Holzschrank, in denen Lebensmittel gelagert werden können und die rund um die Uhr zugänglich sind. Es gibt jedoch Beschränkungen, so dürfen Lebensmittel wie Schweinemett, Rindergehacktes, Speisen mit rohem Ei oder Alkohol nicht in den Fair-Teiler gelegt werden, da sie ein potentielles Gesundheitsrisiko bergen. Wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, können die Produkte dennoch weitergegeben werden (vorausgesetzt, sie sind noch gut), anders sieht es nach Ablauf des Verbrauchsdatums aus – diese Lebensmittel haben auch im Fair-Teiler nichts zu suchen.

Was kann jeder Einzelne gegen Lebensmittelverschwendung tun?

Mit rund 7,23 Millionen Tonnen (also ca. 40 % der oben genannten 18 Millionen Tonnen insgesamt) wird das meiste Essen in Privathaushalten weggeworfen. Deshalb haben wir einige Tipps gesammelt, mit denen man die Verschwendung eindämmen kann:

  • Lieber öfter und dafür weniger einkaufen: Bei einem großen Wocheneinkauf landet häufig mehr im Wagen, als man verbrauchen kann. Deshalb ist es sinnvoll, bedarfsgerecht einzukaufen und vorher eine Einkaufsliste zu schreiben.
  • Lebensmittel richtig lagern: Informiere dich darüber, wie Lebensmittel am besten gelagert werden, damit sie sich länger halten. Bei uns erfährst du zum Beispiel, wie du deinen Kühlschrank richtig einräumen kannst.
  • Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nicht zu verwechseln mit dem Verfallsdatum und bedeutet nicht "tödlich ab" – in der Regel sind die Lebensmittel noch deutlich länger ohne gesundheitliches Risiko genießbar. 
  • Auch krummes Gemüse schmeckt lecker: Wir neigen dazu, nur hübsches Obst und Gemüse zu kaufen, was zur Folge hat, dass Lebensmittel mit Schönheitsfehlern häufig im Müll landen – dabei macht es geschmacklich keinen Unterschied, ob die Möhre krumm oder gerade ist. 

Wer kann sich bei foodsharing engagieren?

foodsharing ist eine kostenlose Plattform und offen für alle. Nachdem man sich registriert hat, kann man als Foodsharer beispielsweise einen sogenannten Essenskorb mit Lebensmitteln einstellen, die man zuhause übrig hat. Andersherum besteht auch die Möglichkeit, Essen von anderen Mitgliedern abzuholen. Wer Foodsaver werden möchte, also Abholungen bei kooperierenden Betrieben durchführen will, muss zunächst eine Ausbildung absolvieren. Diese besteht aus drei Probeabholungen sowie einem Quiz – dadurch wird eine reibungslose Zusammenarbeit mit den Betrieben sichergestellt.

Zwei Apps, die sich ebenfalls gegen Lebensmittelverschwendung engagieren, sind "Too Good To Go" (TGTG) und "UXA". Während sich UXA an Privathaushalte richtet, kooperiert TGTG mit Restaurants, die übrig gebliebenes Essen kurz vor Ladenschluss günstiger anbieten. Ein weiteres interessantes Konzept ist "etepetete": Dabei handelt es sich um eine Bio-Kiste, die Obst und Gemüse enthält, das es nicht in den Handel schaffen würde – zum Beispiel weil es zu klein, zu groß oder zu krumm gewachsen ist. Ab sofort gibt es also keine Ausreden mehr, Lebensmittel wegzuwerfen!

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