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Neue internationale Studie Corona-Impfung: Nebenwirkungen deutlich seltener als bisher angenommen

Corona-Impfung: Ärztin impft junge Frau gegen Covid 19
© hedgehog94 / Shutterstock
Müdigkeit und Kopfschmerzen sind typische Reaktionen auf Corona-Impfungen. Aber wie häufig treten solche Nebenwirkungen wirklich auf? Das wollte ein Forschungsteam der Phillips-Universität Marburg genau wissen – und entdeckte Überraschendes.

Wie prüft man eigentlich, welche Nebenwirkungen ein Impfstoff hat? Dafür gibt es ein international bewährtes Verfahren: Man impft eine Gruppe von Freiwilligen. Allerdings bekommt nur die eine Hälfte tatsächlich eine Impfung, die so genannte Kontrollgruppe erhält eine wirkungslose Flüssigkeit (ein Placebo) gespritzt. Wichtig: Die Teilnehmer:innen beider Gruppen wissen nicht, ob sie tatsächlich den Impfstoff bekommen haben oder nur das Placebo. Und auch die, die die Spritzen verabreichen, wissen es nicht. Danach werden beide Gruppen in bestimmten Abständen nach ihrem Befinden und eventuellen Impfreaktionen befragt. Am Ende schaut man sich an, über wie viele und welche Impfreaktionen die geimpfte Gruppe berichtet und misst so, wie viele Nebenwirkungen ein Impfstoff hat.

Placebo-Effekte werden bei Impfstudien häufig beobachtet

Häufig berichten bei solchen Studien auch Angehörige der Kontrollgruppe von Nebenwirkungen. Dann handelt es sich um so genannte Placebo-Effekte. Die gibt es sehr häufig in der Medikamentenforschung: Auch Menschen, die nur ein Scheinmedikament bekommen haben, reagieren oft mit Nebenwirkungen. Inzwischen weiß man, dass Menschen sogar auf Placebo-Medikamente reagieren, von denen sie wissen, dass es Placebos und damit unwirksam sind.

Ein Drittel der nicht geimpften Versuchspersonen entwickelte Nebenwirkungen

Und wie sieht es mit solchen Effekten bei Corona-Impfungen aus? Dafür interessierte sich jetzt ein internationales Forschungsteam um den Marburger Psychologen Professor Dr. Winfried Rief, Leiter der bundesweiten Forschungsgruppe zu Placebo-Effekten. Das Team wertete zwölf wissenschaftliche Studien zu Corona-Impfstoffen und ihren Nebenwirkungen aus. Insgesamt 45.380 Proband:innen nahmen an diesen Studien teil. 22.578 der Teilnehmer:innen, also fast die Hälfte, bekam ein Placebo.

Die Forschungsgruppe nahm vor allem die Ergebnisse der Kontrollgruppen unter die Lupe: Ein gutes Drittel (35 Prozent) der Personen, die nur eine Scheinimpfung bekommen hatten, klagte trotzdem über Nebenwirkungen, vor allem Kopfschmerzen und Müdigkeit. Bei denjenigen, die tatsächlich den Impfstoff erhielten, waren es 46 Prozent, also gar nicht so viel mehr.

Nur ein Viertel der Nebenwirkungen sind tatsächlich Impfreaktionen

Fazit der Forschungsgruppe: Die eingebildeten Effekte machten nach der ersten Impfdosis fast drei Viertel der unerwünschten Nebenwirkungen aus, nach der zweiten Dosis waren es immer noch ein bisschen mehr als die Hälfte.

Das heißt im Umkehrschluss: Nur ein Viertel der gemeldeten Nebenwirkungen bei der ersten Impfdosis waren tatsächlich Reaktionen auf den Impfstoff, drei Viertel fielen unter den Placebo-Effekt und hatten mit dem Impfstoff nichts zu tun. Die tatsächlich durch den Impfstoff ausgelösten Nebenwirkungen sind also weit seltener als bisher angenommen.

Und warum war der Placebo-Effekt bei der zweiten Impfdosis geringer? Darüber kann man nur spekulieren – vielleicht waren die Proband:innen bei der zweiten Impfung weniger angespannt und deuteten ganz normale Kopfschmerzen oder Abgeschlagenheit danach nicht als Impfreaktionen.

Quellen: "Julia W. Haas, Friederike L. Bender & al.: Frequency of Adverse Events in the Placebo Arms of COVID-19 Vaccine Trials: A Systematic Review and Meta-analysis", "JAMA Network Open 2022"

Ärzteblatt: "Placeboimpfung gegen COVID-19 sorgt bei jedem 3. für Nebenwirkungen"


Dieser Artikel erschien ursprünglich bei ELTERN.de.

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