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Mut zur Veränderung: Wie du ab 40 nochmal durchstartest!

Alles, was man tut, hat ein Risiko - auch das Nichtstun, sagt Psychologin und Coach Cornelia Schneider. Sie macht Mut, im Job eingefahrene Wege zu verlassen und Veränderung zu wagen.

BRIGITTE WOMAN: Viele Frauen sehnen sich mit 40 oder 50 nach beruflicher Veränderung.

Schneider: Es klingt vielleicht seltsam, aber als Erstes sollte man aufhören, sich selbst in eine Altersschublade zu stecken. Am besten streichen wir die Beurteilungskategorie Alter einfach.

Warum? Ich stehe doch zu meinem Alter.

Unsere Altersbilder sind der größte Hemmschuh, wenn es um berufliche Entwicklung ab 40 geht. Denn mit dem Alter verbinden wir viele Stereotype, die uns eher schwächen als stärken. Wenn wir selbst daran zweifeln, ob wir vielleicht nicht mehr jung genug sind, spüren das die anderen. Wir trauen uns selbst keine Entwicklung zu, und auch die Chefs oder Kollegen werden zögerlich.

Welche Haltung ist geschickter?

Wir sollten uns überlegen, was wir richtig gern tun, in welchen Bereichen wir bereits viel Erfahrung haben und von was wir mehr haben möchten.

Ein Beispiel?

Eine Lehrerin fühlte sich von ihrem Beruf sehr erschöpft. Anfangs überlegte sie, wie sie mit den Belastungen – Lärm und starre Strukturen –, besser umgehen könnte. Aber erst als sie sich fragte, was sie an ihrer Tätigkeit immer wieder aufs Neue begeistert, kam Schwung in die Beratung. Sie sah: Die Verbindung von Kreativität und Lehre ist ihre absolute Präferenz. Davon wollte sie mehr.

Und dann?

Sie reduzierte ihre Stelle um 50 Prozent und ließ sich eine Nebentätigkeit bewilligen. Nun gibt sie Wochenendkurse für Erwachsene. In diesem neuen Spielfeld kombiniert sie ihre Erfahrung als Lehrkraft und ihre Kreativität mit einer neuen Herausforderung. Und: Die Arbeit in der Schule macht ihr auch wieder Freude.

Und einfach den Unterricht neu aufstellen?

Das hätte nicht gereicht. Die meisten Menschen fühlen sich in ihrer Arbeit nicht ausgelaugt, weil sie generell zu müde sind. Sondern sie ermüden an einer bestimmten Tätigkeit. Der Flow fehlt. Flow entsteht, wenn wir etwas tun, was unser Können abruft, uns aber zugleich auch herausfordert. Wie bei der Lehrerin, die nun ihr Lehrwissen in einem neuen Umfeld einsetzt. Das belebt.

Geht es also im Kern um die Kombination von Erfahrung mit etwas Neuem?


Genau: Erfahrung ist der größte Pluspunkt der Menschen ab 40. Früher war das Wissen eines Mitarbeiters sein Schatz. Heute kann man sich Wissen schnell beschaffen. Aber erst die Kombination aus Wissen und Erfahrung macht es möglich, dass wir effiziente Lösungen für Probleme entwickeln. Mit Mitte 40 oder Anfang 50 ist unser Erfahrungsschatz beruflich und sozial extrem groß und weiter ausbaufähig.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Die Lehrerin konnte sofort als vollwertige Kraft einsteigen, weil sie Erfahrung hat. Oder nehmen Sie eine Erzieherin oder Ärztin, die schon lange im Job ist. Je nach Neigung kann sie leicht Konzepte entwickeln oder das Qualitätsmanagement übernehmen. Alle übergeordneten Aufgaben, wie Qualität, Veränderungsmanagement oder Strategie, funktionieren mit Erfahrung besser.

Aber mal ehrlich: Welcher Chef fordert seine Mitarbeiter ab 50 auf, etwas Neues zu wagen?

Man darf nicht erwarten, dass die Möglichkeiten an einen herangetragen werden. Aber wenn man sich selbst kümmert, geht viel mehr, als man denkt.

Wie erkenne ich, wohin es gehen kann?

Schauen Sie sich Ihre derzeitige Arbeit an und fragen Sie sich: In welchen Themen und Situationen arbeite ich am liebsten? Was sind meine persönlichen Stärken? Das Zwischenmenschliche? Kreativität? Organisationstalent? Was würde ich gern mehr machen und vertiefen? Oft fragt man sich zu viel „Was kann ich?“ anstatt „Was will ich?“. Im zweiten Schritt müssen Sie eine möglichst klare Vision entwickeln, was die Idealform Ihres Arbeitens wäre.

Und wie sage ich das meinem Chef?

Sobald ich eine Führungskraft davon überzeugen kann, welche Vorteile sie von meiner beruflichen Veränderung hat, wird sie mich unterstützen.

Das müssen Sie näher erklären.

Es ist ein großer Unterschied, ob ich zu meinem Chef gehe und sage: „Ich will etwas verändern. Geben Sie mir bitte neue Aufgaben!“ Oder ob ich sage: „Ich habe in den letzten Monaten immer mehr Verantwortung für Projekte übernommen. Jetzt möchte ich gern ein Projekt leiten.“ Oder: „Ich habe mich im Bereich X weitergebildet. Mein Wissen möchte ich gern in Aufgabe X umsetzen.“ Sehr viele Frauen tendieren dazu, andere um Erlaubnis für ihre Wünsche zu fragen. Aber so erreicht man nichts. Ich muss mit mir selbst klären, was ich will, und dies dann klar sagen. Dabei sollte ich den Nutzen für das Unternehmen auch benennen können.

Woher nehme ich die Überzeugungskraft?

Mut und Kraft fangen im Körper an. Deshalb kann ich mich über die Körperhaltung ermutigen. Powerposen haben diese Kraft, etwa die Siegespose der Fußballer oder der feste Stand mit den Händen in den Hüften. Man muss ausprobieren, was einem liegt. Studien zeigen: Wer zwei Minuten eine Powerpose einnimmt, fühlt sich stärker und ruhiger. Dem Gegenüber ist klar: Die meint, was sie sagt, und steht dazu. Wer mit zusammengezogenen Schultern nach einer neuen Aufgabe fragt, überzeugt nicht.

Und wenn ich scheitere?

Alles, was man tut, hat ein Risiko. Eine selbstständige Physiotherapeutin in meiner Beratung hatte eine gut laufende Praxis. Aber nach vielen Jahren ermüdete sie die Bürokratie des Managements zusehends. Sie überlegte, sich zu verkleinern und sich auf wenige Krankheitsbilder zu spezialisieren, um wieder mehr mit Menschen zu arbeiten. Sofort kamen Zweifel: Wenn ich das mache und nicht genug Patienten habe, verdiene ich weniger. Ich fragte: „Und was passiert, wenn Sie alles beim Alten belassen und nichts sich ändert?“ – „Dann werde ich krank!“, rief sie. Nichtstun hat auch ein Risiko!

Also sollten wir immer wieder Neues wagen?

Wir verändern uns ständig – im Idealfall schwingen wir im Beruf mit dieser Entwicklung mit.

Das klingt auch ein wenig anstrengend.

Das hängt davon ab, wie man es betrachtet. In meinem Arbeitszimmer hängt ein Bild von einem Bach, der zum Fluss wird. Das ist mein Symbol für gelingendes Älterwerden: Ich gehe immer weiter, nutze, was ich bereits habe, und lasse mich überraschen, wohin mich das führt. Jeder sollte sich so ein bildhaftes Symbol für seine persönliche Entwicklung wählen.


Was hilft mir, wenn ich nach einer Auszeit wieder in den Beruf einsteige?

Es kann auf jeden Fall nicht darum gehen, dass man nahtlos an die frühere Zeit anknüpft. Eine Fortbildung kann gute Impulse geben. Sie muss gar nicht genau zum Beruf passen, sondern eher an der Seite andocken. So kann ich mit meinem Neueinstieg auch Inspiration an den Arbeitsplatz bringen. Vielleicht eröffne ich mir auf diese Weise sogar ein neues Handlungsfeld.

Kann ich auch etwas ganz Neues wagen?

Klar. Aber man sollte immer schauen, dass die bisherigen Berufserfahrungen verwendbar sind. Ich selbst habe viele Jahre als Therapeutin mit Patienten gearbeitet. Heute arbeite ich als Coach in der Wirtschaft. Meine Arbeit ist komplett anders - aber meine Erfahrung kann ich nutzen.

Sollte man akzeptieren, weniger Geld zu bekommen, damit man sich ausprobieren kann?

Bloß nicht! Frauen sagen oft: Es macht nichts, wenn ich weniger Geld verdiene. Hauptsache, es ist was anderes. Das hört man von Männern nie. Ich sage: Warum sollte es ein bisschen weniger sein? Es darf auch ein bisschen mehr sein! Es kommt sehr darauf an, dass man seinem Chef den Wert der Veränderung gut verkauft. Dann wird mit der Entwicklung oft auch eine Gehaltsverhandlung möglich.

Cornelia Schneider, 60, ist Diplompsychologin. Mit ihrer Unternehmensberatung GGW zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und demografischem Wandel berät
sie Einzelpersonen und Firmen. Mehr Infos: www.ggw-homburg.de.

Buchtipp: Cornelia Schneider, Lisa Juliane Schneider: „Reife Leistung. Souverän und gesund arbeiten in jeder Lebensphase“, 264 S., 24,99 Euro, Herder.

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