Anzeige

"Colourful Goodies" Ellen Brudet designt Puppen für alle – auch Beyoncé hat eine

Diversität
© James / Adobe Stock
Was sie will: Puppen für alle!
Ihr bekanntester Fan: Beyoncé
Ihr wichtigstes Vorbild: ihre Mutter

Als Ellen Brudet 1988 zum ersten Mal schwanger wurde, war sie überglücklich. Alle sollten erfahren, dass sie bald ein Baby bekommen würde, also machte sich die damals 21-Jährige auf, Grußkarten zu besorgen – am besten mit dem Foto eines Babys darauf. Doch in allen Läden, die sie in ihrer Heimatstadt Amsterdam aufsuchte, gab es nur Karten mit Abbildungen hellhäutiger Babys. Ellen Brudet fand, das passe so gar nicht: Ihr eigenes Kind würde einen dunklen Hautton haben. Sein Vater war schließlich Schwarzer, auch Ellen Brudet selbst ist dunkelhäutig. Ihr Vater stammt aus dem südamerikanischen Land Suriname.

Die junge Schwangere bastelte also kurzerhand selbst eine Karte – mit dem Bild eines Schwarzen Babys darauf. Doch als sie 14 Jahre später, 2002, ihr zweites Kind erwartete, stieß sie auf das gleiche Problem. Diesmal ging sie das Thema professioneller an. Mit einem befreundeten Grafikdesigner entwarf sie verschiedene Motive – nicht nur für sich, sondern bald auch für ihren Freundes- und Bekanntenkreis, den die einseitige Auswahl am Kartenregal genauso nervte wie sie. Bald verkaufte sie pro Jahr rund 1000 Karten – zu Geburtstagen, Schulabschlüssen oder Hochzeiten.

2012 erweiterte sie ihr Sortiment, jetzt konnte man bei ihr auch Baby-Kleidung bestellen mit Aufschriften wie: "50 % weiß, 50 % Schwarz, 100 % Ich". Ein Teil ihres Hauses diente als Werkstatt und Lager — bis Ellen Brudet 2016 schließlich im Norden Amsterdams einen richtigen Laden eröffnete: "Colorful Goodies". In dem gibt es heute längst nicht mehr nur Karten und Kleidung, sondern auch Kinderbücher mit Schwarzen Held:innen, Einhörner mit Afro, Puppen mit brauner Haut oder Kopftuch, mit Prothesen oder Trisomie 21. Viele Modelle werden von Brudet und ihrem zwölfköpfigen Team nach den individuellen Wünschen ihrer künftigen Besitzer:innen gestaltet. Die günstigsten kosten knapp 30 Euro, die aufwendigste – eine Puppe, deren dunkle Haut handgemalte helle Flecken aufweist wie bei Menschen mit der Pigmentstörung Vitiligo – gibt es für 125 Euro. Kaufen kann man die Kreationen entweder vor Ort oder im Onlineshop.

"Colourful Goodies"-Puppen sollen Vorbilder schaffen – selbst Beyoncé besitze eine

"Wir wollen mit unseren Puppen zeigen, dass jede und jeder schön ist, auf ihre oder seine eigene Art", sagt Brudet. "Und wir wollen Vorbilder schaffen. Kinder brauchen etwas, womit sie sich identifizieren können. Das beeinflusst, wer sie später werden. Das kann die Zukunft verändern." Zum Sortiment von "Colourful Goodies" gehören daher auch Schwarze Puppen in Richterrobe oder Puppen mit Kopftuch und Arztkittel.

Wie es sich anfühlt, kein Spielzeug zu haben, mit dem sie sich identifizieren kann, weiß Brudet nämlich selbst. Sie wuchs in den Niederlanden der 1970er auf, Puppen mit dunkler Haut waren damals noch seltener als heute. Dabei hätte ihr das sicher geholfen, mit den Hänseleien klarzukommen, die sie in der Schule wegen ihres Aussehens erleben musste, glaubt Brudet. "Meine Mutter hat zwar gesagt, wie wunderschön meine Haare und meine Haut sind. Aber ich habe um mich herum nur weiße, blonde Kinder gesehen." Für sie ist "Colourful Goodies" daher auch mehr als ein Puppenladen: "Es ist eine Philosophie." In Workshops vermittelt sie ihre Botschaft heute vor Schulklassen, bei der Auswahl ihrer Mitarbeitenden achtet sie darauf, dass auch Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt, etwa wegen Behinderung, Teil des Teams werden.

Ihr Engagement hat Brudet nicht nur in Amsterdam bekannt gemacht – 2021 wurde sie zur Amsterdamerin des Jahres gekürt –, sondern auch außerhalb der Niederlande: Seit der US-Rapper The Game ein Foto mit ihren Puppen auf Instagram postete, gibt es mehr und mehr Anfragen aus den USA. Selbst die Sängerin Beyoncé besitze "Coulourful Goodies"-Puppen, sagt Brudet und lacht: "Leider hat sie das nie auf Instagram gepostet" – sonst wäre ihr Laden wohl jetzt im Amsterdamer Luxuskaufhaus de Bijenkorf.

Die Eltern von Ellen Brudet sind zu früh gestorben, um mitzuerleben, was ihre Tochter durch die Puppen alles bewirken konnte. Doch in ihrem Laden, findet Brudet, lebe das Selbstbewusstsein weiter, das die zwei ihr vermittelt hätten. Eine Puppe nach dem Modell ihrer Mutter gibt es daher bereits, an der Papa-Puppe arbeitet sie gerade.

Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel