Ein zehnjähriges Mädchen, das in einem roten Kleid auf einem Hotelbett liegt und auf ihre Vergewaltigung wartet. Ein Junge, der von einem alten Mann gezwungen wird, sich auszuziehen, und auf dem Tisch warten Folterwerkzeuge. Obwohl der Fernsehfilm "Operation Zucker", der am Mittwoch in der ARD lief, keine rohe Gewalt zeigte, waren die Bilder verstörend. Sie tauchten noch in den Träumen auf und werden so schnell nicht aus den Köpfen der Zuschauer verschwinden. Dabei endete die ursprüngliche Fassung des Films von Regisseur Rainer Kaufmann noch düsterer. So düster, dass die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) den Film erst ab 16 freigab und die ARD eine gekürzte, versöhnlichere Fassung zur Primetime senden musste. Trotzdem war die ruhig und nüchtern gefilmte Geschichte um Kommissarin Wegemann (Nadja Uhl), die gegen Kinderhändel kämpft, nur schwer zu ertragen. Denn in keiner Sekunde konnte man als Zuschauer ausblenden, dass die Schicksale, die der Film zeigte, realistisch sind. Intensiv haben die Filmemacher recherchiert und mit Ermittlern gesprochen, die sich seit Jahren mit Kinderhandel beschäftigen. Solche grausamen Geschichten passieren wirklich. Nicht nur weit weg, sondern auch hier in Deutschland. Unser Nachbar könnte ein Täter sein.
Jeden Tag werden weltweit mehr als 3000 Kinder Opfer von Menschenhändlern.
Jährlich werden mit Menschenhandel zwischen 25 und 35 Milliarden Euro umgesetzt.
Die meisten Opfer stammen aus Südostasien, Afrika, Latein- und Zentralamerika sowie osteuropäischen Ländern. Sie werden bevorzugt in die USA, Westeuropa, den Nahen Osten, Japan und Australien verschleppt.
Besonders gefährdet sind Kinder in armen Regionen, die in zerrütteten Familien leben, sowie Waisenkinder.
Rund zwei Drittel der weltweit entdeckten minderjährigen Opfer wurden zur Prostitution gezwungen.
Etwa 50 Millionen Kinder auf der Welt wurden bei ihrer Geburt nicht registriert. Sie sind besonders von Menschenhandel bedroht.
Im Dezember 2012 befreite die Polizei 19 Kinder aus den Fängen eines internationalen Kinderporno-Rings in Spanien. Darunter waren auch Opfer aus Deutschland. Die Verbrecher hatten jahrelang Kinderpornos in insgesamt 94 Länder verkauft - nach Asien, Amerika und Europa.
In Deutschland ermittelte die Polizei 2011 640 Menschenhandelsopfer, die sexuell ausgebeutet wurden. Knapp 5 % mehr als im Vorjahr.
Fast alle waren weiblich (94 %).
Im Jahr 2011 stammte über die Hälfte (61 %) der Menschenhandelsopfer aus osteuropäischen Staaten, vor allem aus Rumänien und Bulgarien. Aber auch der Anteil der deutschen Opfer ist gestiegen, auf 21,7 %.
Etwas mehr als die Hälfte der Opfer in Deutschland waren jünger als 21 Jahre, davon 14 % unter 18 Jahre.
73 % aller 2011 in Deutschland ermittelten Menschenhandelsopfer gaben an, gegen ihren Willen in die Prostitution gezwungen worden zu sein.
Die meisten Tatverdächtigen bei Menschenhandelsdelikten, die 2011 in Deutschland verfolgt wurden, hatten die deutsche Staatsbürgerschaft (28 %).
"Das Thema ist so tabu, dass niemand darüber spricht. Auch nicht, um etwas zu ändern. Keiner will es wahrhaben", so Nadja Uhl im TV-Magazin rtv. Die Schauspielerin selbst hat sich auf Einladung des Kinderhilfswerk Unicef ein Bild von der entsetzlichen Lage gemacht. Sie erfuhr, dass Kinderhandel längst ein Milliardengeschäft geworden ist. Es sind nicht nur Einzeltäter, die Kinder missbrauchen, sondern Verbrecherringe, die Kinder verschleppen und zu Prostitution und Porno-Aufnahmen zwingen. Rund 25 bis 35 Milliarden Euro werden so jährlich umgesetzt, so Schätzungen der Vereinten Nationen.
Armut ist der Hauptmotor für Kinderhandel
Kinderhandel ist kein neues Phänomen, viele Länder in Südostasien, Afrika oder Latein- und Zentralamerika haben eine lange traurige Geschichte der Ausbeutung Minderjähriger. In den vergangenen Jahren stiegen jedoch auch in Osteuropa die Fälle massiv an. Vor allem in Ländern mit schlechter wirtschaftlicher Lage, wie Rumänien, Bulgarien oder Moldau. Denn je ärmer die Familien, desto größer ist die Gefahr, dass sie in ihrer Verzweiflung auf Menschenhändler hereinfallen, die ihren Kindern eine bessere Zukunft versprechen. Oft sind es auch gar nicht die Eltern selbst, die die Kinder weggeben, sondern Verwandte oder Bekannte, bei denen die Kinder leben. Laut Unicef arbeiten Zehntausende Eltern aus Osteuropa in westeuropäischen Ländern und mussten ihre Kinder in der Heimat zurücklassen. Allein in Rumänien wachsen nach Schätzungen der Behörden rund 80.000 Kinder ohne ihre Eltern auf.
Die Opfer sind ihren Peinigern jahrelang ausgeliefert
Diese Lage nutzen die Menschenhändler aus: Oft tauchen Vermittler aus der Region bei den Familien auf und versprechen den Kindern Ausbildungsstellen oder Jobs als Haushaltshilfe oder in der Gastronomie. Sind sie einmal in den Fängen der Täter, haben die Kinder oft kaum eine Chance zu entkommen. Sie werden bedroht, geschlagen und von ihren Peinigern abhängig gemacht. Rund zwei Drittel der Opfer werden zur Prostitution gezwungen, andere müssen betteln oder werden zwangsverheiratet. Besonders gefährdet sind dabei Kinder, die keine Papiere haben. Unicef zufolge gibt es weltweit etwa 50 Millionen Kinder, die bei ihrer Geburt nicht registriert wurden. Die Namenlosen haben keine Bürgerrechte und fallen durch das gesetzliche Raster. Leichtes Spiel für die Verbrecher.
Aber auch im reichen Westeuropa werden Kinder zwangsprostituiert. 2011 hatten 21,7 % der Opfer von Menschenhandel in Deutschland selbst einen deutschen Pass, viele davon minderjährig. In den Niederlanden tauchte vor einigen Jahren das Phänomen der so genannten "Lover Boys" auf. Diese Jungzuhälter machen sich an Teenager ran, sie gewinnen ihr Vertrauen und machen sie gefügig - und zwingen sie schließlich in die Prostitution. Oft werden diese Mädchen auch verschleppt und an andere Bordelle "verkauft". Inzwischen soll diese perfide Methode auch in anderen europäischen Ländern angewandt werden.
Was können wir tun?
Organisationen wie das Kinderhilfswerk Unicef oder Terre des Hommes helfen Kindern, die aus der Sklaverei befreit wurden und bieten ihnen psychologische Hilfe an. Vor allem aber setzen sie auf Prävention und Armutsbekämpfung: Gezielt werden arme und benachteiligte Bevölkerungsgruppen aufgeklärt und unterstützt. Bildung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. So betreibt Unicef in Rumänien Schulprojekte, Terre des Hommes führt zum Beispiel Bildungsprojekte in Südostasien durch, um Kinder vor Zwangsarbeit zu schützen. Darüber hinaus arbeitet Unicef mit internationalen Ermittlern zusammen und verfasst Studien zur Aufklärung.
Hier können Sie sich informieren und spenden:
www.unicef.de
www.tdh.de