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Iris Berben "Ich laufe schneller als jeder Mann an meiner Seite"

Iris Berben
© Kipling Phillips
Iris Berben ist ein Energiebündel, und sie liebt, was sie tut. Pausen mag sie nicht, Sport auch nicht – und Rituale nur bei ihrem Kosmetikprogramm. Ihre Glücksformel lautet: Rock’n’Roll und Leidenschaft

Brigitte wir: Frau Berben, wenn Sie hören "Alles ganz entspannt" – beruhigt Sie das, oder denken Sie: Oh Gott, bitte nicht schon wieder entspannt?

Iris Berben: Es gibt ja immer Trends und Rat­geber, die uns einen Lifestyle aufdrängen wollen, damit kann ich wenig anfangen. Cool sein geht auch in diese Richtung. Also, ich bin weder ständig entspannt noch ständig cool.

Sondern wie sind Sie?

Ich brenne lieber. Ich bin leidenschaftlich, ungeduldig, neugierig, fordernd. Soll ich weitermachen?

Ja, bitte.

Ich freue mich auf Neues. Bloß nicht in Routine erstarren.

Stimmt es, dass Sie sich selbst "Iris Atemlos" nennen?

Das stimmt. Ich muss mich zu Ruhe zwingen. Nur ein Beispiel: Wenn ich durch die Stadt gehe, renne ich. Ich laufe schneller als jeder Mann an meiner Seite. Ich habe ja nun schon ein paar Jahre Leben hinter mir, um zu wissen, welcher Rhythmus mir entspricht, was mir guttut. Ich kenne meine Lebensmelodie, glauben Sie mir.

Iris Berben

Und die wäre?

Rock’n’Roll, keine Frage. Schließlich bin ich in einer Zeit geprägt worden, in der Aufbruchstimmung herrschte. Wir wollten alles anders machen, Vergangenes hinterfragen, Verantwortung einfordern und auch übernehmen. Wir wollten das Leben mit Lust, Leidenschaft, Hingabe und Spaß verbringen.

Gibt es Momente, in denen Sie loslassen können?

Ich gehe stundenlang spazieren – allein. Da kann ich mich so auf mich fokussieren, dass ich Lärm und andere Menschen nicht wahrnehme. Ich arbeite viel und extrem gern, aber diese Zwischenräume sind wichtig. Ich muss an meine Ressourcen denken.

Sie haben bestimmt Yoga und Meditation ausprobiert…

Natürlich, und das ist beides nicht meins. Ich bekomme es einfach nicht hin, ich finde dabei keine Ruhe. Vielleicht fehlt mir die nötige Geduld.

Ist die viel zitierte Work-Life-Balance überhaupt etwas, das Sie anstreben?

Wahrscheinlich eher nicht, nein. Balance halten ist nicht meine Kernkompetenz. Das Brennen und das Feuer, das ist mein Wesen. Ausgleich finden bleibt eine Herausforderung für mich. Sie sagen, Sie hätten keine Rituale außer kosmetischen. Welche sind das? Daran hat sich seit Jahren nichts geändert. Durch den Tag begleitet mich Wasser, beim Film gibt dir ständig jemand Wasser. Am liebsten Ingwerwasser mit Minze. Ich gehe nicht in die Sonne, nehme Schutzfaktor 80. Und: Ich schminke mich immer ab. So müde von Alkohol, Liebesspiel oder von was auch immer kann ich gar nicht sein, dass ich das vergesse. Wenn ich selbst schon selten entspannt bin, ist es wenigstens meine Haut. Finden Sie, dass Schönheit auch etwas mit körperlicher Fitness zu tun hat? Ganz bestimmt, wobei ich dafür ein schlechtes Beispiel abgebe. Ich mache keinen Sport, kann allerdings nicht still sitzen. So gesehen bin ich ja in Bewegung (lacht). Okay, da lüge ich mir selber ein bisschen in die Tasche.

Wenn Sie zur Tür reinkommen, bringen Sie gleich Schwung in die Bude, woher nehmen Sie diese Energie?

Ich liebe, was ich tue. Ich stehe gern auf und arbeite. Mir ist schon bewusst, dass es immer noch nicht selbstverständlich ist, in meinem Alter noch so viele unterschiedliche Rollen zu spielen, überhaupt noch so sehr im Film-Fokus zu stehen. Das war vor 20 Jahren noch anders. Das Spielen gibt mir aber Kraft, und ich ziehe gern alle mit. Anstrengend bin ich dabei schon auch, ich weiß.

Haben Sie schon mal gedacht: Dieses Tempo wird mir jetzt selbst zu viel?

Klar, gerade in den letzten Monaten habe ich viel gedreht, das geht in die Knochen. Auf diese kleinen, fiesen Alarmzeichen, die einem der Körper dann so zeigt, könnte ich gerne verzichten. Aber ich will das wohl nicht immer wahrhaben, denn im Kopf bleibe ich ja jung. Also: Kampf gegen den Körper.

Sie haben bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises mal einen irren Rap hingelegt…

…und das hat großen Spaß gemacht, wobei ich auch darüber nachgedacht hatte, ob ich mich vielleicht lächerlich mache. Ging aber richtig gut auf.

Helen Mirren, Jane Fonda, Andie MacDowell, um einige Schauspielerinnen zu nennen, und Sie sind alle Markenbotschafterinnen für L’Oréal-Kosmetik. Was verbindet Sie, was würden Sie sagen?

Als ich vor Jahren das erste Mal zu einem Shooting nach Los Angeles flog, hatte ich großen Respekt vor diesen Frauen, diesen wunderbaren Kolleginnen, vor ihrer Arbeit. Dann lernten wir uns kennen, und ich war begeistert, alle sind politisch, wach, gescheit, haben sich ihren Platz in der Gesellschaft erkämpft. Das finde ich schon bemerkenswert von L’Oréal, diesen Frauen eine Plattform zu geben. (Helen Mirren ist 75, Jane Fonda 82, Andie MacDowell 62 Jahre alt, Anm. d. Red.)

Wie darf man sich so ein Treffen vorstellen?

Sehr vertraut, am Ende haben wir alle auf dem Boden gesessen und diskutiert. Wie früher. Und noch was: Sie alle haben Humor, das hilft enorm. Wir könnten ja gerade verzweifeln an dieser Welt.

Gibt es für Sie so etwas wie die Erotik des denkenden Menschen?

Klugheit ist per se sexy, finde ich. Menschen zu begegnen, mit denen du ein gutes Gespräch führen kannst, gibt Energie, Inspiration, auch Bestätigung. Und das überträgt sich.

Jane Fonda tauchte bei der Oscarverleihung mit grauen Haaren auf – wie stehen Sie zur Farbe Grau?

Das ist eine Typfrage, ich färbe mir die Haare, seit ich 40 bin. Es gibt mir einfach die größere Rollenvielfalt. Ich spiele oft Frauen mit grauen Haaren, dann trage ich Perücke.

Könnten Sie sich vorstellen, irgendwann grau zu bleiben?

Solange ich diesen Beruf ausübe, denke ich nicht.

Sie leben mitten in Berlin, gehen Sie ungeschminkt auf die Straße?

Nein, aber auch nicht besonders zurechtgemacht. Ich versuche, möglichst unauffällig, unbeachtet meinen Alltag zu leben.

Sie werden diesen August 70 Jahre alt…

…und damit bin ich ja die einzige Frau in Deutschland (grinst).

Was wäre das Schönste, was passieren könnte?

Dass sich gar nichts ändert

Sie haben vor 20 Jahren ein Buch geschrieben mit dem Titel: "Älter werde ich später". Wann ist später?

Jetzt jedenfalls noch nicht. 

Zur Person:

Iris Berben gehört mit Rollen in mehr als 140 Filmen zu den erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen (u.a. als Rosa Roth in der gleichnamigen Serie). Bekannt ist sie auch für ihre klare Haltung gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Für ihr politisches Engagement wurde sie unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Am 10. August um 20:15 Uhr ist sie in "Nicht tot zu kriegen" im ZDF zu sehen, am 12. August um 20:15 Uhr in "Mein Altweibersommer" in der ARD. Beide Filme finden sich auch in der jeweiligen Mediathek.

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Carla Woter

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