Anzeige

Michèle liebt ein Flugzeug – eine schwierige Fernbeziehung

"Mein Schatz ist einfach so sexy und schön": Wenn Michèle über ihre große Liebe spricht, merkt man, wie groß ihre Gefühle sind. Doch Momente der Zweisamkeit sind rar gesät – denn ihr Schatz ist ein Flugzeug.

Wie kann man seine Liebe ausleben, wenn der Liebste 39,5 Meter groß ist und ständig unterwegs? Für die Berlinerin Michèle ist ihr "Objekt der Begierde" (das ist an dieser Stelle wörtlich gemeint) die Boeing 737-800. Die 30-Jährige bezeichnet sich als objektophil – für sie ist ein Flugzeug nicht einfach ein Flugzeug, sondern die große Liebe.

Objektophile haben es in vielerlei Hinsicht schwer. Viele verheimlichen ihre ungewöhnliche Beziehung, weil sie Sorgen vor Ausgrenzung haben. Dabei sind sie nicht allein: Es gibt Menschen, die die Berliner Mauer lieben, eine Frau hat einmal den Eiffelturm geheiratet, außerdem beschreiben Frauen ihre Liebe zu ihrem Laptop oder einen Notenständer.

Michèle kann mit Laptops und dem Eiffelturm nichts anfangen, ihre Liebe gilt nur ihrem Schatz, dem Flugzeugtyp 737-800: "Es ist das schönste, eleganteste und attraktivste Flugzeug"

Eine Beziehung zu einem Passagierjet ist natürlich nicht leicht zu führen. "Persönliche" Begegnungen sind selten, ein paar Mal hat Michèle Momente der Zweisamkeit erleben dürfen, als sie mit ihrem Schatz zusammen in einem Hangar war. Zuhause muss sie sich behelfen: Sie hat mehrere echte Bauteile von Flugzeugen zu Hause, außerdem Modellflugzeuge aus Fiberglas, die sie abends mit ins Bett nimmt, wenn sie schlafen geht.

Das mag alles sehr ungewöhnlich klingen und natürlich hadert auch Michèle damit, dass Objektophilie in der Gesellschaft weder sehr bekannt, noch von allen ernstgenommen wird.

Doch wer verstehen möchte, wie ernst Michèle die Liebe zu ihrem Schatz ist, sollte das Leuchten in ihren Augen sehen, wenn sie ihn persönlich trifft – und ihre Tränen, wenn sie den Hangar wieder verlassen muss. Ein Kamerateam hat Michèle kürzlich begleitet, als sie in Stockholm ihren Schatz treffen durfte – die Szenen gehen (wenn man sich drauf einlässt) ans Herz.

Sie liebt die Form, die Rundungen, sie spürt gerne seine Flügel: "Wenn ich die Tragfläche anfasse, bekomme ich sofort feuchte Hände und werde total aufgeregt."

Und natürlich hat Michèle sich auch schon Gedanken um die Zukunft gemacht. Ja, sie würde die Boeing 737-800 gerne heiraten, sagt sie, als sie im Cockpit sitzt. Wie Erika Eiffel, eine der bekanntesten Objektophilen, die einst den Pariser Eiffelturm geheiratet hat, oder Eija-Riitta Eklöf-Berliner-Mauer, die nach ihrer Hochzeit mit der Berliner Mauer sogar einen Doppelnamen geführt hat.

Eine Sache gibt es noch, die sich Michèle von Herzen wünscht – dass ihre ungewöhnliche Liebe gesellschaftlich akzeptiert wird: "Es wird immer Menschen geben, die es nicht akzeptieren, aber ich möchte, dass es größtenteils verstanden wird und akzeptiert wird, dass ich halt einfach anders bin und zu meiner Liebe zu meiner 737 stehe."

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel