Anzeige

Militärskandal Oberfeldwebel vergewaltigt Frauen und kommt straffrei davon – bis es seine Tochter trifft

Ein Oberfeldwebel: Zwei Männer der US-Army in Uniform mit Flagge der USA
© M.Moira / Shutterstock
Ein amerikanischer Soldat hat zwischen 2006 und 2017 mehrere Frauen vergewaltigt. Obwohl die Armee informiert war, landete keiner der Fälle vor Gericht, er erhielt lediglich Vermerke in seiner Personalakte. Bis es seine eigene Tochter traf – die auf einem Prozess und Öffentlichkeit bestand.

Ein Oberfeldwebel der U.S. Army ist zu einer Gefängnisstrafe von 13 Jahren verurteilt worden. Er war seit Jahren für Vergewaltigungen diverser Frauen angeklagt, doch von der Armee nie für Konsequenzen herangezogen worden. Statt Verurteilungen war Randall S. H. in Klageverhandlungen immer mit Einigungen davongekommen und mit Einträgen in seiner Personalakte. So konnte seine Verbrechen vor anderen geheim halten. Erst als eines seiner Opfer seine 16-jährige Tochter war, flogen die vorherigen Vertuschungen auf. Das minderjährige Mädchen bestand darauf, an die Öffentlichkeit zu gehen, damit ihr Vater endlich hinter Schloss und Riegel kommt.

Am 30. März bekannte sich H. vor einem Gericht in Fort Drum, New York, in acht Fällen schuldig und wartet nun auf seine Überführung nach Fort Leavensworth in Kansas, um dort seine Gefängnisstrafe abzusitzen. Einige seiner Opfer verzichteten wie seine Tochter auf ihre Anonymität, um auch die Armee anzuprangern, weil sie den Mann nicht verhaftet hat, was seine weiteren Übergriffe verhindert hätte.

Ein Opfer berichtet

Eines der Opfer, Leah R., sagte der "Army Times", dass Ermittler ihre Darstellung glaubwürdig fanden, aber entschieden, H. mit einer Verwarnung davonkommen zu lassen. Ihr Martyrium begann, als ihr Ehemann, ebenfalls Oberfeldwebel, H. 2017 zu einer Super-Bowl-Party zu sich nach Hause in Texas eingeladen hatte. Angestachelt von H. habe ihr Mann einen Whiskey nach dem anderen getrunken und sei irgendwann betrunken bewusstlos geworden. Sie habe ihren Mann ins Bett gebracht, die Party war beendet und alle Gäste verabschiedeten sich. Als sie mit H. allein auf der Terrasse war, schlug dieser ihr Sex vor. Nachdem Leah R. nein gesagt hatte, griff er sie, drückte sie gegen einen Grill, zog sie dann an den Haaren ins Haus und vergewaltigte sie. R. versteckte sich anschließend so lange im Bad, bis H. das Haus verlassen hatte.

"Ich wartete bis zum Morgen und bin dann für eine Untersuchung ins Krankenhaus gegangen", sagte Leah R. der "Army Times". Die Verbrechenermittlungsdivision der Armee sei hingegen von Anfang an ineffektiv vorgegangen. "Sie brauchten zwei Tage, um in mein Haus zu kommen und Beweise zu sichern, ich lebte also 48 Stunden an einem Tatort. Und dann brauchten sie drei Jahre, um überhaupt etwas zu tun." Nach einem Jahr Untersuchungen kam das Team zu dem Entschluss, R.s Schilderungen seien glaubwürdig, es gab genug Beweise. Doch die Armee lehnte eine strafrechtliche Verfolgung ab. H. erhielt stattdessen eine schriftliche Verwarnung für seine Personalakte.

Alles wurde vertuscht

Leah R. und ihr Mann zogen fort, erst nach Fort Benning in Georgia, dann zurück nach Texas, nach Ford Hood. Die Frau hatte das Gefühl, sie könne nichts weiter unternehmen. Sie wusste nicht, dass H.s Exfrau ihn bereits 2006 der Vergewaltigung bezichtigt hatte, als er noch in Fort Carson in Colorado stationiert war. Die Anklage war als Teil der Einigung in H.s Strafverfahren fallen gelassen worden.

Noch während der Ermittlungen im Fall R. im Sommer 2017 vergewaltigte H. seine damalige Freundin. H. einigte sich erneut im Strafverfahren, die Unterlagen fanden die Ermittler zwar, ließen sie aber unberücksichtigt, obwohl seine Freundin ausgesagt hatte, er habe sie mit einer zerbrochenen Flasche geschnitten.

Dann zog seine Tochter zu ihm

Ende des Jahres 2017 zog H.s 14-jährige Tochter Lesley zu ihrem Vater, ihre Mutter ignorierte die vorangegangenen drei Vergewaltigungsvorwürfe. "Ich hatte keine Ahnung, dass etwas daran war", sagte sie. Im Rückblick glaubt sie, H. habe den Teenager zu sich genommen, um die Ermittler abzulenken. "Offenbar wollte er wie ein aufrechter alleinerziehender Vater aussehen. Ich wusste nicht, dass gegen ihn ermittelt wird. Und Fort Bliss erlaubte ihm, dass ein 14-jähriges Mädchen zu ihm auf den Stützpunkt zieht."

Lesley, die heute 17 ist, schilderte, ihr Vater habe sich ihr gegenüber unangemessen verhalten, ihr Drogen angeboten. Sein Fehlverhalten nahm zu, als sie den Stützpunkt wechselten und nach Fort Dix in New Jersey gingen. Am 25. März 2020 gab er dem Mädchen Schlaftabletten und vergewaltigte es, berichtet die "Army Times". H.s strafrechtliche Verfolgung enthielt diesen Anklagepunkt jedoch nicht, doch er gestand sexuellen Missbrauch und tätlichen Übergriff an einem Kind.

Seine Tochter beschleunigt das Gerichtsverfahren gegen ihn

"Er wollte eine Einigung, damit er das Minimum an Jahren bekommt", sagte seine Tochter. Als Minderjährige bat sie mit der Erlaubnis ihrer Mutter, darum, in dem Artikel der "Army Times" genannt zu werden, um auf die Reihe an verpassten Gelegenheiten aufmerksam zu machen, ihn hinter Gitter zu bringen. Sie stimmte der Einigung zu, um schnelles Recht walten zu lassen, schreibt die "Army Times". H. bekannte sich in zwei Fällen der Vergewaltigung schuldig, in zwei Fällen sexueller Übergriffe mit vollzogener Körperverletzung, einem Fall des sexuellen Missbrauchs an einem Kind, einem Fall des Angriff mit Körperverletzung bei einem Kind, einem Fall anstößiger Sprache und einem Fall des Ehebruchs, zitiert die "Army Times" aus den Gerichtsunterlagen. 

"Wenn ich zu der Einigung nein gesagt hätte", sagt Lesley, "hätte das Jahre vor Gericht bedeutet. Es war der einfachste Weg, sodass jeder damit abschließen kann und ihn wegzusperren, bevor er jemand anderem etwas antut." Lesley hatte ihrer Mutter von dem Missbrauch durch ihren Vater erzählt und sie hatten das Verbrechen gemeldet. Die Ermittler fanden schließlich die Warnung in H.s Personalakte von dem Fall Leah R. "Ich hatte großes Glück, dass ich Ermittler hatte, die sich wirklich gekümmert haben, weil sie auch alle anderen Vorgänge fanden und anfingen, alles zusammenzuzählen", sagt Lesley. "Es war verrückt, weil keiner das Ausmaß dessen kannte, was er anderen angetan hat."

Ein Oberfeldwebel: Don Christensen in einer Verhandlung
Don Christensen, Präsident von Protect Our Defenders (POD), einer nationalen Organisation, die sich in den USA ausschließlich der Adressierung von Vergewaltigungen und Sexualstraftaten beim Militär widmet, deren Zahl beständig steigt.
© Brendan Smialowski / AFP / Getty Images

"Ich schäme mich nicht"

Lesley erklärt: "Ich schäme mich nicht für das, was er mir angetan hat. Ich möchte, dass die Menschen erfahren, dass ich minderjährig bin, dass ich eine Tochter bin." Lesley, ihre Mutter und Leah R. lobten die Ermittler von Fort Dix, aber warfen der Armee vor, H. nicht schon vor Jahren gestoppt zu haben, als 2006 seine erste Vergewaltigung gemeldet worden war. Der Stellvertretende Leiter für öffentliche Angelegenheiten der Armee, Michael Brady, sagte der "Army Times", der "wahrscheinliche Grund" dafür sei, dass eine strafrechtliche Verfolgung nicht immer angemessen sei. 

Der ehemalige Chefankläger der Air Force, Oberst Don Christensen, mittlerweile im Ruhestand und aktuell Präsident von Protect Our Defenders, sagte den Leitenden Armee-Verantwortlichen, sie sollten erschüttert sein von H.s Geschichte. "Entgegen dem beharrlichen Mythos, dass verdächtige Sexualstraftäter des Militärs mit einer hohen Quote strafrechtlich verfolgt werden, ist die Realität eine Befehlskette, in der kaum ein Verdächtiger vor Gericht landet", erklärt er. Nur 49 Prozent der Fälle würden angeklagt und nur ein Drittel von diesen kämen vor Gericht. Kommandanten erteilten stattdessen oft außergerichtliche Strafen und administrative Maßnahmen, fügte er hinzu. "Die Befehlshaber sollten entsetzt über ihr Versäumnis, den Vergewaltiger zur Rechenschaft zu ziehen, sein. Es ermöglichte einem Sexualstraftäter, eine Verbrechenswelle gegen zahlreiche Opfer zu verüben.

Quelle: "Army Times"

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei stern.de.

bal/stern

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel