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Sigmar Gabriel: Auch Vizekanzler können Teilzeit

Sigmar Gabriel: Auch Vizekanzler können Teilzeit
© Ronald Wittek/dpa/lrs
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat angekündigt, dass er sich einen Nachmittag pro Woche für seine kleine Tochter freihalten will. Das ist verständlich. Schlimm ist, dass er dafür kritisiert wird, meint Redakteurin Claudia Kirsch.

Es ist ein Satz, der uns um Jahre, ach was, Jahrzehnte zurückwirft: "Einen Teilzeitminister Gabriel darf es nicht geben." Er stand so in einem Kommentar auf Welt.de, der die Pläne des neuen Wirtschaftsministers und Vizekanzlers Sigmar Gabriel anprangert, sich den Mittwoch für seine Tochter frei zu halten. Das sei nicht vereinbar mit einer derart relevanten Aufgabe.

Aha. Ein ordentlicher Minister soll also rund um die Uhr verfügbar sein. Fürs Amt natürlich, nicht für die Familie. Wie bitte? Alles wieder zurück auf Los? Na, schönen Dank. Was haben wir in den vergangenen Jahren gerungen um die Vereinbarkeit von Beruf und Kind – für Frauen und inzwischen glücklicherweise auch für Männer. Und was haben wir alles geschafft! Der Staat unterstützt mit dem Ausbau von Kitaplätzen und Elternzeit junge Familien, Arbeitgeber überlegen, wie sie ihre Teilzeitmodelle verfeinern können, um gute Mitarbeiter zu finden, immer mehr Väter erkennen, dass zu einem runden Leben auch Zeit für den Nachwuchs gehört. Wichtige Etappen sind geschafft. Unzählige Frauen beweisen: Gute Arbeit hängt nicht von Dauerpräsenz ab. Dass sich inzwischen auch Männer in Top-Positionen um Familienzeit bemühen, schafft neue Vorbilder, für uns alle. Gute Voraussetzungen für noch mehr Wandel – und für die Verhandlung mit dem Chef oder der Chefin.

"Politiker arbeiten - wie die meisten von uns - mit dem Kopf, nicht mit dem Hintern."

Wenn jetzt ein nicht gerade als Weichei verschriener Minister verkündet, dass er sich Zeit für sein Kind nehmen möchte, sollten wir froh sein, dass ein Mann in dieser Position sich diesen Schritt traut. Und uns mehr davon wünschen. Ach, übrigens: Politiker arbeiten – wie die meisten von uns – mit dem Kopf, nicht mit dem Hintern. Und der Kopf lässt sich notfalls auch im Homeoffice aktivieren.

Mehr zum Thema in BRIGITTE:

Wie sich das Verhältnis von Frauen und Männern in einer sich verändernden Welt entwickelt, gehört zu den Lieblingsthemen von BRIGITTE-Redakteurin Claudia Kirsch. Für die nächste BRIGITTE-Ausgabe (Heft 3, erscheint am 15. Januar) schrieb sie einen Report mit dem Titel: "Die Männer schlagen zurück". Darin geht es um frustrierte Männer, die ihre Chancen auf Karriere schwinden sehen, weil immer mehr Führungspositionen mit Frauen besetzt werden.

Text: Claudia Kirsch

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