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Schreibtisch mit Kita? Klasse Idee für selbstständige Mütter!

Working Mom: Frau am Schreibtisch
Symbolfoto
© goodluz (Symbolfoto) / Shutterstock
Immer mehr Gemeinschaftsbüros bieten Freiberuflern an, ihre Kinder zur Arbeit mitzubringen. Ist das die Lösung für selbstständige Mütter - oder droht Chaos zwischen Lego und Laptop? Janina Labhardt, 35, hat es ausprobiert.

Meinen Mut zum Experiment habe ich genau genommen der Leipziger Kita-Krise zu verdanken: Mehr als 1000 Betreuungsplätze fehlen hier, einige meiner Freundinnen mussten deshalb ihren Platz einklagen.

Solche Kämpfe wollten mein Mann und ich uns und unserem heute knapp dreijährigen Sohn Béla nicht zumuten. Außerdem fand ich den Gedanken schön, Béla während seiner ersten Lebensjahre in meiner Nähe zu haben. Also beschlossen wir noch während unserer Elternzeit: Béla würde erst mal bei mir bleiben.

Kinderbetreuung ist nicht mit Homeoffice vereinbar

Doch wie organisiert man das, ohne seinen Job aufzugeben? Mein Mann ist fest angestellt in der Telekommunikationsbranche. Selbst wenn er Homeoffice-Tage einrichten könnte, würde er sich mit Kind nicht auf seine Arbeit konzentrieren können. Ich kann als freie Buchautorin zwar zu Hause arbeiten - doch mit einem Kleinkind daneben, das die ganze Zeit mit mir Türmchen bauen will? Das erschien mir utopisch.

Über eine Bekannte erfuhren wir von einem Coworking-Space-Projekt im Leipziger Westen, in das Eltern ihre Kinder mitbringen können. Die Betreuung der Kinder übernehmen junge Freiwillige aus aller Welt, die sich für maximal sechs Monate gegen Kost und Logis in einem eigens eingerichteten Spielzimmer mit den Kleinen beschäftigen. Die anderen Mütter und Väter sind Freiberufler wie ich - Wissenschaftler, Journalistinnen, Regisseure, auch Studentinnen sind dabei.

Das Kind beim Arbeiten dabei zu haben? Gute Idee!

Die Vorstellung, in Bélas Nähe zu sein, mich aber auf meine Arbeit konzentrieren zu können, gefiel mir sofort. Doch ich hatte auch Bedenken: Wie würde mein Sohn auf ständig wechselnde Betreuer reagieren? Würde ich in Ruhe arbeiten können, wenn nur ein paar Türen weiter eine Krippengruppe tobte?

An unserem ersten gemeinsamen Tag im "Rockzipfel" - Béla war da gerade neun Monate alt - war ich sehr gespannt, ob das Konzept realisierbar sein würde. Doch was so chaotisch klang, hat sich zumindest für Béla und mich als perfekte Lösung entpuppt.

Für uns ist es die perfekte Lösung

In unserem Gemeinschaftsraum, der über eine Tür direkt mit dem Spielzimmer verbunden ist, ist zwar immer etwas los. Mal brettert ein Zweijähriger auf seinem Bobbycar über die Dielen. Mal besprechen zwei Kollegen am Ess- und Arbeitstisch ihre nächsten Projekte. Oder eine Mutter telefoniert per Facetime mit ihrem Chef in Washington, während ihr quengelndes Baby von einer anderen Mutter herumgetragen wird.

Und, auch klar: Das Büro für einen Job-Termin verlassen können wir nicht. Aus versicherungstechnischen Gründen müssen wir Eltern immer anwesend sein.

Der Vorteil: viel Energie für eigene Arbeitsprojekte

Doch was ich mit Béla allein zu Hause bitter vermissen würde, ist hier problemlos möglich: Fünf Stunden pro Tag kann ich mich mit ganzer Energie meinen Projekten widmen - in einem Einzelbüro, in dem ich absolute Ruhe habe und von dem Kindertrubel nebenan nichts mitbekomme. Und das ohne schlechtes Gewissen, weil Béla zu den Betreuerinnen schnell Vertrauen gefasst hat und ich im Notfall nur ein paar Türen weiter sitze. Dass in den beiden Bettchen neben meinem Schreibtisch nach dem Mittagessen zwei Knirpse schlummern, stört mich nicht. Zuvor essen wir Erwachsenen und die Kinder im Gemeinschaftsraum zusammen Mittag. Mal mit drei, mal mit neun Familien.

Alle Familien essen zusammen Mittag, gekocht wird reihum

Im Gegensatz zur Kita kann hier jeder mit seinem Kind kommen und gehen, wann er will. Gekocht wird reihum. Alle 14 Tage stehe deshalb auch ich in der Küche, schäle Kartoffeln, brate Gemüse und genieße das Gemeinschaftsgefühl.

Schon bald, wenn Béla drei Jahre alt ist, endet das Betreuungsangebot im "Rockzipfel" und wir werden für einige Zeit ins Ausland gehen. Wie es anschließend mit der Kinderbetreuung weitergeht, lassen wir derzeit ganz entspannt auf uns zukommen.

Kinder willkommen!

In ganz Deutschland findet man inzwischen Ableger des Leipziger "Rockzipfel"-Projekts, etwa in Bonn, Hamburg und Dresden. Je nach Standort betreuen entweder die Eltern wechselweise, oder es gibt Tagesmütter oder ehrenamtliche Helfer. Kosten: 120 bis 175 Euro pro Monat für einen vollen Büroplatz inklusive Betreuung.

Berlin:

  • Bei "Coworking Toddler" werden die Kinder von ausgebildeten Erziehern betreut. Kita und Büros sind räumlich getrennt. Die Eltern können aber mit den Kindern Mittag essen und zum Stillen und Kuscheln ins Kinderzimmer kommen. Kosten für einen Vollzeitplatz: 350 Euro pro Monat, die Betreuung ist mit Kita-Gutschein kostenlos.
  • Bei "Juggle Hub Coworking" kann man die Betreuung exibel zum Büroplatz dazu buchen. Vier Stunden Büroplatz plus Kinderbetreuung kosten hier beispielsweise 45 Euro.

Frankfurt/Main:

  • Bei "Co Work Play" drei pädagogische Fachkräfte um maximal 16 Kinder, während die Eltern in einem Extra-Bereich arbeiten. Zwischen 11.30 und 14 Uhr machen die Nannys Pause, dann essen die Eltern mit den Kindern und legen sie schlafen. Nachmittags übernehmen wieder die Nannys. Ein voller Büroplatz plus Kinderbetreuung kostet hier 850 Euro pro Monat.

Erfurt:

  • "Krämer-Loft" bietet ein Spielzimmer für die Kinder der Büromitglieder, die Aufsichtspflicht liegt hier bei den Eltern. Bei Bedarf kümmert sich das Loft-Team für ein bis zwei Stunden um den Nachwuchs. Kosten für einen vollen Büroplatz: ab 219 Euro pro Monat. Kosten für das Kinderprogramm: neun Euro pro Stunde.

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BRIGITTE 2/18

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