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Corona aktuell: Beeinflusst die Blutgruppe den Krankheitsverlauf?

Corona Blutgruppentest
© Jarun Ontakrai / Shutterstock
Mehrere Untersuchungen deuten an, dass die Blutgruppe des Patienten den Verlauf einer Coronainfektion beeinflussen kann. Was steckt dahinter?

Knapp ein halbes Jahr nach den ersten Coronainfektionen in China stellt die Erkrankung Wissenschaftler in aller Welt immer noch vor viele Rätsel. Aber immerhin gibt es mittlerweile viele Ansätze, die erklären könnten, warum die Krankheit bei einigen Patienten besonders schwer verläuft und sich bei anderen kaum äußert. Beispielsweise sind das Alter, eine ungewöhnlich starke Immunreaktion und eine veränderte Blutgerinnung Risikofaktoren für eine schwere Erkrankung. Forscher aus Kiel und Oslo konnten nun einen weiteren Faktor identifizieren: die Blutgruppe des Patienten.

Patienten mit Blutgruppe A erkranken oft schwerer

Der Molekularbiologe Andre Franke von der Uni Kiel und der norwegische Internist Tom Karlsen von der Uni Oslo konnten mit ihrer Untersuchung zeigen, dass Patienten mit der Blutgruppe A ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei einer Coronainfektion haben. Betroffene mit Blutgruppe 0 haben dagegen das geringste Risiko für eine schwere Erkrankung. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in einem sogenannten Preprint – dabei handelt es sich um vorläufige Studienergebnisse, die noch von unabhängigen anderen Wissenschaftlern begutachtet werden sollten.

Für die Studie wurde das Erbgut von insgesamt 1610 schwer erkrankten Corona-Patienten aus Spanien und Italien analysiert. Die Betroffenen benötigten alle entweder eine Sauerstofftherapie oder wurden beatmet. Ihre DNA wurde mit der von 2205 gesunden Menschen verglichen. Insgesamt analysierten Franke, Karlsen und ihre Kollegen mehr als 8,5 Millionen SNPs. Dabei handelt es sich um bestimmte DNA-Abschnitte, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind und auch unterschiedlich häufig in verschiedenen Bevölkerungsgruppen auftreten.

Dabei bemerkten die Wissenschaftler einen auffälligen SNP an der Stelle der DNA, die die Blutgruppe festlegt. An diesem SNP ließ sich festmachen, dass Patienten mit der Blutgruppe A ein rund 50 Prozent höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hatten. Erkrankte mit Blutgruppe 0 litten dagegen kaum unter Symptomen der Infektion.

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Warum bestimmt die Blutgruppe den Erkrankungsgrad?

Noch ist nicht ganz klar, warum die Blutgruppe die Schwere des Krankheitsverlaufes beeinflussen könnte. Es gibt jedoch bereits mehrere mögliche Ursachen, denen die Forscher jetzt nachgehen. Beispielsweise weist die Forschergruppe um Franke und Karlsen darauf hin, dass sich der SNP an der Stelle der DNA, die die Blutgruppe festlegt, auch mit den sogenannten Interleukinen assoziieren lässt. Dabei handelt es sich um Entzündungsbotenstoffe, die laut anderen Studienergebnissen bei manchen Patienten verstärkt ausgeschüttet werden, wenn eine Überreaktion des Immunsystems auftritt. Aber auch die Blutgerinnung könnte eine Rolle spielen.

Studie bestätigt frühere Untersuchungen

Tatsächlich deuteten schon frühere Studien darauf hin, dass die Blutgruppe den Krankheitsverlauf bei einer Coronainfektion beeinflussen könnte. Schon im März stellten chinesische Forscher bei einer DNA-Analyse von über 2000 Patienten fest, das Erkrankte mit Blutgruppe A ein erhöhtes Risiko haben könnten. Auch in einem Preprint von US-Forschern im April wurde davor gewarnt, dass Menschen mit Blutgruppe A schwerer an Corona erkranken könnten, als Personen mit anderen Blutgruppen. Allerdings lässt sich anhand der bisherigen Forschungsdaten noch nicht belegen, dass es einen ursächlichen Zusammenhang gibt.

Wenn die Preprints von unabhängigen Wissenschaftlern geprüft und für gut befunden wurden, könnte die jeweilige Blutgruppe eines Patienten künftig bei der Behandlung eine Rolle spielen. Betroffene mit Blutgruppe A würden demnach eine intensivere medizinische Betreuung benötigen.

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