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BRIGITTE trauert: Langjährige Chefredakteurin Anne Volk ist tot

Anne Volk war 17 Jahre lang Chefredakteurin der BRIGITTE. Ein Nachruf von Textchefin Kathrin Tsainis.

Anne Volk war eine der großen Blattmacherinnen des deutschen Magazin-Journalismus. Als Chefredakteurin, Geschäftsführerin und zuletzt Herausgeberin prägte sie die Zeitschrift BRIGITTE über zwei Jahrzehnte, von 1985 bis 2004.

Kathrin Tsainis, Textchefin von BRIGITTE, erinnert sich an sie:

Eine Große ist gegangen

Das Erste, was mir an Anne Volk auffiel, war ihr Lachen – laut und ein bisschen rau, überraschend undamenhaft. Es war 1995, ich saß als Prüfling vor einer Jury von neun Chefredakteuren und einer Chefredakteurin, die einen erheblichen Einfluss auf mein zukünftiges Leben haben sollten, immerhin ging es um die Aufnahme in die renommierte Henri-Nannen-Schule, der Journalistenschule des Verlags Gruner + Jahr. Um meine Einschüchterung zu vertreiben, hatte ich einen Witz gemacht, und die große blonde Frau in der Runde fing an zu röhren.

Ich wurde aufgenommen, was ich, wie mir irgendwann einmal erzählt wurde, auch der großen blonden Frau, BRIGITTE-Chefredakteurin Anne Volk, zu verdanken hatte, die im Verlauf der Beratungen ein entschlossenes „Die will ich haben“ in die Runde gerufen hatte.

Ich verdanke ihr also einiges und hatte auch das große Glück, als junge Redakteurin mit ihr arbeiten und von ihr lernen zu dürfen. Ich bewunderte sie sehr, weil sie ein untrügliches Gespür für Themen und Zeilen hatte, eine Power, die man sofort spürte, wenn sie einen Raum betrat, und dazu ein großes Herz.

Natürlich konnte sie auch lospoltern, und dann ging man lieber in Deckung, weil sie grundsätzlich ungern ein Blatt vor den Mund nahm. Aber wenn jemand ihren Rat oder ihre Hilfe brauchte, war sie da und scheute sich auch nicht davor, sich mit anderen großen Tieren im Verlag anzulegen. Anne Volk war echt, und das ist eine Eigenschaft, die man kaum hoch genug schätzen kann.

Bis heute sind Chefredakteurinnen eine Minderheit, Medien in vieler Hinsicht noch Männersache, und das galt Mitte der 80er, als Anne Volk BRIGITTE übernahm, natürlich umso mehr. Sie blieb 17 Jahre in dieser Position und uns bis 2004 noch als Herausgeberin treu. Jahre, in denen sie das Dossier erfunden, den Ableger BRIGITTE WOMAN und natürlich auch BRIGITTE.de ins Leben gerufen hat.

Widerstände? Gab’s. Wenn man an so exponierter Stelle steht, weht einem der Wind eben auch mal ins Gesicht. Aber Anne Volk konnte so schnell nichts umhauen, dafür stand sie mit beiden Beinen viel zu fest auf dem Boden, und für das Glitz-und-Glamour-Heitidei der Branche hatte sie, die Schwäbin, die ihr Idiom nie ganz abgelegt hat, sowieso nur hoch gezogene Augenbrauen übrig. Und wenn’s mal ganz dick kam, gab’s eben die „Frust-Bratkartoffeln“.

Anne Volk war eine Frau, zu der man aufsehen konnte – nicht nur weil sie ziemlich hoch gewachsen war. Sie hat mich viele Jahre lang beruflich begleitet, mich geprägt, war mir ein Vorbild und konnte selbst langweiligste Branchen-Events erträglich machen, wenn sie an einem Stehtisch am Rande des Geschehens was erzählte. Von der Kutschen-Leidenschaft ihres Mannes, von ihrer Herzensstadt Paris, von schwäbischer Küche ...

Anne Volk starb am 6. Januar nach langer schwerer Krankheit in Hamburg. Sie wurde 72 Jahre alt.

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