Anzeige

Umfrage zu Männlichkeit 33 Prozent junger Männer finden es "akzeptabel", ihre Frau zu schlagen – wie bitte?!

Umfrage zu Männlichkeit: 33 Prozent junger Männer finden es "akzeptabel", ihre Frau zu schlagen – wie bitte?!
© asiandelight / Adobe Stock
Traditionelle Rollenbilder, Homophobie, Gewalt gegen Frauen – Ergebnisse, die nicht vermuten lassen, dass es sich um eine Umfrage aus dem Jahr 2023 handelt. Gleichberechtigung von Mann und Frau? Eine vermeintliche Selbstverständlichkeit, von der wir nach aktuellen Erhebungen wohl noch weit entfernt sind. Doch auch Kritik an der Umfrage wird laut.

Eine aktuelle Umfrage zum Thema Männlichkeit sorgt derzeit in den Sozialen Medien für Diskussionsstoff. Vor allem eine Zeile verbreitet sich wie ein Lauffeuer auf vielen Medienportalen und sorgt für Empörung und Fassungslosigkeit: 33 Prozent junger Männer fänden es "akzeptabel", ihre Frau zu schlagen – aber nicht nur das, auch weitere Ergebnisse der Umfrage schockieren. Doch wie valide sind die Ergebnisse? Zunächst eine Einordnung.

Umfrage zu Männlichkeit sorgt für Aufruhr

Die aktuelle Umfrage der humanitären Organisation "Plan International Deutschland" beschäftigt sich mit dem Verständnis von Männlichkeit in der Altersgruppe der 18- bis 35-Jährigen, insbesondere in Bezug auf Social Media. Ziel der Untersuchung "Spannungsfeld Männlichkeit" war es, "herauszufinden, was junge Frauen und Männer in Deutschland unter Männlichkeit verstehen, wie sie diese wahrnehmen und wie sie damit umgehen". Plan International Deutschland setzt sich mit Projekten weltweit für die Rechte von Mädchen und jungen Frauen ein. Der so genannte gendertransformative Ansatz zielt darauf ab, nicht nur die Symptome von Diskriminierung und Ungleichheit zu bekämpfen, sondern auch die zugrundeliegenden Ursachen. Mithilfe einer standardisierten, schriftlichen Online-Befragung über ein Marktforschungsportal wurden rund 1.000 Männer und 1.000 Frauen zwischen 18 und 35 Jahren zu den Aspekten Rollenverteilung in Beziehungen, Umgang mit Gefühlen, Verhalten in der Partnerschaft, Dominanz, Gewaltanwendung, Risikobereitschaft, Gesundheit, Umgang mit Problemen, Akzeptanz abweichender Männlichkeitsbilder und Wettbewerb befragt.

Die Ergebnisse: schockierend und besorgniserregend

Beginnend mit der Rubrik "Gefühle und Gesundheit" zeigt die Umfrage, dass viele der befragten Männer eine stereotype und veraltete Denkweise vertreten. So gaben mehr als 50 Prozent der Befragten an, dass es ihnen unangenehm sei, über ihre Gefühle zu sprechen oder welche zu zeigen, um nicht als schwach zu gelten. Damit einher geht die traditionelle Vorstellung von Männlichkeit, die mit einem sportlichen und muskulösen Äußeren assoziiert wird: Nur bei entsprechendem Aussehen sei man ein echter Mann, wie 55 Prozent der Befragten angaben. 

"Für Hausarbeit ist ihrer Meinung nach vor allem die Partnerin zuständig"

Die Ergebnisse der Befragungen zum Erscheinungsbild und zum Verständnis von Männlichkeit machen ebenso sprachlos wie die Ergebnisse zur Rollenverteilung und zur Einstellung zu Frauen und Sexualität. So waren 52 Prozent der jungen Männer der Auffassung, ihre Aufgabe wäre es, das Geld zu verdienen, während sich die Partnerin um den Haushalt kümmern würde.

Bedenklich sind auch die Antworten zu den Themenbereichen Frauen und Sexualität, die eine absurde Doppelmoral aufzeigen: "Die Hälfte der Männer (50 Prozent) möchte keine Beziehung mit einer Frau, die viele Sexualpartner hatte. Gleichzeitig reizt es 37 Prozent der Befragten, mit möglichst vielen Frauen zu schlafen. Fast die Hälfte (!) der Männer, nämlich 47 Prozent, sind der Meinung, dass aufreizendes Verhalten als Aufforderung verstanden werden kann, und rund 41 Prozent halten es auch für ihr gutes Recht, Frauen Komplimente zu machen, ihnen nachzuschauen und hinterher zu pfeifen", heißt es in dem Paper zur Umfrage. Übergriffiges Verhalten und sexuelle Belästigung? Laut Umfrage für die meisten Männer absolut legitim.

Und mehr noch: "Mehr als ein Drittel der befragten Männer (34 Prozent) gibt an, gegenüber Frauen schon einmal handgreiflich geworden zu sein, um sich Respekt zu verschaffen. Für jeden dritten Mann (33 Prozent) ist es akzeptabel, wenn ihm im Streit mit der Partnerin auch mal die Hand ausrutscht". Erschreckend, schockierend, sexistisch, übergriffig – und das im Jahr 2023.

Die Frage, die Kritiker:innen jedoch stellen: Wie repräsentativ ist diese Umfrage wirklich?

Plan International weist auf Stichprobe hin

Die Zahlen sind alarmierend, so alarmierend, dass sich viele Medien gleich auf sie gestürzt haben. Dabei gilt es vor allem bei solch einem sensiblen Thema die Ergebnisse einzuordnen.

Wie Plan International in einem Update mitteilt, handelt es sich nicht um eine Studie, sondern um eine Umfrage. Während sich eine Studie auf die systematische Untersuchung eines Themas bezieht, bei der verschiedene Informationen gesammelt und analysiert werden, kann eine Befragung als eine Methode angesehen werden, um z.B. eine Gruppe zu einem bestimmten Thema zu befragen und Meinungen oder Informationen zu einem bestimmten Thema zu sammeln. In diesem Fall beruht die Befragung auf einer Stichprobe von 1.000 Männern und 1.000 Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren, die sich freiwillig bereit erklärt haben, an dieser Online-Befragung teilzunehmen. 

In den sozialen Medien brennt es

Während auf der einen Seite eine Debatte entbrennt, die den journalistischen Umgang mit den Ergebnissen kritisiert, geht es in den Sozialen Medien vorrangig um toxische Männlichkeit. Im Mittelpunkt stehen weniger die erschreckenden Ergebnisse der Studie, sondern die unzähligen misogynen Reaktionen von vor allem männlich gelesenen Personen darauf. So finden sich beispielsweise unter dem Posting der Tagesschau mittlerweile rund 11.000 Kommentare. Von Verleugnung, Bezichtigungen, Fremdenfeindlichkeit, Whataboutism und Anekdotischer Beweisführung ist hier alles dabei. Vor allem eines wird hier deutlich: Wir sind noch meilenweit entfernt von Gleichberechtigung.

Informationen zu Hilfsangeboten

Du bist Opfer häuslicher Gewalt oder kennst jemanden, die Hilfe benötigt? Das "Hilfetelefon für Gewalt gegen Frauen" ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr kostenfrei und anonym unter der Nummer 116016 erreichbar. Oder du nutzt die Website der Bundesinitiative "Stärker als Gewalt". Wenn du dich akut bedroht fühlst, ruf die Polizei unter der kostenlosen Notrufnummer 110.

Verwendete Quellen: "Spannungsfeld Männlichkeit – So ticken junge Männer zwischen 18 und 35 Jahren in Deutschland" Herausgegeben von: Plan International Deutschland e.V., statista.com, twitter.com, instagram.de/tagesschau, instagram.de/FAZ

jba / emi Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel