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Neue Studie Corona aktuell: Pollenflug könnte das Infektionsrisiko steigern

Corona aktuell: Frau putzt sich die Nase
© ShutterDivision / Shutterstock
Eine neue Studie belegt, dass an Tagen mit hohem Pollenflug die Anzahl der Coronainfektionen zunimmt. Doch wie groß ist das Risiko wirklich?

Der Frühling ist ein zweischneidiges Schwert: Die einen freuen sich über steigende Temperaturen und blühende Blumen, die anderen klagen durch den starken Pollenflug über Allergiesymptome wie Schnupfen, juckende Augen und Niesreiz. Doch was bedeutet die anstehende Pollensaison für die Ausbreitung des Coronavirus? Ein Team aus internationalen Forschern unter der Leitung der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München hat dazu Daten aus mehr als 31 Ländern miteinander verglichen. Das Ergebnis der StudieAn Tagen mit besonders viel Pollenstaub erhöht sich die Gefahr, sich mit Coronaviren zu infizieren. Ob man selbst eine Allergie hat, spielt dabei keine Rolle.

Mehr Infektionen durch Pollen?

Die Untersuchung beschränkt sich auf einen Zeitraum von Mitte März bis Mai des vergangenen Jahres. Zu dieser Zeit erreichte die erste Coronawelle Europa und Nordamerika, gleichzeitig nahm der Pollenflug zu. Bei vielen Pollen in der Luft stiegen die Infektionszahlen in den folgenden vier Tagen durchschnittlich an. Generell verglichen die Forscher folgende Daten:

  • Wetterdaten
  • genutzte Coronamaßnahmen sowie gemeldete Infektionszahlen
  • Informationen zum Pollenflug

Generell könne der Pollenflug teilweise gemeinsam mit Temperatur und Luftfeuchtigkeit durchschnittlich 44 Prozent der Varianz der Infektionsraten in verschiedenen Regionen erklären, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin PNAS berichten. Dabei spielte es auch eine Rolle, ob sich die entsprechende Region in einem Lockdown befand: In manchen deutschen Städten kamen pro Tag bis zu 500 Pollen auf einen Kubikmeter zusammen. Parallel stiegen die Infektionen mit dem Coronavirus um mehr als 20 Prozent. Galten im gleichen Zeitraum Lockdown-Regelungen, halbierte sich die Infektionszahl durchschnittlich bei vergleichbar hoher Pollenkonzentration.

Immunsystem ist abgelenkt

Aber wieso wirkt sich der Pollenflug auf das Infektionsgeschehen aus? Die Forscher vermuten, dass das Immunsystem beim Pollenflug seine Aufmerksamkeit quasi mehr auf diese Pollen richtet und dafür weniger auf Viren, die in den Atemwegen vorkommen. Der Körper produziert dann unter anderem weniger sogenannte antivirale Interferonen, die bei der Beseitigung der Viren eine große Rolle spielen. Durch die Ablenkung der Pollen haben die Viren also leichteres Spiel. Das Studienergebnis passt zu bereits vorliegenden Untersuchungen, laut denen dieser Effekt auch bei Erkältungsviren auftritt.

Mehrere mögliche Einflussfaktoren als Schwäche der Studie

Allerdings hat die Studie eine für solche Untersuchungen typische Schwäche: Selbst, wenn die Forscher alle verfügbaren belegbaren Daten nutzen, gibt es keinen Beleg zwischen Ursache und Wirkung. Was hier konkret bedeutet, man kann zwar beobachten, dass der Pollenflug und die gesteigerten Infektionszahlen korrelieren, kann aber nicht belegen, dass die häufigeren Infektionen auch tatsächlich auf die Pollen zurückzuführen sind. Hier gibt es verschiedene mögliche Einflussfaktoren –beispielsweise der oben genannte Lockdown, die Wetterlage, die den Pollenflug begünstigte oder Sonnenschein, der die Menschen vermehrt nach draußen lockte.

Das könnte auch die zweite Infektionswelle im Herbst und Winter erklären, wenn der Pollenflug eher gering ist. Studienautorin Stefanie Gilles von der TU München sagte dazu auf Nachfrage des Spiegels: "Sars-CoV-2-Infektionen werden nicht durch Pollen verursacht, sondern durch Kontakt mit infizierten Personen. Sinkende Temperaturen sowie das entsprechende Verhalten der Menschen (also Aufenthalt in geschlossenen, geheizten Räumen mit schlechter Ventilation) führen – vermutlich – zu höheren Infektionsraten im Herbst und Winter, wie wir das auch von anderen Atemwegsviren kennen. In diesem Zeitraum spielen die Pollen keine Rolle."

Die Forscher sind sich der generellen Problematik also bewusst. Doch gerade, dass trotz all dieser möglichen Einflussfaktoren ein Zusammenhang zwischen dem Pollenflug und den erhöhten Infektionszahlen festgestellt wurde, bewerten die Experten als Beleg für ihre Theorie. Deshalb sei es besonders für Hochrisikogruppen sinnvoll, in den nächsten Monaten die Pollenflugvorhersage zu beachten und an Tagen mit hohem Pollenflug möglichst eher zu Hause zu bleiben. Lässt sich das nicht vermeiden, können auch sogenannte Staubfiltermasken helfen.

Quellen: spiegel.de, tagesschau.de, PNAS

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