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Sexualtherapeutin Ruth Westheimer gestorben "Alles, was zwei Erwachsene einvernehmlich in der Privatheit ihres Schlafzimmers oder auf dem Küchenboden tun, ist in Ordnung"

Ruth Westheimer
© empics | Nathan Denette / Picture Alliance
Feminismus-News: Sexualtherapeutin Ruth Westheimer gestorben +++ Heide Pfarr bekommt Berliner Frauenpreis +++ Abtreibungsgegner dürfen Schwangere nicht mehr vor Praxen belästigen +++ Wegen Vergewaltigung verurteilter Beachvolleyballer tritt bei Olympia an – Petition fordert Disqualifizierung.

Der feministische News-Ticker für Juli 2024

Hier könnt ihr gesellschaftlich relevante News mit feministischer Perspektive nachlesen.

15. Juli 2024

Die Pionierin der Sexualaufklärung Ruth Westheimer gestorben

Anfang der 80er-Jahre wurde Ruth Westheimer zur Pionierung der Sexualaufklärung. Sie war eine der Ersten, die öffentlich Wörter wie Vagina, Penis und Masturbation laut aussprach und wurde damit zur Popikone. Ihre Sendungen erlangten Kultstatus und sie erreichte Millionen. Im Alter von 96 Jahren ist die renommierte Sexualtherapeutin und Soziologin nun in New York City im Kreise ihrer Angehörigen verstorben. 

In den Vereinigten Staaten sorgte ihre Radiosendung "Sexually Speaking" Anfang der 1980er-Jahre für Furore. Darin gab sie freimütig Tipps mit einer guten Mischung aus Humor und Nüchternheit zum Thema Sex und Leidenschaft. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Es folgten weitere Sendungen in Radio und Fernsehen und mehr als 40 Bücher. Im Laufe ihres Lebens hat sie Hunderttausende anonym beraten. 2019 bekam sie das Bundesverdienstkreuz.

Bewegtes Leben

1928 wurde "Dr. Ruth" als Ruth Karola Siegel als Kind jüdischer Eltern geboren. Mit zehn Jahren schickten sie ihre Eltern zum Schutz vor den Nazis in die Schweiz. Sie sollten sich nie wieder sehen. Ihre Eltern wurden vermutlich in Auschwitz ermordet. Mit 16 Jahren zog sie nach Palästina, wo sie sich der zionistischen Untergrundorganisation Hagana anschloss, die sie als Scharfschützin ausbildete. Bei einer Bombenexplosion wurde sie schwer an den Beinen verletzt, viele ihrer Freunde getötet. Später studierte sie an der renommierten Sorbonne in Paris, bis sie Mitte der 50er Jahre in die USA auswanderte.

Vor Dr. Ruth waren alle Menschen gleich

"Entweder ist alles normal oder gar nichts", lautete ihre Einstellung in Bezug auf sexuelle Orientierung. Zu einer Zeit, in der es noch lange nicht selbstverständlich war, über homosexuellen Sex zu sprechen, tat sie genau das. Für sie sei Respekt nicht verhandelbar, sagt sie in Frag Dr. Ruth, dem Dokumentarfilm über ihr Leben. "Vielleicht weil ich als Waise des Holocaust wusste, was grausame Vorstellungen von Normalität anrichten können." In den Achtzigerjahren setzte sie sich auf dem Höhepunkt der AIDS-Epidemie für schwule Männer ein und sprach sich lautstark für die LGBTQ-Gemeinschaft aus. Später machte sie sich für das Recht auf Abtreibung stark.

Quellen: Tagesschau, Spiegel, Zeit 
 

11. Juli 2024

Für jahrzehntelangen Einsatz: Heide Pfarr bekommt Berliner Frauenpreis

Die Rechtswissenschaftlerin und Politikerin Prof. Dr. Heide Pfarr erhält den diesjährigen Berliner Frauenpreis für ihren jahrzehntelangen Einsatz für die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt. Als Juristin setzt sie sich für die Rechte von Frauen, unter anderem für die Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern ein – und das schon lange bevor es Begriffe wie Gender Pay Gap und Care Arbeit gab.

Erstmals wurde ihr die Ungerechtigkeit in der Behandlung von Frauen in der Arbeitswelt während ihres Studiums bewusst. So konnte damals per Gesetz "ein Ehemann den Arbeitsvertrag seiner Frau kündigen. Einfach deswegen, weil er vielleicht ihre finanzielle Unabhängigkeit nicht wollte. Oder meinte, ihre Fürsorge für den Haushalt würde für seine hohen Ansprüche noch nicht ausreichen." Das fand sie so unglaublich, dass es ihr innerer Antrieb wurde, "benachteiligende Gesetze zu beseitigen und darüber nachzudenken, wie man Gesetze machen könnte, damit sie der Gleichstellung nutzen", erklärt sie im Gespräch mit dem RBB.

Frauen und Männer sollten sich wehren

Inzwischen habe sich zwar schon einiges getan, dennoch mache sie die Minderbewertung weiblicher Arbeit noch immer wütend: "Wenn Bauern mit Traktoren durch Berlin fahren, dann meint die gesamte Oppositionspolitik und eigentlich auch die Öffentlichkeit, man müsste sofort was für Bauern tun. Wenn wir erfahren, mit welcher schweren Arbeit Pflegekräfte, die ja überwiegend Frauen sind, belastet sind, wie sie frühzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden, weil sie einfach kaputt gearbeitet sind. Ja, und? Gibt es da einen Aufschrei?"

Umso mehr ist es für sie ein Anliegen, Frauen und auch Männer zu ermutigen, sich dagegen zu wehren. Denn, und das macht Heide Pfarr im Interview auch nochmal deutlich, jede Institution, die da helfen kann, hat immer eine Mehrheit von Männern. "Also wir müssen mindestens einen Teil von ihnen überzeugen." 

Der Berliner Frauenpreis wird seit 1987 an weibliche Persönlichkeiten der Stadt Berlin vergeben, die durch ihr Engagement in herausragender Weise für die Emanzipation der Geschlechter gewirkt haben.

Quelle: Rbb, Berlin.de

8. Juli 2024

Schutz vor Lebensschützer:innen

Protestaktionen von Abtreibungsgegner:innen vor Praxen, Beratungsstellen und Co. können in Zukunft mit bis zu 5000 Euro Bußgeld geahndet werden. Das hat die Ampelkoalition per Gesetzesentwurf beschlossen, um Schwangere, die über einen Abbruch nachdenken, vor Anfeindungen und Belästigung zu schützen. Eine Beratung ist laut Schwangerschaftskonfliktgesetz verpflichtend. Mit dem neuen Beschluss, zu dem beispielsweise eine Abstandsregel von 100 Metern vor Praxiseingängen gehört, soll gewährleistet werden, dass Schwangere das Beratungsangebot auch ungestört wahrnehmen können. Alle Handlungen, die Betroffene einschüchtern könnten – dazu gehört das Versperren von Wegen und Eingängen, ungewolltes Ansprechen, Einschüchterungsversuche und so weiter – gelten ab sofort als Ordnungswidrigkeit. 

"Wir wollen mit dem Gesetz eine Schutzzone einrichten, in der Frauen einen ungehinderten Zugang zu Beratungsstellen bekommen, um für sie wichtige Entscheidungen zu treffen", erklärt Grünen-Politikerin Canan Bayram. In einer solchen Konfliktsituation sei es für Schwangere ohnehin schwer, eine Entscheidung treffen zu müssen – auch ohne Manipulationsversuche sogenannter Lebensschützer:innen.

3. Juli 2024

Vergewaltiger darf zu Olympia? Entscheidung sorgt für Empörung

Kurz vor Olympia-Beginn versetzt eine umstrittene Nominierung nicht nur die Welt des Sports in Empörung: Der Beachvolleyballer Steven van de Velde qualifiziert sich für Olympia. Umstritten ist diese Entscheidung, da dem Profi-Sportler die Ehre zuteil wird, zusammen mit seinem Partner Matthew Immers, die Niederlande in Paris zu vertreten, obwohl er ein verurteilter Sexualstraftäter ist. 2014 hat van de Velde nämlich eine Zwölfjährige alkoholisiert und daraufhin mehrfach vergewaltigt. Der damals 19-Jährige hat die Tat gestanden, die Strafe ist bereits abgesessen, sodass der Niederländer seine Karriere 2018 fortsetzen konnte. 

Petition fordert Disqualifizierung

Zwar steht das niederländische Olympische Komitee hinter seiner Entscheidung: Van de Velde erfülle nun alle Qualifikationsanforderungen für die Olympischen Spiele und sei somit Teil des Teams, heißt es. Der Generaldirektor des niederländischen Volleyballverbands NEVOBO, Michel Everaert, fügt hinzu: "Steven hat sich als Musterprofi und vorbildlicher Mensch erwiesen, seit seiner Rückkehr gibt es keinen Grund mehr, an ihm zu zweifeln." Grund zum Zweifeln oder besser Verzweifeln sehen dafür viele andere. Denn einen Vergewaltiger als Repräsentant für sein Land antreten zu lassen, setzt doch eindeutig ein falsches Zeichen – oder?

Ja, der Profi-Sportler hat seine Strafe abgesessen, sollte einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen. Allerdings nicht vor Abertausenden von Menschen, für die er eine Vorbildfunktion einnimmt. Daher ist mittlerweile eine Online-Petition im Umlauf, die auffordert, den Niederländer vom Wettkampf auszuschließen. "Kein Pädophiler und Vergewaltiger sollte eine Nation bei den Olympischen Spielen vertreten", schreibt beispielsweise Anwältin Charlotte Proudman bei X. "Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle Überlebenden, dass einem Vergewaltiger zugejubelt wird, als ob nichts gewesen wäre." Die Petition haben mittlerweile knapp 18.000 Menschen unterschrieben. 
 

eke / jba Brigitte

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