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Ageismus-Studie Alte Menschen sollen "Platz machen" – sagt ein Drittel der Befragten

Eine ältere Frau schaut in die Kamera (schwarz-weißes Porträt)
© De Visu / Adobe Stock
Ageismus ist ein in der Wissenschaft häufiger diskutiertes Problem. Nicht nur in den Medien, auch in der Gesellschaft kommen ältere Menschen demnach oft nicht gut davon.

Die Studie "Altersbilder und Altersdiskriminierung" im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt: Jüngere Menschen und andere Teile der Bevölkerung sehen ältere Menschen und das Altern selbst oft eher negativ. Das betrifft unter anderem schon das Ausüben von Berufen, aber auch das allgemeine Bild der Gruppe. Stereotype und damit einhergehende Vorurteile sind meist an der Tagesordnung.

74 Prozent der 2.000 Befragten ab 16 Jahren überschätzten den Anteil der älteren Menschen in Deutschland über 70 Jahre – am häufigsten gingen sie von 30 Prozent aus. Dabei liegt der eigentliche Wert nur bei 18 Prozent. Außerdem werden Menschen nach Angaben der Umfrage immer früher als "alt" angesehen. Im Durchschnitt lag die gesellschaftliche Altersgrenze bei 61 Jahren.

Oftmals für unglücklich oder pflegebedürftig gehalten

Ageismus, das bedeutet, dass ältere Menschen oft als nicht leistungsfähig, schwach oder nicht anpassungsfähig dargestellt oder angesehen werden. "Ageismus führt im Alltag und Berufsleben oftmals zu Diskriminierungen. Gerade mit Blick auf den demographischen Wandel ist es wichtig, dass wir hier stärker aufklären", erklärt Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung.

Dieses Bild wird zunehmend deutlicher, wenn man diese zwei Ergebnisse der Studie ansieht: Die Anzahl der älteren Menschen in Pflegeheimen liegt bei etwa sechs Prozent. 81 Prozent der Befragten überschätzten diesen Anteil. Und: 44 Prozent gingen davon aus, dass die Anzahl an Depressionen bei Menschen in höherem Alter höher ausfällt. Dabei sind Depressionen bei alten Menschen Studien zufolge teilweise sogar seltener oder genauso hoch. Gerade ältere Menschen haben laut einer neuen Studie oft einen Zufriedenheitsboost.

Wo ältere Menschen "Platz machen" sollen

Rund ein Drittel der Befragten war der Meinung, dass ältere Menschen für die jüngere Generation "Platz machen" sollten (32 Prozent) – und zwar, indem sie wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen für die jüngeren Menschen in Deutschland freigeben. 51 Prozent der Befragten gaben an, dass Menschen nur bis zu einem bestimmten Alter in politischen Ämtern sein dürfen sollten und wünschten sich eine Regelung bis etwa 70 Jahre. Ein Grund für diese harten Aussagen könnte beispielsweise sein, dass laut 51 Prozent ältere Menschen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt beitragen.

Einer der Gründe für den Unmut gegenüber älteren Menschen scheint der Klimawandel zu sein. 40 Prozent gaben an, dass die Jüngeren von den Älteren bei diesem Thema im Stich gelassen würden. Unter den jüngsten Befragten waren es sogar 63 Prozent. Das könnte unter anderem an der sehr präsenten "Fridays for Future"-Bewegung und jungen Klimaaktivist:innen wie Luisa Neubauer oder Greta Thunberg liegen. Auch in Social Media machen junge Menschen immer öfter auf die Lage der Erde aufmerksam und auf die Defizite, die die Politik und damit die ältere Generation mit zu verantworten habe.

Altersdiskriminierung geht in beide Richtungen

"Überall erleben Menschen, dass ihr Alter eine Rolle spielt und Nachteile mit sich bringen kann", so Ferda Ataman. Das sei aber nicht nur bei den Älteren, sondern auch bei jüngeren Personen der Fall. Beispielsweise bei der Jobsuche oder der Karriere. Sie fordert, dass der Altersdiskriminierung durch einen Zusatz im Grundgesetz entgegengewirkt wird. Artikel 3 solle demnach um die Ergänzung "Lebensalter" erweitert werden.

Zurzeit lautet dieser: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Die Ergänzung wäre laut Ataman ein politisches Zeichen gegen Altersdiskriminierung, und sie ergänzt: "Ungleichbehandlung aufgrund des Alters ist inakzeptabel."

In vielen Dingen sind die Antworten ambivalent

Die Altersbilder der Befragten hingen stark von dem eigenen Alter der Teilnehmenden ab. Trotzdem zeigt sich, dass viele Menschen dem Alter negativ entgegensehen. 69 Prozent gaben an, dass alte Menschen im Alltag gesundheitlich stark eingeschränkt, einsam seien (66 Prozent) oder sich nicht mehr auf Veränderungen einstellen können würden (58 Prozent). Gleichzeitig sind aber 94 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass es möglich ist, im hohen Alter geistig und körperlich fit zu bleiben.

73 Prozent plädieren außerdem für den besonnen und gelassenen Umgang älterer Menschen bei wichtigen Lebensfragen. Laut einer weiteren Studie ist ein weiterer Grund, um länger zu leben, übrigens Optimismus. Vielleicht hilft es also schon, weniger negativ an das Alter heranzugehen und sich nicht einreden zu lassen, dass ab einer bestimmten Altersgrenze alles nur schwieriger wird. Es liegt an uns, was wir aus dem Leben machen und wie aktiv wir sind. Das Alter ist dabei Nebensache.

Verwendete Quellen: antidiskriminierungsstelle.de, gesetze-im-internet.de

lkl Brigitte

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