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Angela Merkel im YouTube-Interview: "Manchmal bin ich auch müde"

Auch wenn wir noch nicht viel davon merken: Der Wahlkampf hat begonnen. Mit ihrem heutigen YouTube-Interview versuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel, Jungwähler für sich zu gewinnen.

Vor zwei Jahren durfte YouTube-Star LeFloid Angela Merkel interviewen, nun waren es wenige Wochen vor der Bundestagswahl gleich vier Video-Blogger, die der Kanzlerin Fragen stellen durften: der Journalist MrWissen2go (31), die Politikstudentin und Autorin ItsColeslaw (22), Gadget-Experte AlexiBexi (28) und Lifestyle-Vloggerin Ischtar Isik (21). Zusammen kommen sie auf rund drei Millionen Abonnenten.

Die Fragerunde fand heute Mittag in Berlin statt, im „YouTube-Space“ am Tempelhofer Feld, und wurde – anders als bei LeFloid - live gestreamt. Es konnte also nichts rausgeschnitten oder bearbeitet werden. Die Fragen waren nicht vorher mit der Kanzlerin abgestimmt worden.

Was sagte Merkel im Interview?

Merkel über Gleichberechtigung und Feminismus

Während es bei ItsColeslaw vor allem um unfaire Bildungschancen und das veraltete, föderale Schulsystem in Deutschland ging, drehten sich Ischtar Isiks Fragen um Feminismus und Gleichberechtigung.

Die YouTuberin sprach Merkel auf ihre frühere Aussage an, dass sie keine Feministin sei. Merkel begründete diese mit Bescheidenheit und verwies auf die Verdienste von Alice Schwarzer, die da „viel mehr Arbeit geleistet“ habe als sie. „Ich wollte mich nicht mit fremden Federn schmücken“, so Merkel. Aber natürlich setze sie sich für Gleichberechtigung ein.

„Was tun Sie gegen den Sexismus in den Parteien?“ fragte Ischtar. „Ich setze mich schon dafür ein, dass keine anzüglichen Bemerkungen gemacht werden“, so Merkel. Sie sprach auch über die physischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Frauen seien oft kleiner und hätten eine höhere Stimme, während die männliche Stimme eher Macht ausstrahle. Sie habe sich aber „immer dafür eingesetzt, dass körperliche Merkmale in der Auseinandersetzung keine Rolle spielen dürfen.

Und wenn sie wiedergewählt würde – würde die Kanzlerin in ihrem neuen Kabinett einen Frauenanteil von 50 Prozent anstreben? „Für meine Partei kann ich das machen“, entgegnete Merkel, für die anderen Parteien, die mit am Kabinettstisch säßen, könne sie jedoch nicht sprechen. Sie werde aber darauf achten, „dass wir fast die 50 Prozent erreichen.“

Merkel über Bildungschancen

Bei ItsColeslaw ging es vor allem um Bildungschancen. Welche drei Dinge sollten Jugendliche können, die die Schule beendet haben?“, fragte sie die Kanzlerin. Merkel wie aus der Pistole geschossen: "Rechnen, schreiben, lesen". Und fügte hinzu, dass man in der Schule vor allem lernen müsse, sich selbst etwas zu erarbeiten.

Merkel über die Autonation Deutschland

Alexi Bexis Fragen drehten sich vor allem um die Autonation Deutschland. Merkel versprach, härtere Abgastests und auch Stichproben einführen zu wollen. "Aber kann Politik die Wirtschaft überhaupt noch sinnvoll kontrollieren?", fragt Alexi Bexis. In diesem Zusammenhang spricht Merkel lieber nicht von Lobbyismus, sondern von einer „Kooperation“ der Autohersteller mit der Politik.

Merkel über Außenpolitik

MrWissen2go sprach Merkel auf Erdogan und Trump und die verbalen Aggressionen beider Regierungschefs an. Dazu die Kanzlerin: "Wir müssen sehr vorsichtig mit der Sprache sein. Sprache ist die Vorstufe zu einer Eskalation, die in Gewalt münden kann." Sie habe sich strikt gegen das rhetorische Aufrüsten gewendet.

Viele Zuschauer wollten wissen, ob wir nun Angst vor einem 3. Weltkrieg haben müssten. Merkel verneinte vehement - es gebe keine militärische Lösung für den Konflikt mit Nordkorea. "Wir können solche Katastrophen abwenden, und wir müssen das auch tun", sagte sie optimistisch.

Alle Interviewer durften auch persönliche Fragen stellen und MrWissen2go erzählte, dass er kürzlich Vater geworden sei und viel zu wenig Schlaf bekomme - und fragte Merkel, wie sie mit Schlafmangel zurechtkäme. Die Kanzlerin verwies auf ihre gute Konstitution, gab aber schließlich zu: “Manchmal bin ich auch müde“.

Hier könnt ihr euch das Interview in voller Länge anschauen: Merkel im YouTube-Interview

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