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Coronavirus in Deutschland: Reproduktionszahl steigt wieder auf 1

Corona aktuell: Eine Frau mit Mundschutz beim Einkaufen
© Maria Sbytova / Shutterstock
Wird die Corona-Lage wieder ernster? Laut Robert-Koch-Institut ist die Reproduktionszahl auf den kritischen Wert 1 gestiegen. Was das bedeutet und welche Folgen es haben könnte.

Die Ansteckungsrate des Coronavirus ist in den vergangenen Tagen in Deutschland wieder gestiegen. Wie aus dem aktuellen Lagebericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht, liegt die sogenannte Reproduktionszahl derzeit bei 1 bzw. 0,96. Das bedeutet, dass jede mit dem Virus infizierte Person im Schnitt einen anderen Menschen ansteckt.

Was bedeutet die Reproduktionszahl für uns?

Mittelbar gibt die effektive Reproduktionszahl Aufschluss darüber, wie schnell sich das Virus unter den gegebenen Umständen, also bei Aufrecht- und Einhaltung der bestehenden Eindämmungsmaßnahmen, ausbreitet. Deshalb sehen Politiker*innen und Expert*innen sie als wichtigen Richtwert, an dem sie sich bisher bei ihren Beschlüssen und Empfehlungen stark orientiert haben. Als Ziel hatte sich die Regierung in Absprache mit ihren Beratern gesetzt, den Wert mit entsprechenden Maßnahmen auf unter 1 zu bringen, um die Epidemie nachhaltig eindämmen zu können – und bisher sah es so aus, als wären wir auf einem super Weg.

Anfang März, d. h. zu Beginn der Ausbreitung der Pandemie in Deutschland, lag der Wert noch bei 3. Die uns bekannten Maßnahmen wie Schulschließungen, Abstandspflichten usw. hatten dazu geführt, dass die Reproduktionszahl auf unter 1 gesunken war – so schätzte sie das RKI etwa am 16. April auf 0,7. Somit ist die Zahl im neuen Lagebericht des RKI als Rückschlag aufzufassen.

Wird die Regierung Lockerungen zurücknehmen?

Auch bei der Ankündigung der ersten Lockerungen von Corona bedingten Einschränkungen bezog sich Angela Merkel auf die Reproduktionszahl. Der Kanzlerin zufolge könnten schon geringe Veränderungen des Werts große Auswirkungen haben: Während bei einer Ansteckungsrate von 1,1 ab Mitte April unser Gesundheitssystem im Oktober die Grenze seiner Leistungsfähigkeit erreiche, geschehe dies bei einer Reproduktionszahl von 1,2 bereits im Juli – so hatte die Kanzlerin auf einer Pressekonferenz Mitte April verkündet.

Dennoch ist das neueste Update des Robert-Koch-Instituts kein Grund zur Panik und vermutlich auch kein Anlass für die Regierung, von ihrem vorsichtigen Kurs der Lockerungen abzuweichen. Zum einen lässt sich die Reproduktionszahl erst nachträglich genau bestimmen. Bei der aktuellen Angabe handelt es sich lediglich um eine "Echtzeitprognose", die man zwar ernst nehmen sollte, aber sicher nicht als alleinige Handlungsgrundlage verwenden kann. Außerdem können sich Auswirkungen der ersten Lockerungen sowieso frühestens in den nächsten Tagen in den Zahlen niederschlagen.

Wie die Regierung mit den neuesten Entwicklungen umgehen wird, werden wir spätestens Anfang Mai erfahren. Was wir jedoch jetzt schon daran ablesen können: Wir alle werden wohl eine große Portion Geduld brauchen. Denn über den Berg sind wir noch nicht.

Das RKI meldete am Dienstag, den 28. April (Stand 8.10 Uhr) 156.337 Coronafälle in Deutschland, das sind 1144 mehr als am Vortag.

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