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Mit Ursula von der Leyen beim Truppenbesuch

Mit Ursula von der Leyen beim Truppenbesuch
© Silke Baumgarten
Ministerin Ursula von der Leyen ist gefordert wie nie zuvor. Eine Nahaufnahme von BRIGITTE-Redakteurin Silke Baumgarten, die sie beim Truppenbesuch begleitet hat.

Früher nahm Ursula von der Leyen normale Linienflüge für ihre gelegentlichen Auslandsbesuche. Als sie Bundesfamilienministerin war, stand ich mit ihr in der Abfertigungsschlange, wir wurden nacheinander abgetastet, im Zubringerbus hörte man Getuschel "Ist das nicht die Ministerin?" Von Bodygards keine Spur. In ihrer Zeit als Arbeitsministerin wurden wir bei gemeinsamen Flügen immerhin schon durch den VIP-Bereich direkt in den Flieger geschleust. Jetzt, als Verteidigungsministerin, steht sie auf einer Stufe mit der Kanzlerin - was ihre Privilegien und ihre Sicherheit angeht. Der Wechsel ins Verteidigungsministerium war für die ausgebildete Ärztin und siebenfache Mutter, die ihre politische Karriere 2001 als stellvertretende Ortsbürgermeisterin von Ilten begann, der bislang steilste Schritt nach oben. Nun stehen ihr für die häufigeren Auslandsbesuche jederzeit Bundeswehr-Maschinen zur Verfügung.

Zum Antrittsbesuch nahm die Ministerin Redakteurinnen von Frauenzeitschriften mit - es hagelte Proteste

Ende April starteten wir zu einem 48-Stunden-Trip nach Afrika. In Dschibuti besuchte Ursula von der Leyen die Besatzung der Fregatte Brandenburg. Sie bekämpft im internationalen Verband die Piraterie am Horn von Afrika. Danach ging es weiter nach Beirut, wo deutsche Soldaten helfen, die Küste zu sichern. Zu diesem Antrittsbesuch bei der Marine nahm die Ministerin fast ausschließlich Redakteurinnen von Frauenzeitschriften mit. Es hagelte Proteste, die Deutsche Presseagentur reagierte beleidigt und die satirische "Heute Show" vermutete, dass zu den Berichten über die Reise die "100 besten Rezepte mit Sand" gestellt würden. Aber Von der Leyen stand zu ihrer Einladungsliste. Sie will die Arbeit der Bundeswehr anders erzählen, sagt sie.

Ansprache der Ministerin bei 38 Grad im Schatten auf der Fregatte Brandenburg
Ansprache der Ministerin bei 38 Grad im Schatten auf der Fregatte Brandenburg
© Silke Baumgarten

Für den Antrittsbesuch der Ministerin bei ihrer schwedischen Amtskollegin Karin Enström wird ein kleiner Jet mit nur zwölf Plätzen startklar gemacht. Ursula von der Leyen nimmt mit drei Mitarbeitern an dem Tisch Platz, die fünf Bodygards, der Pressesprecher und ich versinken in bequemen Ledersesseln, die einzeln stehen. Hier saß auch Thomas de Maiziére oft, der frühere Verteidigungsminister bereitete sich am liebsten lesend auf Gespräche vor. Ursula von der Leyen mag lieber mündlich gebrieft werden, ich höre sie fragen aber oft auch lachen.

Die Verteidigungsministerin hat sich viel vorgenommen. Sie muss über Waffenlieferungen an Kurden und die Anschaffung von Drohnen entscheiden, sich zur Krise in der Ukraine äußern und erklären, wie Deutschland zu weiteren Nato-Einsätze steht. Sie will die Bundeswehr modernisieren und Frauen fördern, die seit 13 Jahren jeden Job in der Armee ausüben können, aber noch immer häufig über Diskriminierung und Anmache klagen. Sie prescht vor, wenn es um die Befreiung der entführten Mädchen in Nigeria geht, und rudert zurück, weil Militärs davon abraten, eine Spezialeinheit in das afrikanische Land zu schicken.

Immer schick: Die Schuhe der Ministerin und die von Marinesoldaten
Immer schick: Die Schuhe der Ministerin und die von Marinesoldaten
© Silke Baumgarten

Das neue Amt ist ihre Bewährungsprobe. Denn das Verteidigungsministerium gilt als "Schleudersitz, Schlangengrube, Sack voller Minen", so drückte es einer ihrer Vorgänger aus. Sieben der bisher 16 Verteidigungsminister mussten zurücktreten. Kein anderes Ministerium hat auch nur annährend einen vergleichbaren Verschleiß. Jederzeit kann der obersten Befehlsinhaberin ein millionenschweres Rüstungsprojekt, das wieder mal teurer und/oder viel später geliefert wird, eine umstrittene Auslandsmission oder eine fachlich falsche Einschätzung um die Ohren fliegen. Sie weiß das natürlich, alle in Berlin wissen das. Sie wissen auch: Wenn die forsche 55-Jährige dieses Haus in den Griff bekommt, stehen ihr alle Türen offen. Wenn nicht, ist sie erst mal weg vom politischen Fenster.

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Mehr in der neuen BRIGITTEMehr über Ursula von der Leyen, ihre Strategie und den Mann, der ihr seit elf Jahren im Ministerium den Rücken frei hält und über den fast nichts bekannt ist, lesen Sie in BRIGITTE Heft 19, ab 27. August am Kiosk.

Text: Silke Baumgarten

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