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Rechtsanspruch auf Kita-Platz: Nicht jammern - klagen!

Rechtsanspruch auf Kita-Platz: Nicht jammern - klagen!
© Imago/Thomas Müller
Seit August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Viele Eltern werden ihn aber trotzdem nicht bekommen - weil es noch an Plätzen fehlt. Was dann? Ein Überblick.

Wir haben von der Kita, die wir uns für unser Kind wünschen, einen Ablehnungsbescheid erhalten – können wir jetzt klagen?

Ja. In manchen Bundesländern muss allerdings erst Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt werden – ob dass für deine Kommune zutrifft, steht in der Rechtsmittelbelehrung auf dem Bescheid. Wichtig: Frist beachten!

Wenn die Behörde uns einen Platz in einer anderen Kita anbietet – müssen wir den annehmen?

Ja, wenn er in einer zumutbaren Entfernung liegt. Welche Distanz als „zumutbar“ gilt, ist rechtlich noch nicht eindeutig definiert – bisher geht man von rund einer halben Stunde Fahrzeit aus.

Wir wollen einen Platz in einer Kita – die Behörde bietet uns aber eine Tagesmutter an. Müssen wir annehmen, um unseren Rechtsanspruch nicht zu verlieren?

ein. Im Gesetz stehen Tageseinrichtung und Kindertagespflege zwar gleichrangig nebeneinander – aber die Eltern dürfen auswählen, wo sie ihr Kind betreuen lassen wollen. Trotzdem kann es aus persönlichen Gründen natürlich ratsam sein der Tagespflege zuzustimmen, auch wenn eigentlich eine Kita gewünscht war.

Verlieren wir unseren Rechtsanspruch, wenn wir einen zumutbaren Kita-Platz ablehnen?

Für den Moment ja. Ihr könnt euer Kind aber erneut anmelden und versuchen, einen anderen Platz zu bekommen. Wenn ihr einen Platz abgelehnt habt, erhaltet ihr allerdings keinen Kostenersatz für aufgewendete Kinderbetreuung.

Haben nur berufstätige Eltern den Rechtsanspruch?

Nein, alle Eltern - und die Kinder! Jedes Kind hat nämlich ab August auch selbst Anspruch auf Förderung in einer Kita ab seinem ersten Geburtstag. So steht es im Gesetz.

Wo reiche ich die Klage ein?

eim zuständigen Verwaltungsgericht. Ihr könnt einen formlosen Brief schreiben oder direkt in der dortigen Geschäftsstelle um Hilfe bitten. Die ist verpflichtet, eure Klage zu Protokoll zu nehmen. Mit dieser so genannten Verpflichtungsklage fordert ihr einen Kita-Platz für euer Kind ein.

Kann ich mir selbst eine Betreuung suchen, wenn ich noch keinen Gerichtsbescheid habe?

Müsst ihr doch. Wie soll es sonst gehen, wenn ihr wieder arbeiten wollt? Das Verfahren kann sich hinziehen. Durch eine selbst gesuchte Betreuung entfällt euer Rechtsanspruch nicht, wenn ihr dem Amt mitgeteilt habt, dass ihr nach wie vor an einem Kita-Platz interessiert seid.

Übernimmt der Staat die Kosten für die privat organisierte Kinderbetreuung, wenn ich keinen Kita-Platz bekomme?

Nicht automatisch. Ihr müsst der Kommune mitteilen, welche Kosten euch entstehen und zunächst fragen, ob sie übernommen werden. Wenn eine Kostenübernahme abgelehnt wird, könnt ihr beim Verwaltungsgericht auf Rückerstattung der Kosten für die Kinderbetreuung klagen (einige Bundesländer setzen auch in diesen Fällen erst Mal ein Widerspruchsverfahren voraus). Auch diese Klage könnt ihr formlos einreichen - allerdings müsst ihr eure Auslagen konkret belegen.

Brauche ich dafür eine Anwältin oder eine Anwalt?

Nein. Und da beim Verwaltungsgericht auch keine Gerichtskosten anfallen, entstehen bei diesen Klagen in der Regel keine Kosten für euch.

Wie teuer darf eine private Betreuung sein, wenn ich auf Kostenübernahme klagen will?

Eine klare Vorgabe gibt es da noch nicht, aber Sie sollten sich in dem "normalen" Rahmen bewegen. In einem ersten vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall billigte das Gericht der Mutter monatlich für die von ihr aufgewandten Kosten 397 Euro zu.

Zahlt der Staat meinen Verdienstausfall, wenn ich nicht arbeiten kann, weil ich keine Betreuung für mein Kind finde?

Diese Frage muss vor einem Landgericht geklärt werden – logischerweise erst, wenn eure Klage auf einen Kita-Platz vor dem Verwaltungsgericht erfolglos war. Vor dem Landgericht herrscht Anwaltspflicht. Wenn ihr euren Arbeitsausfall geltend machen wollt, verklagt ihr den Staat wegen seiner Amtspflichtverletzung.

Das heißt: Euer Anwalt muss dem Staat ein Verschulden nachweisen, z.B. dass die Kommune den Ausbau der Kitas nicht ernsthaft genug vorangetrieben hat, immerhin wurde der Rechtsanspruch bereits vor fünf Jahren beschlossen. Wie diese Klagen ausgehen werden, hängt vom Einzelfall ab.

Wer übernimmt die Kosten bei einem Prozess vor dem Landgericht?

Der Verlierer. Zusätzlich zum Anwalt entstehen Gerichtskosten. Wie viel insgesamt zusammen kommt, hängt vom Streitwert ab, also z.B. von Ihrem ausgefallenen Gehalt. Eine Rechtsschutzversicherung kann - wenn sie rechtzeitig abgeschlossen wurde - in Anspruch genommen werden.

Was habe ich von einer Klage? Selbst, wenn ich sie gewinne, hat die Kommune doch nicht plötzlich einen Kita-Platz für uns.

Stimmt. Aber viele Experten sind sich sicher: Über den Kostendruck entsteht der größte Druck auf die Kommunen. Und je mehr Eltern ihre finanziellen Einbußen (Verdienstausfall oder private Ausgaben für die Kinderbetreuung) erfolgreich einklagen, weil euch der Rechtsanspruch nicht gewährt wurde, desto schneller werden die zuständigen Behörden neue Kita-Plätze schaffen.

Können wir eine Kita ablehnen, weil uns die Ausstattung oder das Personal nicht gefällt?

Schwierig. Wenn Sie den Rechtsanspruch nicht verlieren wollen, sollten Sie sehr gute Gründe für die Ablehnung einer Kita haben, wie etwa dass es keine qualifizierten Mitarbeiter gibt oder dass das Haus baufällig ist. Sie haben Anspruch auf den gültigen Standard, das heißt auch, dass die Kommunen z.B. nicht einfach die Anzahl der Kinder pro Gruppe erhöhen dürfen.

Muss ich meine Arbeitszeit reduzieren, wenn mir nur ein Halbtags-Kitaplatz angeboten wird?

Nein, laut Gesetz sollen die Eltern ein Angebot erhalten, das ihren individuellen Betreuungswünschen entspricht. Und wenn die Eltern Vollzeit arbeiten, brauchen sie mindestens eine Acht- oder Neun-Stunden-Platz für ihr Kind. Es kann aber sein, dass eine Mutter die nicht berufstätig ist, keinen Ganztagsplatz für ihr Kind erhält. Für solche Fälle ist die Rechtslage noch nicht eindeutig.

Wie schnell müssen die Verwaltungsgerichte reagieren?

ie sind nicht verpflichtet, besonders schnell zu handeln. Aber über ein Eilverfahren gibt es einen einstweiligen Rechtsschutz.

Worauf muss ich achten?

Auf die Belege, wenn du die Kosten für deine Aufwendungen erstattet haben willst. Und auf die Fristen.

Welche Fristen muss ich unbedingt einhalten?

1.die Anmeldungsfrist: In vielen Kommunen muss man sich sechs Monate vorher auf einen Kita-Platz bewerben.

2.Die Widerspruchsfrist (gibt es nur in einigen Bundesländern) wenn der Kita-Platz, den du beantragt hast, abgelehnt wurde.

3.Die Klagefrist nach dem Ablehnungsbescheid. Sie beträgt, wie die Widerspruchsfrist, einen Monat. Genaueres steht in der Rechtsmittelbelehrung auf dem Bescheid.

Was ist, wenn ich eine Frist versäumt habe?

Bei der Anmeldefrist ist das kein Drama – ihr müsst bei verspäteter Anmeldung allerdings entsprechend länger auf einen Kita-Platz warten. Wenn ihr allerdings die Widerspruchs- oder Klagefrist verpasst habt, verfällt euer Rechtsanspruch für den gewünschten Zeitpunkt. Ihr müsst euer Kind dann erneut anmelden.

Text: Silke Baumgarten Fachliche Beratung: Katharina Mosel, Fachanwältin für Familienrecht, aus Köln.

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