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"Schlag ins Gesicht": Zwei Frauenärztinnen wegen illegaler Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verurteilt

In Berlin sind zwei Ärztinnen wegen illegaler Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu Geldstrafen verurteilt worden. Es war das bundesweit erste Verfahren nach der Neuregelung des umstrittenen Paragrafen 219a. Die Ärztinnen wollen sich gegen das Urteil wehren.

Dieses Urteil in Berlin sorgt für viel Kritik: Zwei Frauenärztinnen aus Berlin informieren auf ihrer Internetseite darüber, dass in ihrer Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden und nennen zudem die Methode. Dafür wurden die zwei Ärztinnen jetzt vom Berliner Amtsgericht Tiergarten zu Geldstrafen von je 2.000 Euro verurteilt.

Durch das Angebot eines "medikamentösen, narkosefreien" Schwangerschaftsabbruchs "in geschützter Atmosphäre" auf der Internetseite der Gemeinschaftspraxis hätten die beiden Ärztinnen gegen den Strafrechtsparagrafen 219a verstoßen, so das Urteil der Vorsitzenden Richterin Christine Mathiak. Der Paragraf 219a verbietet unter anderem die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zum eigenen Vermögensvorteil. 

Es war das erste Urteil nach der umstrittenen Neuregelung des Paragrafen 219a im Februar 2019. Seitdem dürfen Ärzt*innen zwar darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, nicht aber zur Methode. 

Die Möglichkeiten und Methoden eines Schwangerschaftsabbruchs sollen ausschließlich in einer von der Bundesärztekammer geführten Liste zu finden sein, die dann Aufschluss darüber geben soll, welche Methode die jeweiligen Ärzt*innen anbieten. 

Ärztin spricht von einem "Schlag ins Gesicht"

Eine der Ärztinnen, so berichtet die "Tagesschau", sagte nach dem Urteil:

Für mich ist es schon ein Schlag ins Gesicht. Ich bin immer noch der Meinung, dass das keine Werbung ist. Egal wie man das auslegt. Es ist eine sachliche Information.

Die Verteidiger der Ärztinnen hatten auf Freispruch plädiert. Sie kritisierten den reformierten Paragrafen 219a mit deutlichen Worten. Einer der Anwälte sagte:

Es ist ein irres Gesetz, das kein Mensch versteht. Eine sachliche Information kann nicht strafbar sein. 

Von Werbung und einem dadurch erzielten "Vermögensvorteil" könne nicht die Rede sein. "Es ist eine schlichte Mitteilung, dass und wie ein Abbruch in der Praxis durchgeführt werden kann." 

Die Ärztinnen wollen gegen das Urteil vorgehen und notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht ziehen. Sie wollen ihre Patientinnen weiterhin mit den nötigen Informationen versorgen können. Wie "Der Sonntag" berichtet, erklärten sie im Juni, dass sie sich bewusst dafür entschieden hätten, gegen das Gesetz zu verstoßen, um für die Rechte von Frauen zu kämpfen.

Wir haben jetzt einmal den Kampf gegen diesen unsäglichen Paragrafen begonnen und möchten ihn auch weiter fortführen. 

Immer mehr Frauen fordern die Streichung des Paragrafen 219a

Vor dem Gerichtssaal demonstrierten hunderte Frauen für einen Freispruch der Ärztinnen und die Streichung des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches. Zu der Protestkundgebung hatten Organisationen wie der Bundesverband "pro familia", der AWO-Bundesverband, das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung und der Arbeitskreis Frauengesundheit aufgerufen.

Seit der Verkündung des Urteils werden immer mehr kritische Stimmen in den sozialen Medien laut, die ebenfalls die Abschaffung des Paragrafen 219a fordern. Das Urteil sei "beschämend" und "mit einem aufgeklärten und empathischen Bild von Menschen und Gesellschaft nicht vereinbar", ist beispielsweise auf Instagram zu lesen. "Werbung" sei eine "absurde" Bezeichnung für sachliche Informationen zu Methoden des Schwangerschaftsabbruchs. Keine Frau entscheide sich schließlich für eine Abtreibung, weil sie Informationen dazu im Sinne von Werbung wahrgenommen hätte.

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mh

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