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"Ralf, die Krankenschwester" "Mir war nicht klar, wie viel Verantwortung Pflegekräfte haben"

RTL-Reporter Ralf Herrmann
© RTL
Bis 2035 werden 300.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, allein in den Kliniken – doch es fehlt an Menschen, die sich für den Beruf entscheiden. RTL-Reporter Ralf Herrmann hat sich in der Reportage "Ralf, die Krankenschwester" in den Alltag von Pflegefachkräften begeben.

Viele Menschen haben Respekt vor dem Pflegeberuf. Es fallen oft Sätze wie: "Ich könnte das ja nicht". Aber können wir das wirklich nicht? RTL-Reporter Ralf Herrmann hat es ausprobiert. Denn jede:r könne pflegen, "man muss es sich nur trauen", so die Pflegekräfte – und genau diese Erfahrung macht auch Ralf auf seinen Stationen. Er schnuppert unter anderem in den Alltag auf der Kinderintensivstation, in der Notaufnahme und der Pflegeschule hinein.

BRIGITTE: Warum habt ihr diese Reportage "Ralf, die Krankenschwester" genannt? Was soll der Titel ausdrücken?
Ralf Herrmann: Fakt ist, dass rund drei Viertel aller Pflegekräfte in Deutschland weiblich sind. Wir haben die Sendung "Ralf, die Krankenschwester" so genannt, um genau darauf aufmerksam zu machen. Ich würde es super finden – und die weiblichen Pflegekräfte, mit denen ich gearbeitet habe, übrigens auch – wenn mehr Männer diesen Beruf machen. Wenn es völlig normal wäre, dass der Titel auch "Ralf, der Pflegefachmann" lauten könnte.

Hattest du irgendwelche falschen Vorstellungen, ehe du das Experiment gewagt hast?
Mir war zwar klar, dass der Pflegeberuf wichtig ist, aber nicht, wie wichtig Pflegekräfte sind. Sie sind diejenigen, die am Bett des Patienten stehen, die morgens reinkommen und schauen, wie es ihm geht. Und es war auch viel medizinischer. Ich hatte mir den Job pflegerischer und eher assistierend vorgestellt. Mir war nicht klar, wie viel Verantwortung Pflegekräfte haben. 

Ralf Herrmann im OP-Saal
RTL-Reporter Ralf Herrmann unterstützt in einem OP-Saal.
© RTL

Was sind das für Menschen, die den Pflegeberuf ausüben?
Pflegekräfte sind Menschen, die anderen helfen wollen. Du musst dich mit Menschen beschäftigen wollen, Interesse daran haben, wie es dem Patienten in der nächsten Schicht geht. Und das finde ich richtig schön. Pflegekräfte müssen gleichzeitig aber auch selbstbewusst sein, Grenzen setzen und sagen, wo es lang geht. Das alles ist in Empathie gepackt, alles wird mit einem großen Herz gemacht, weil es nur so funktioniert.

Was war ein Erlebnis in der Notaufnahme, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Als ich ankam, meinte der Arzt, dass ich nicht nur mitlaufe. Er sagte: 'Sie sind jetzt hier die Pflegekraft. Pfleger Ralf ist jetzt hier am Werk' – und da hatte ich einen Puls von 180. Das war ein ganz toller Moment, dieses Vertrauen von dem Pflege- und Ärzteteam zu bekommen. Ich sollte dann unter Anleitung einen Zugang legen und ich dachte nur: Das kann jetzt nicht wahr sein, das darf ich nicht vermasseln. Und dann hat es wirklich geklappt und ich habe es bei der zweiten Patientin wieder machen dürfen. Selbst einen Zugang zu legen, die Vene zu treffen, das war ein Moment, in dem ich mich richtig stolz gefühlt habe. 

Ralf Herrmann als Pflegekraft in der Notaufnahme
RTL-Reporter Ralf Herrmann soll seinen ersten Zugang legen.
© RTL

Was gibt einem der Beruf? Warum kannst du aus deiner Erfahrung sagen: Pflegekraft ist ein toller Beruf! 
Es ist ein schönes Gefühl, in einem sinnstiftenden Beruf zu sein und gebraucht zu werden. Ich habe das miterlebt und kann ruhigen Gewissens Werbung für diesen Beruf machen. Er ist nicht der "Pflegehorror", so wie er oft dargestellt wird. Ja, es ist ein anstrengender Beruf und er hat meistens Schichtdienst – aber er ist unglaublich vielseitig und gibt einem sehr viel zurück. 

Nicht nur die Pflegekräfte müssen Grenzen überschreiten, auch die Patienten, die es zulassen müssen.
 

Du hast dich in der Pflegeschule selbst in die Position eines älteren Mannes begeben, der gepflegt werden muss. Wie war diese Erfahrung?
Allein, dass man mir die Zähne geputzt hat, war ein komisches Gefühl. Vorher denkt man sich, dass wäre nicht so schlimm. Aber das kann jeder zu Hause einmal ausprobieren. Ich finde es einen guten Ansatz, dass die angehenden Pflegekräfte selbst in diese Rolle schlüpfen müssen. Denn das ist der Punkt: Nicht nur die Pflegekräfte oder die angehenden Pflegekräfte müssen Grenzen überwinden, auch die Patienten selbst. Sie müssen es zum Beispiel zulassen, dass sie jemand Fremdes wäscht, auch an Stellen, die sehr intim sind.

Die Abbruchquote bei Pflegeschüler:innen ist hoch. In Nordrhein-Westfalen lag sie 2023 bei 46 Prozent. Hauptgründe sind die psychische und körperliche Belastung sowie fehlende Arbeitsanleitung. Wie hast du dich hinsichtlich dieser Punkte gefühlt?
Ich habe in meiner Zeit als Pflegekraft auf jeden Fall miterlebt, dass die psychische Belastung nicht zu unterschätzen ist. Es kommt aber auch darauf an, in welchem Bereich man arbeitet. In der Notaufnahme wird man mit vielen krassen Situationen konfrontiert. Es kam einmal eine Patientin an, die einen Autounfall hatte. In dem Moment wurde mir heiß und kalt gleichzeitig. Das sind Momente, in denen du als Pflegekraft stark sein musst. Du weißt nie: Was kommt da jetzt an?

Wie schwer ist es, nach einer Schicht abzuschalten? Welche Gedanken gingen dir nach Feierabend durch den Kopf?
Mir ist es relativ schwergefallen, komplett abzuschalten. Ich hatte das Glück, dass all die Krankenschwestern, mit denen ich zusammengearbeitet habe, mich super an die Hand genommen haben. Abends hat aber trotzdem mein Kopf gerattert. Aber ich glaube, man kann lernen, damit umzugehen. Man muss im Beruf Empathie zeigen. Deshalb kann man nicht noch in seiner Freizeit viel darüber nachdenken. Denn wie ich gelernt habe: Kranke können keine Kranken pflegen. Es ist wichtig, dass Pflegekräfte an sich denken, weil sie gesund bleiben müssen.

Was würdest du Menschen sagen, die überlegen, in den Pflegeberuf einzusteigen?
Es ist nie zu spät und das Image, dass man "nur" Krankenschwester ist, können die Leute direkt beiseitelegen. Es ist ein verantwortungsvoller Beruf. Ein fordernder Beruf, den ich unterschätzt habe. Man kann stolz sein, Pflegekraft zu sein, bei dem, was man da leistet. Und es gibt einem ganz viel zurück. Man wird auch mit Dingen außerhalb seiner Komfortzone konfrontiert. Definitiv. Aber das finde ich gut. Man macht etwas Sinnstiftendes, man wird gebraucht und tut anderen etwas Gutes. Also ist es in dem Sinne eigentlich ein Traumberuf.

Ralf, die Krankenschwester

Ralf Herrmann für die Reportage "Ralf, die Krankenschwester"
© RTL

Mehrere Monate hat es gebraucht, bis "Ralf, die Krankenschwester" entstand. Von der Vorbereitung der Drehorte bis zu den ersten realen Erfahrungen in der Pflegeschule und später sogar in der Notaufnahme und im OP hat Ralf Stück für Stück mehr über das Thema Krankenpflege gelernt. Die Reportage zeigt, dass der Job der Pflegefachkraft oder Pflegefachmannes / Pflegefachfrau ein vielseitiger ist. Und dass die Menschen, die in diesem Job arbeiten, mit viel Herz dabei sind. Nichtsdestotrotz ist der Beruf in unserer Gesellschaft eher stigmatisiert. Er wird oft nicht für das wertgeschätzt, was die Pflegekräfte leisten. Die Medien fokussieren sich häufig auf die negativen Schlagzeilen wie beispielsweise den Fachkräftemangel. Die RTL-Reportage möchte all das ansprechen und auch die schönen Seiten dieses vielseitigen Berufs aufzeigen.

Zu sehen ist "Ralf, die Krankenschwester" am 8. Februar 2024 um 20:15 auf RTL – oder nach Ausstrahlung auf RTL+.

lkl Brigitte

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