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Sauerei? Super Idee? Was passiert, wenn das Elterngeld für Gutverdienende gestrichen wird

Kind im Einkaufswagen im Supermarkt mit Mutter
© kasto / Adobe Stock
Das Elterngeld für Gutverdienende soll gestrichen werden: Sauerei? Super Idee? Sensationell auf jeden Fall, dass darüber jetzt so engagiert gestritten wird!
Die Wut ist riesig. Seit Montag ist bekannt, dass Familienministerin Lisa Paus nach den Sparvorgaben von Finanzminister Christian Lindner plant, das Elterngeld für Gutverdienende zu streichen. Seither explodieren soziale Netzwerke und Eltern-Chatgruppen: Von einem "dramatischen Rückschritt" für die Chancengleichheit von Männern und Frauen ist die Rede und von einem "Schlag gegen die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie". Die Unternehmerin Verena Pausder startete noch am selben Tag eine Petition gegen das Vorhaben – in nur 24 Stunden sammelte sie 250 000 Unterschriften.
Andere rollen angesichts der Empörung entnervt mit den Augen: Trifft die Kürzung nicht just jene, die sich ein paar Euro weniger durchaus leisten könnten? Wer als Paar zusammen 150 000 Euro verdient, sei ja wohl in der Lage, so viel zurückzulegen, dass man ein Jahr Elternzeit mit nur einem Einkommen überbrücken könne. Und ist es nicht besser, hier zu sparen, statt – wie ebenfalls geplant – bei der Kindergrundsicherung oder bei der Erhöhung des Mindestlohns?

Es ist klar, wer im Fall der Fälle die Elternzeit nimmt: die Mutter

Da ist was dran. Trotzdem blendet, wer so argumentiert, zwei Punkte aus: Erstens können in vielen Städten selbst gutverdienende Paare angesichts gigantischer Mieten und Immobilienpreise nicht automatisch auch gigantische Rücklagen bilden. Und zweitens, noch wichtiger, ist klar, wer im Fall der Fälle die Elternzeit nimmt: die Mutter. Weil die meist weniger verdient. Der Vater wird weiter Vollzeit arbeiten. Und all das, was das Elterngeld eigentlich anstoßen soll – die größere finanzielle Unabhängigkeit der Mütter, das Aufbrechen traditioneller Rollenmodelle – wäre, zumindest für diese Einkommensgruppe, erst mal für die Tonne.
Dass der Aufschrei jetzt so groß ist, die "tagesschau" berichtet, sich Kommentator:innen auf allen Kanälen die Finger wund schreiben und Wut- und Kotz-Emojis die Stories auf Instagram fluten, ist deshalb wahnsinnig gut und wichtig. Weil den Politiker:innen – egal von welcher Partei – nur so klar werden kann, dass an Gleichstellung und Familien nicht als erstes gespart werden darf, egal wie dramatisch die Haushaltslage ist. Und weil so vielleicht endlich der Blick gelenkt wird auf die eigentlichen Milliardentöpfe, an die sich bislang noch keine Regierung rantraute: Die 400 Milliarden Euro zum Beispiel, die jedes Jahr vererbt und nur in homöopathischer Dosis versteuert werden. Oder die 22 Milliarden Euro, die das Ehegattensplitting pro Jahr kostet.
Frau Paus, Herr Lindner, wollen Sie bitte übernehmen?
Brigitte

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