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Das Ende der Fruchtbarkeit? Warum wir endlich aufhören müssen von der tickenden Uhr zu sprechen

Die biologische Uhr ist nichts weiter als ein Mythos.
Die biologische Uhr ist nichts weiter als ein Mythos.
© Kabardins photo / Shutterstock
Hörst du sie schon ticken, die berühmte biologische Uhr? Frauen wird immer wieder vorgegaukelt, dass es ab einem bestimmten Alter schlagartig aus ist mit der Fruchtbarkeit. Mit diesem Mythos müssen wir endlich aufräumen.

Fakt ist: Die Fruchtbarkeit nimmt mit jedem Lebensjahr einer gebärfähigen Frau ab. Aber: Es ist nicht schlagartig mit einem bestimmten Alter Schluss, der Eizellenvorrat und die Qualität der Eier sind bei jeder Frau unterschiedlich. Es ist also durchaus möglich, mit 39 Jahren noch auf völlig natürlichem Weg schwanger zu werden – nur nicht bei allen Frauen.

Zwei Jahre mehr: Die fruchtbare Phase von Frauen liegt jetzt bei 37,1 Jahren

Wissenschaftler:innen stellten jetzt fest, dass die magische Grenze von 35 Jahren schon längst überschritten ist. In der medizinischen Fachzeitschrift "Journal of the American Medical Association" wurden die Ergebnisse einer umfassenden Studie veröffentlicht, die eine verlängerte Zeitspanne der Furchtbarkeit feststellt.

Die Ergebnisse zeigen eine Verschiebung der Fruchtbarkeit. Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Frauen bei ihrer ersten Regelblutung jünger und beim Einsetzen der Wechseljahre hingegen älter. Im Gesamtergebnis ergab sich damit eine "reproduktive Lebensspanne" von 37,1 Jahren. Frauen habe also zwei Jahre länger Zeit sich Gedanken, um den Nachwuchs zu machen.

Frauen bekommen immer später ihr erstes Kind

Die Ergebnisse spiegeln damit die Veränderungen in der Gesellschaft wider. Das durchschnittliche Alter von Frauen bei ihrem ersten Kind lag 2019 bei 30,2 Jahren. Zum Vergleich: 1980 lag das Alter einer Mutter bei ihrem ersten Kind in Westdeutschland bei 25,2 und in Ostdeutschland bei 22,1 Jahren.

Zahlen über Zahlen, die bei vielen Frauen nur eines auslösen: Stress, Druck und Versagensängste. Genau die falschen Wirkmächte, wenn es darum geht, sich den Kinderwunsch zu erfüllen. Auch wenn Wissenschaftler:innen jetzt herausgefunden haben, dass die fertile Phase zwei Jahre länger andauert, sollte sich niemand von einer magischen Grenze verunsichern lassen – der Körper stellt die Funktionen nicht an Tag X komplett ein.

Die biologische Uhr in Bezug auf die Fruchtbarkeit ist ein Mythos

Was viele nicht wissen: Der oft zitierte Satz "Und? Hörst du die biologische Uhr schon ticken?" ist ein Konstrukt, eine gesellschaftliche Norm, welche sich im Laufe der Zeit gefestigt hat und aus unserem Köpfen nur noch schwer zu entfernen ist. Schon kleinen Mädchen wird das Bild einer eigenen Familie als Lebensoptimum vorgelebt.

Der Sinn des Lebens einer jeden Frau seien das Gründen einer Familie und das Gebären von Kindern. Für Frauen sei es sogar ein natürliches Bedürfnis, Kinder bekommen zu wollen – die berühmte Uhr wird es ihnen irgendwann zeigen. Trommelwirbel! Diese biologische Uhr gibt es nicht, beziehungsweise bezieht sie sich nicht auf das Kinderkriegen, sondern bestimmt eigentlich nur unseren täglichen Rhythmus – wann stehen wir auf, wann werden wir müde.

Jede:r sollte sich fragen: Möchte ich überhaupt Kinder bekommen?

Wer das Ticken also nicht hört, kann sich beruhigt zurücklehnen. Frauen wurde über Jahre eingetrichtert, dass sie ein Verfallsdatum an sich heften haben, sobald sie ihre erste Regelblutung bekommen. Ein Mindesthaltbarkeitsdatum, ausgestellt vom Patriarchat.

Das Wichtigste ist, sich selbst zu hinterfragen: Möchte ich überhaupt Kinder bekommen? Solange diese Antwort nicht schlicht und ergreifend "Ja" lautet, sollte man sich mit dem Kinderkriegen noch Zeit oder es auf kurz oder lang ganz sein lassen. Jeder Mensch hat das Recht auf ein eigenes Lebensmodell nach seinen oder ihren eigenen Regeln. Dabei ist es völlig egal, ob die Eltern oder Schwiegereltern doch so gerne Enkelkinder hätten oder ob gerade diverse Freundinnen schwanger sind – nur man selbst zählt.

Verwendete Quellen: destatis.de, bpb.de, tk.de, ctvnews.ca

Brigitte

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