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Unsere Serie zur Bundestagswahl – Teil 2 Anna-Lena von Hodenberg im Interview

Hass im Netz: Anna-Lena von Hodenberg
Anna-Lena von Hodenberg hat HateAid 2018 gegründet.
© photothek / imago images
Anna-Lena von Hodenberg ist TV-Journalistin sowie Gründerin und Geschäftsführerin von HateAid, einer Organisation, die von digitaler Gewalt Betroffene berät.

BRIGITTE: Tut die deutsche Politik genug gegen digitalen Hass?

Anna-Lena von Hodenberg: Im europäischen Vergleich ist Deutschland tatsächlich am weitesten beim Versuch, rechtliche Regelungen zu finden und Plattformen für deren Inhalte zur Verantwortung zu ziehen, etwa durch das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Und wir haben das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das die Löschung gemeldeter Inhalte vorschreibt – auch wenn dadurch der Hass nicht verschwindet.

Was müsste man nach der Wahl zuerst anpacken?

Zum Beispiel brauchen wir ein Demokratiefördergesetz, das Betroffenen-Beratungsstellen nachhaltig fördert, sowie Studien zu den Entwicklungen im Netz – die kommen derzeit alle aus der Zivilgesellschaft. Außerdem müssen Plattformen künftig zur Kooperation mit Strafverfolgungsbehörden gezwungen werden können, wenn es darum geht, Täter*innen-Daten herauszugeben – bisher bleiben zwei Drittel von ihnen unerkannt.

Welche Parteien erleben Sie dabei als besonders engagiert?

Es hängt viel an Personen. Als Justizministerin Christine Lambrecht ins Amt kam, war ihr klarer Fokus, die Themen Hasskriminalität, digitale Gewalt und Rechtsextremismus zu verbinden. Die SPD hat Druck gemacht, daraus ein Gesetz zu machen. Und die hessische CDU-Justizministerin Eva Kühne-Hörmann hat die Staatsanwaltschaft aufgestockt und geht auf NGOs und Zivilgesellschaft zu. Die Grünen machen im Wahlprogramm einige gute Vorschläge, bleiben aber vage, was die konkrete Ausgestaltung angeht, beispielsweise bei der Herausgabe von Nutzer*innen-Daten zur besseren Strafverfolgung. Sie wollen Plattformbetreiber bei der Finanzierung von Beratungsstellen beteiligen, das ist eine gute Idee.

Wo sehen Sie das Thema weniger?

Die Linke ist ambivalent, sie erkennen sehr klar die Betroffenheit, vor allem der Frauen, aber sie sind sehr sensibel bei der Herausgabe von Daten zur Täter*innen-Identifizierung. Bei der FDP gibt es ähnliche Bedenken. Da möchte man die Meinungsfreiheit schützen und deshalb Kommentare nicht löschen. Nachvollziehbar in Ländern wie Russland oder Ungarn, aber wir haben hier massenhaft illegale Inhalte im Netz – wodurch die Meinungsfreiheit ja gerade eingeschränkt wird. Die CDU fordert etwa mehr kostenlose Hilfsangebote für Betroffene und ihre Begleitung durch Opferanwälte – löblich, muss aber auch finanziert werden. Und bei der AfD sehe ich das Thema gar nicht. 

In der nächsten Folge unserer Serie: Wie geht es Alleinerziehenden?

BRIGITTE 18/2021 Brigitte

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