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#LinkeMetoo Schwere Vorwürfe: Bei den Linken soll es zu sexuellen Übergriffen gekommen sein

Linke Parteivorsitzende Janine Wissler zusammen mit Fraktionschef Dietmar Bartsch.
Linke Parteivorsitzende Janine Wissler zusammen mit Fraktionschef Dietmar Bartsch.
© Fabian Sommer / picture alliance / Agentur/dpa
#LinkeMetoo – die Linkspartei wird mit Vorwürfen über mutmaßliche Vorfälle sexueller Gewalt erschüttert. Der „Spiegel“ hat die mutmaßlichen Missstände aufgedeckt.

Bei der hessischen Linken soll es über Jahre zu sexuellen Übergriffen gekommen sein, schreibt der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe. Auch Minderjährige sollen betroffen sein. Einige von ihnen haben sich jetzt zu ihren Erfahrungen mit der Linkspartei und einigen Mitgliedern geäußert. Bundesvorsitzende Janine Wissler soll von Übergriffen gewusst haben.

Hinweise auf mutmaßlichen Machtmissbrauch und Machokultur bei den Linken

Der "Spiegel" hat insgesamt mit zehn Frauen und Männern gesprochen, die vor allem Vorwürfe gegen Mitglieder der hessischen Linken erheben. Doch nicht nur die Aussagen der Betroffenen liegen dem Magazin vor, es gibt Chatverläufe, Fotos, E-Mails, eidesstattliche Versicherungen und weitere Dokumente, die Hinweise auf mutmaßliche Grenzüberschreitungen, Machtmissbrauch und eine toxische Machokultur lieferten.

Hannah Maas (Name wurde von der "Spiegel"-Redaktion geändert) ist heute 22 Jahre alt und studiert Jura. Sie ist vermutlich nur eine der Betroffenen. Mit 17 Jahren lernte sie den 24 Jahre älteren Bundestagskandidaten Adrian G. kennen. Nach Informationen des "Spiegel" war er damals der Partner von Janine Wissler. Maas erzählt, dass Adrian G. zunächst charmant gewesen sei. Es habe ihr geschmeichelt, dass er sich für sie interessierte. Kurz darauf hatten sie Sex und begannen eine Affäre – für die minderjährige Maas war es das erste Mal.

Linker Bundestagskandidat soll eine Affäre mit einer Minderjährigen gehabt haben

Er habe sie beim Sex filmen wollen. Maas habe es zugelassen, wollte es aber eigentlich nicht. Adrian G. prahlt mit seiner jungen Affäre: "Dem Typ nach Mitte-Ende 20, mit ihr sprechen und ins Gesicht schauen etwa 20, real wird sie im April 18. Sag nix, es ist irre", soll er in einem Chat mit einem Bekannten geschrieben haben. Die Antwort: "Du Hengst! Du Sugardaddy! Du Roman Polanski!"

Auch nachdem die Affäre beendet ist, habe Adrian G. Hannah Maas nicht in Ruhe gelassen. Bei einer Feier im Landtag sei er ihr auf die Toilette gefolgt und habe versucht, sie zu küssen. An diesem Abend habe Hannah Maas versucht, das erste Mal mit Janine Wissler über die Vorkommnisse zu sprechen, doch G. sei dazwischengegangen. Später habe Maas den Screenshot eines Chat-Verlaufs mit G. an Wissler geschickt, sie habe aber keine Antwort erhalten. Eines Nachts sei G. unangekündigt über den Balkon in die Wohnung von Hannah Maas eingestiegen, sie hätten diskutiert, auch darüber, ob G. mit Maas schlafen dürfe. Sie habe nachgegeben, denn sie habe gewusst, dass er dann gehe.

Bundesvorsitzende Janine Wissler soll über die Vorfälle Bescheid gewusst haben

Am nächsten Tag habe sie eine Mail von G. erhalten: "Mir hat es krass gutgetan, ich fand es crazy, romantisch, prickelnd (…) Natürlich ist Janine durchgedreht, hatte seit 1:30 Uhr 10 Mal angerufen und bei Rückkehr mein Handy gescannt." Hannah Maas leitet die E-Mail an Wissler weiter. Bei einem Telefonat habe sie jedoch nur "versucht, vom Thema abzulenken." Hannah Maas ist vermutlich nur eine Betroffene – ihre Geschichte steht möglicherweise stellvertretend für viele weitere.

Nach Bekanntwerden mutmaßlicher Fälle sexueller Übergriffe wird der Druck auf die Parteiführung größer, umfassende Aufarbeitung einzuleiten und personelle Konsequenzen zu ziehen. Die Co-Vorsitzende der Linken Susanne Henning-Wellsow stellte am Mittwochmittag ihr Amt mit sofortiger Wirkung zur Verfügung.

"Alle Karten müssen auf den Tisch. Der Parteivorstand muss neu gewählt und verkleinert werden", sagt die Linken-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz und Parteivorstandsmitglied Melanie Wery-Sims, dem "RedaktionsNetzwek Deutschland" (RND). "Die jetzt bekannt gewordenen Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs in der Partei. Es werden sich noch viel mehr Betroffene melden."

Immer mehr mutmaßlich Betroffene melden sich wegen sexueller Übergriffe

Damit liegt sie richtig, denn die Zahl der mutmaßlich Betroffenen wächst. "Mittlerweile haben sich knapp 30 Betroffene an die 'Linksjugend solid' gewandt, die sexuelle Übergriffe in der Linkspartei erlebt haben", sagte Bundessprecherin Sarah Dubiel dem RND. "Die meisten sind unter 30 Jahre alt. Aus fast jedem Landesverband haben sich Menschen gemeldet."

Sexismus und sexuelle Übergriffe sind nicht nur ein Problem der Linken, aber die Parteimitglieder setzen für sich selbst höhere Standards: "Schließlich kämpfen wir für Feminismus und gegen Ausbeutung auf allen Ebenen", so Wery-Sims. "Wir müssen Machtmonopole und innerparteiliche Hierarchien aufbrechen. Das wird steinig und schmutzig in den kommenden Monaten, aber da muss die Partei jetzt durch, um eine Zukunft zu haben."

Verwendete Quellen: spiegel.de, rnd.de

slr Brigitte

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