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Geburt in Eigenregie: Frau bekommt Baby im Garten – und teilt das Video bei YouTube

Ein Baby ganz allein zu bekommen, ohne fremde Hilfe, draußen? Was für viele Frauen wohl nach Alptraum klingt, ist für Sarah Schmid die ideale Geburt. Im Netz und in Büchern will sie auch andere Mütter dazu ermutigen.

Für Menschen mit schwachen Nerven ist diese Szene nichts. Nackt krümmt sich Sarah Schmid zwischen Trampolin und Garten-Spielhaus, atmet schwer, stöhnt. "Das Baby kommt in ein paar Sekunden, wenn ihr gucken wollt", ruft ein Mann aus dem Off. Vor der Linse spreizen sich Schmids Pobacken. Tatsache: "Da guckt schon der Kopf", sagt eine Kinderstimme im Plauderton. 

Keine zwei Minuten später hält Sarah Schmid ein blutverschmiertes Bündel in den Armen, reibt ihm den Bauch. "Los, atme", haucht die jetzt sechsfache Mutter. Ihre Kinder und ihr Mann sehen zu, als das Neugeborene schließlich den ersten Schrei von sich gibt. Sonst ist niemand dabei. Sarah Schmid zieht es vor, ihre Kinder allein auf die Welt zu bringen.

"Gebärkultur jenseits der Angstfixierung"

"Geburt in Eigenregie" nennt Schmid, die gebürtig aus Halle (Saale) stammt, ihre bevorzugte Methode, Babys zu bekommen. Ihr erstes Kind brachte sie noch in Begleitung einer Hebamme zur Welt – eine "verbesserungswürdige Hausgeburt", wie Schmid auf ihrer Website schreibt. Seitdem setzt sie sich für Alleingeburten ein und eine "Gebärkultur jenseits der Arzt- und Angstfixierung".

Schmid, Jahrgang 1981, ist nach eigenen Angaben selbst approbierte Ärztin, auch ihr Mann arbeitet als Arzt. Seit 2010 ist Schmid "Vollzeitmama". Nachdem das Paar aus Deutschland für mehrere Jahre nach Schweden auswanderte, lebt die Familie mittlerweile im Elsass. Vorteil: Dort gilt keine Schulpflicht – denn von der hält Schmid ebenso wenig wie von vielen Aspekten der klassischen Schulmedizin.

Impfen und Zähneputzen? Schmid ist skeptisch

Impfen etwa hält sie für insgesamt schädlicher als nützlich. Und auch Zähneputzen muss keines ihrer Kinder. Karies wirkt Schmid stattdessen mit gesunder Ernährung entgegen. "Ich selbst putze einmal am Tag nur mit Wasser und habe seit ca. 5 Jahren trotzdem keine neuen Löcher bekommen – und das, obwohl ich dabei entweder gestillt habe, schwanger war oder beides", schreibt sie auf ihrer Website.

Stichwort Schwangerschaft: Ihr "selbstbestimmtes Geburtserlebnis" leitet Schmid aus ihrem freiheitlich-demokratischen Weltbild ab. "Es ist schön, dass es für alles Experten gibt, aber in einem freien Land sollte jeder auch das Recht haben, selbst der Experte für die Belange seines Lebens zu sein", fordert sie. Dabei vergleicht sie Geburten mit Brot backen: Genauso, wie man entweder abgepacktes Brot kaufen oder selbst welches backen könne, könnten Frauen die Geburt "in die Hände des Krankenhauspersonals" legen, "oder ich kann die Geburt in Eigenregie machen" – alles habe seine Gründe und Berechtigung.

"Bei vielen Säugetieren ist es ja nicht anders"

Mit ihren Büchern und YouTube-Videos will Schmid anderen Frauen Mut machen. Die oben beschriebene Szene zeigt ihre fünfte Alleingeburt – "die erste, bei der ich nicht geschafft habe, das Baby zu fangen", wie Schmid im Untertitel schreibt. Es sei "natürlich schöner", wenn das nicht geschehe und die Nabelschnur nicht abreiße, "dann gibt's nicht so ein Blutbad", sagt Schmid im Video tags drauf. "Aber ich war irgendwie so fasziniert von diesem Gefühl wie sich Schultern drehen und ich hab in dem Moment an überhaupt nichts gedacht, sondern nur gedacht 'Cool, wie sich das dreht'. Aber bei vielen Säugetieren ist es ja nicht anders, da reißt ja auch die Nabelschnur ab."

(Ausschnitte aus Schmids Beiträgen seht ihr im Clip oben. Das komplette Geburtsvideo könnt ihr hier sehen – aber Achtung, diese Aufnahmen sind nichts für Empfindliche. Mehr als 800.000 Zuschauer konnte das nicht schrecken; den Mitschnitt einer vorherigen Alleingeburt sahen mehr als 3 Millionen. Ebenfalls keine Kost für Zartbesaitete: Im Video vom Folgetag der Geburt hält Schmid ihre Plazenta in die Kamera – drapiert auf einem Teller und über Nacht im Kühlschrank aufbewahrt.)

Frauenärzte warnen: "Unverantwortlich"

"Ich bin keine Frauenärztin und verfüge nur über wenig klinische Erfahrung als Ärztin", räumt Schmid auf ihrer Website ein. Werdende Mamas sollten das berücksichtigen, wenn sie sich Schmids Tipps zu Herzen nehmen. Mediziner sehen eine Geburt in Eigenregie, ohne jegliche professionelle Hilfe, nämlich äußerst kritisch. "Unverantwortlich" nennt etwa Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, solche Alleingeburten. 

"Die Geburt ist die gefährlichste Stunde im Leben eines Menschen", warnt Albring. Schon nach drei Minuten ohne Sauerstoff könne ein Kind Schäden am Gehirn erleiden – mit lebenslangen Folgen. Bereits Geburten ohne Frauenarzt lehnt der Verband ab; eine Alleingeburt ohne Hebamme fällt laut Albring "weit hinter den globalen WHO-Standard" zurück.

Den Trend zur autarken Geburt beobachten Mediziner ebenso kritisch wie aufmerksam. Denn Mütter, die sich für Alleingeburten entscheiden, täten dies nicht wegen Hebammenmangel oder "esoterischem Mumpitz". "Sie lehnen Bevormundungen bei medizinischen Eingriffen ab und suchen ihren eigenen Weg", heißt es dazu in einem Beitrag der Medizin-Community "DocCheck". "Das sollte zu denken geben."

Wir finden, Frauen, die mit dem Gedanken spielen, sollten ihrerseits bedenken: Es geht nicht nur um ihr eigenes Leben. Und: Ihr ungeborenes Kind kann das, was sie proklamieren – größtmögliche Selbstbestimmung –, noch nicht für sich beanspruchen.

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