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Corona aktuell Infektionen, Impfmüdigkeit und Doppelwelle – so ist die Lage in Deutschland

Infektionen, Impfmüdigkeit und Doppelwelle: So ist die Lage in Deutschland aus
© Quality Stock Arts / Adobe Stock
Der Herbst steht an und die Corona-Inzidenzen steigen. Erste Intensivstationen melden bereits Engpässe, die Impfmüdigkeit hält an und auf Grund der gefallenen Maskenpflicht schlägt die Grippe jetzt ebenfalls wieder zu. So sieht die aktuelle Corona-Lage in Deutschland aus.

"Wir haben erhebliche Zuwächse bei den Covid-positiven Patienten", sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Im Vergleich zur Vorwoche sei die Belegung um 50 Prozent gestiegen. Die Kliniken behandelten aktuell so viele positiv getestete Patient:innen wie zu Spitzenzeiten der Sommerwelle. Aktuell gibt es 145.213 Neuinfektionen innerhalb eines Tages (Stand: 13. Oktober 2022).

Krankenhäuser könnten bis ans Limit gehen müssen

Überraschend sei diese Entwicklung nicht, so Expert:innen. Der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie erklärt, dass wir mit der aktuellen Welle wieder ein exponentielles Wachstum sehen werden. Insgesamt werde die Anzahl der Infektionen und Patient:innen in Kliniken aber niedriger sein als bei der Delta-Variante. Eine komplette Überlastung der Krankenhäuser sehe er nicht.

Zu den steigenden Infektionen und zu behandelnden Patient:innen in den Kliniken komme noch der hohe Personalausfall. Zum einen durch den grundsätzlichen Personalmangel in der Pflege und zum anderen durch erhöhte Krankheitsausfälle durch das gestiegene Ansteckungsrisiko mit Corona. Zwar werde eine Überlastung höchstwahrscheinlich verhindert werden können. Dennoch könne es erneut dazu kommen, dass Krankenhäuser Leistungen verschieben oder Abteilungen zeitweise abmelden müssen, so DKG-Chef Gerald Gaß.

Nach Oktoberfest steigen Infektionszahlen um das Vierfache

In einigen Regionen Deutschlands bilden sich bereits Hotspots, in denen nur noch wenige Intensivbetten frei sind. Nach dem Oktoberfest in München sind die Neuinfektionen beispielsweise rapide angestiegen – fast um ein Vierfaches. Möglicherweise sei die Dunkelziffer sogar noch höher, so "Die Zeit". Dennoch sei die aktuelle Situation und die Aussicht auf die kommende Herbst-Winter-Session besser als vor einem Jahr. Eine Entwarnung wird von den Expert:innen jedoch nicht ausgesprochen.

Trotz steigender Zahlen, einer aktuellen Sieben-Tage-Inzidenz von 793,8 und insgesamt 1.321.534 gemeldeten Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen bleibt der Ansturm auf die vierte Corona-Schutzimpfung aktuell aus. Diese ist auf die derzeit dominanten Omikron-Varianten angepasst. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) haben sich bisher nur rund zehn Prozent ein viertes Mal impfen lassen (Stand: 12. Oktober 2022).

Impfmüdigkeit: Bisher haben sich nur 10 Prozent ein viertes Mal impfen lassen

Die aktuelle Empfehlung zur Viertimpfung richtet sich an Menschen ab 60 Jahren, Personen mit Immunschwäche und Angestellte in medizinischen und Pflegeeinrichtungen. Genug Impfstoff sei vorhanden. Hajo Zaab erklärt dem RND: "Die Impfbereitschaft ist gering, weil sich zum Beispiel viele Menschen mit dem Coronavirus infiziert haben und jetzt glauben, sich nicht mehr impfen zu müssen." Hinzu komme, dass es keinen Druck mehr gäbe, sich impfen zu lassen, weil der Anreiz durch die gefallenen Corona-Auflagen fehle ­– einen Impfausweis müsse man nicht mehr vorzeigen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Länder jetzt aufgerufen, wieder zur Maskenpflicht in Innenräumen zurückzukehren. Nach den aktuellen Bestimmungen obliegt es den Bundesländern, verschärfte Regeln einzuführen. Der Bund könne die Länder nicht zwingen, daher müssten die Länder die Möglichkeit selbst nutzen, Maßnahmen einzuführen.

Zu den steigenden Infektionszahlen gesellen sich jetzt auch Grippeinfektionen, die in den vergangenen Jahren durch Maskenpflicht, Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen weitestgehend ausblieben. Durch die Lockerungen müsse davon ausgegangen werden, dass diesen Winter wahrscheinlich zur Corona-Welle auch eine Grippe-Welle hinzukommen werde, so Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie im SWR. Wie stark die Grippewelle ausfallen wird, sei aktuell noch schwer abzuschätzen. Erste Erfahrungswerte zeigen sich in Australien, wo sich die Grippewelle gerade dem Ende zuneigt. In der Bilanz zeigte sich, dass sie früher begann und steiler verlief. Weitgehend sei sie dort aber unauffällig gewesen, so Watzl.

Neben Corona wird diesen Herbst/Winter auch die Influenza zurück sein

Nicht nur Corona-, sondern auch Grippeviren verändern sich mit der Zeit. Anders als vor der Pandemie hatten viele Menschen lange keinen Kontakt mehr zu Grippeviren. Gerade bei kleinen Kindern blieb die Infektion teilweise komplett aus – somit haben sie noch keinen Immunschutz und sind daher anfälliger. Die Zahlen aus Australien zeigen, dass mehr als 50 Prozent der Grippefälle Kinder unter 16 Jahren betreffen. Die Erkrankung verläuft in der Regel aber weniger schwer.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt Menschen ab 60 Jahren, Schwangeren sowie chronisch Erkrankten eine Grippeschutzimpfung. Auch Menschen mit viel Personenkontakt wird die Impfung empfohlen. Um rechtzeitig geschützt zu sein, wird eine Impfung zwischen Oktober und Mitte Dezember empfohlen. Ein vollständiger Impfschutz besteht nach 10 bis 14 Tagen. Sowohl die Hausärzte als auch Apotheken können diese durchführen.

Gerade für ältere Menschen und Personen mit einem geschwächten Immunsystem kann die Grippe gefährlich werden, da hier die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf höher ist. In besonders schweren Fällen kann die Grippe zum Tod führen. Nach Angaben des RKI starben in der Grippe-Saison 2017/2018 rund 25.100 Menschen in Deutschland an den Folgen einer Influenza-Infektion.

Verwendete Quellen: rnd.de, zeit.de tagesschau.de, rki.de

slr Brigitte

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