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Diagnose Krebs Diese 5 Tipps im Umgang mit der Krebserkrankung können Angehörigen helfen

Diagnose Krebs: Nicht nur für die Betroffenen ist das eine Schocksituation.
Diagnose Krebs: Nicht nur für die Betroffenen ist das eine Schocksituation.
© Photographee.eu / Shutterstock
Die Diagnose Krebs stellt das Leben der Betroffenen auf den Kopf. Doch nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Angehörigen können unter dieser Situation leiden. Diplompsychologin Dr. rer. med. Antje Lehmann-Laue erklärt, wie Angehörige mit der Situation besser umgehen können.

Antje Lehmann-Laue ist die Leiterin der medizinpsychologischen Versorgung am Universitätsklinikum Leipzig. Ihr Schwerpunkt ist die Psychoonkologie, also die Betreuung von Krebspatienten. Sie erklärt, warum Angehörige weiter auf ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen achten sollten, warum es wichtig ist, sich Hilfe zu suchen und warum es vor allem auf die Kommunikation ankommt.

1. Krebsdiagnose: Die eigenen Bedürfnisse bleiben weiterhin wichtig

Antje Lehmann-Laue: Oft trauen sich Angehörige gar nicht, sich die Frage zu stellen, ob sie sich auch mal eine Pause nehmen dürfen, wenn ihr Mann oder ihre Frau so schwer krank sind. Viele denken: Ich muss doch eigentlich für ihn oder sie da sein. Ich muss mich jetzt um die Familie, um die Kinder kümmern, meinem Beruf weiter nachgehen und alles am Laufen halten. Dabei sind Angehörige ebenfalls einer großen Belastung ausgesetzt, und es ist wichtig zu schauen: Wo sind meine eigenen Grenzen?

Es kann in dieser Zeit hilfreich sein, mit dem oder der Betroffenen direkt zu sprechen und eigene Bedürfnisse zu formulieren. Am besten aus der Ich-Perspektive: Ich merke, dass diese Zeit auch Spuren bei mir hinterlässt. Es würde mir guttun, mich mal wieder mit meiner Freundin oder meinem Freund zu treffen. Letztlich geht es darum, dass Angehörige sich selbst nicht aus den Augen verlieren.

2. Keiner muss das alleine durchstehen – Hilfe suchen ist wichtig

Welche Form der Hilfe man sich sucht, kommt immer darauf an, wie das persönliche Umfeld aufgestellt ist. Sind die Eltern oder Großeltern in der Nähe? Gibt es Geschwister, Freund:innen oder Nachbar:innen, die mich unterstützen können? Zum Beispiel bei ganz alltagspraktischen Dingen, wie das Kind aus dem Kindergarten abzuholen oder einen Einkauf zu erledigen. Oder es gibt jemanden, dem ich mich auch mal anvertrauen kann.

Unabhängig davon können sich Angehörige auch professionelle Unterstützung holen, wie sie beispielsweise Krebsberatungsstellen anbieten. Dort stehen Angehörigen psychologische und sozialrechtliche Beratungen in allen Phasen der Erkrankung zur Verfügung. Ein weiterer Bereich ist der Austausch mit Menschen, die das Gleiche erlebt haben – beispielsweise in Selbsthilfegruppen.

3. Auch die Angehörigen der erkrankten Person können unter den Folgen der Diagnose leiden

Zunächst muss man bedenken, dass die Diagnose Krebs für die gesamte Familie eine Schocksituation ist. Sie versetzt viele erst einmal in einen Zustand der Hilflosigkeit und Ohnmacht. Auch bei Angehörigen kann es dadurch zu körperlichen Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Appetitverlust oder innerer Unruhe kommen.

Manche Angehörige reagieren mit Ängsten, andere sind depressiv und niedergeschlagen. Sollten diese oder andere Symptome auftreten und über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, dann sollte das auf jeden Fall abgeklärt werden.

4. Auch wenn es schwerfällt, die meisten Patient:innen wollen "normal" behandelt werden

Ich kenne einige Patient:innen, die darunter leiden, dass ihre Freund:innen ihnen auf einmal nicht mehr von ihren Alltagsproblemen berichten. Krebs zu haben, bedeutet ja nicht, dass nun alle Funktionsbereiche eines Menschen eingestellt sind und dem/der Betroffenen jetzt gar nichts mehr zugemutet werden kann. Wenn ihnen alles aus der Hand genommen wird, dann bekommen viele das Gefühl, sie hätten nichts mehr selbst unter Kontrolle.

Die Freund:innen wollen die erkrankte Person sicher damit schützen. Bei ihr oder ihm kommt aber eher das Gefühl an, ausgeschlossen zu sein. Wer sich unsicher ist, sollte einfach nachfragen, ob man von eigenen Problemen erzählen kann oder nicht. Ein offener Umgang kann allen helfen und gibt der/dem Erkrankte:n die Möglichkeit, aus der aktuellen Situation heraus zu entscheiden.

Das betrifft auch gemeinsame Unternehmungen. Bei den einen ist eine Radtour durchaus möglich, bei den anderen eine Shoppingtour oder ein Spaziergang. Krebspatient:innen können während ihrer Behandlung oft nicht langfristig planen, weil sie nicht voraussagen können, welcher körperlichen Belastung sie standhalten. Deshalb sollten Angehörige nicht gekränkt sein, wenn Treffen oder Aktivitäten auch mal kurzfristig abgesagt werden.

5. Wichtige formelle Dinge sollten geregelt sein

Es ist erst mal grundsätzlich wichtig, dass jeder Mensch wichtige Dinge geregelt hat, unabhängig davon, ob man an Krebs erkrankt oder nicht. Im Falle einer Krankheit hat das natürlich plötzlich viel mehr Bedeutung. Die Diagnose Krebs ist zunächst mit der Vorstellung von Tod und Ende verbunden, und da drängen diese Themen sich natürlich in den Vordergrund.

Man sollte sich überlegen, was im eigenen Leben geregelt werden sollte. Gibt es vielleicht schon eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht und hat sich mit Auftreten der Erkrankung daran etwas geändert? Sind die bevollmächtigten Personen noch aktuell, oder steht da vielleicht jemand drin, dem man heute nicht mehr vertraut? Finanzielle Fragen sollten ebenfalls geklärt werden, beispielsweise wer welche Bankgeschäfte übernehmen kann. Wenn formelle Dinge geregelt sind, dann bleibt mehr Zeit für die ohnehin schon vielen anderen Herausforderungen, denen sich die erkrankten Menschen sowie ihre Angehörigen stellen müssen.

Verwendete Quelle: Interview mit Dr. rer. med. Antje Lehmann-Laue

Brigitte

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