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Kompromiss: EU einigt sich auf Frauenquote

40 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten: Die EU hat sich auf eine Frauenquote geeinigt. Es ist ein Erfolg für EU-Kommissarin Viviane Reding, die lange für die Quote gekämpft hat. Doch es ist eben auch ein Kompromiss, der es in der Praxis schwer haben wird.

Mit einem einzigen Wort kommentierte EU-Kommissarin Viviane Reding den Beschluss der EU-Kommission: "Geschafft", schrieb sie über den Kurznachrichtendienst Twitter, und es steckt viel drin in diesem Wörtchen. Stolz, Erleichterung, aber auch Erschöpfung. Denn es war ein langer, zäher Kampf, den die luxemburgische Politikerin in Brüssel führte. Ihr Ziel: eine europaweite Frauenquote für große Unternehmen. Aktuell sind in Europas Top-Führungsriege nur 13,7 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten in weiblicher Hand. Redings Vorschlag sah vor, dass 40 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Unternehmen in Europa bis 2020 von Frauen besetzt sein sollen, Firmen mit staatlicher Beteiligung sollten sogar schon ab 2018 die Quote erfüllen. Und Reding wollte empfindliche Strafen: Bußgelder, Entzug staatlicher Subventionen oder Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für Unternehmen, die das Quotenziel nicht erreichen. Doch im ersten Anlauf scheiterte Reding mit ihrem Entwurf. Zu viele rechtliche Probleme, zu viele Nachteile für die Unternehmen befürchteten die Gegner. Viele sahen für die EU-Quote schon das völlige Aus.

Aber nun hat die EU-Kommission sich nochmal mit dem Thema befasst und sich auf einen Kompromiss geeinigt: In dem Gesetzentwurf bleibt es demnach bei dem Ziel, dass 40 Prozent der Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen bis 2020 von Frauen besetzt werden sollen. Bei gleicher Qualifikation sollen weibliche Bewerberinnen Vorrang haben. Es soll für die rund 5.000 Unternehmen, die das betrifft, auch Strafen geben - wie diese allerdings aussehen, sollen die EU-Länder jeweils selbst klären. Und hier besteht die größte Gefahr für die Frauenquote: Denn einige Länder, darunter Großbritannien und Schweden, haben bereits Widerstand angekündigt. Und auch in Deutschland kann sich die Regierung ja nach wie vor nicht zu klaren Vorgaben für die Firmen durchringen. Dieses EU-Gesetz ist ein Erfolg für die Gleichberechtigung und ein Schritt in die richtige Richtung - doch es wird ein Papiertiger bleiben, wenn die Firmen in den Ländern nicht mit Konsequenzen rechnen müssen. Wir hoffen, dass Viviane Reding sich ihren Kampfeswillen erhält und auch für die Erfüllung des Gesetzes in den EU-Ländern wirbt. Wie wär's mit einem baldigen Lunch im Berliner Kanzleramt? Frau Merkel hat bestimmt noch einen Termin frei.

Text: Michèle Rothenberg

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