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Konkurrenz im Job: Damit entdeckst du deine Stärken

Konkurrenz im Job: Frau am Schreibtisch neben Kollegen
© Monkey Business Images / Shutterstock
Die Büronachbarin konkurriert mit dir um die Teamleitung? Der Kollege hat bessere Ideen als du? Gut so, findet die Psychologin Brigitte Roser: An Rivalität kannst du wachsen

Frau Roser, Rivalität am Arbeitsplatz hat ein mieses Image …

BRIGITTE ROSER: Zu Unrecht! Kulturen entwickeln sich nur durch offene Auseinandersetzungen weiter. In manchen Unternehmen aber gibt es keine Wettbewerbserlaubnis.

Welche Folgen hat das?

Mittelmaß. Mitarbeiter bremsen sich mitunter selbst, um ja die Kollegin nicht vor den Kopf zu stoßen. Das allein kann schon zutiefst frustrierend sein. Doch herrscht ein Harmoniegebot, gibt es auch oft keine offene und ehrliche Feedbackkultur. Eine Kollegin wird dann vielleicht nicht mehr mit einer Aufgabe betraut, weil sie diese beim letzten Mal vergeigt hat. Sie erfährt den Grund aber nicht. So kann sich weder sie noch das Unternehmen entwickeln.

Nun zeigt eine aktuelle Umfrage, dass auch Rivalität am Arbeitsplatz fies sein kann. Jede*r Dritte hat deshalb schon den Job gekündigt.

Mich machen so allgemeine Aussagen skeptisch. Was meint Rivalität? Da kann sich vieles tummeln. Ein persönlicher Machtkampf. Das miese Klima. Eine Chefin, die Mitarbeiterinnen gegeneinander ausspielt. Treibt die Chefin ein falsches Spiel, ist das natürlich eine schädliche Rivalität.

Wie sieht gute Rivalität aus?

Entscheidend ist, dass die Balance zwischen Wettbewerb und Kooperation stimmt. Doch ob das gute Maß bei 80:20 oder 20:80 liegt, empfindet jede anders. Manche genießen es, sich an den Verkaufszahlen der Kolleg*innen messen lassen zu müssen. Für andere ist das Stress pur, sie werden in so einem Job nicht glücklich und sollten versuchen, in eine Firma zu wechseln, die besser zu ihnen passt.

Um Rivalität für mich nutzen zu können, muss ich also wissen, was für ein Typ ich bin?

Ja, danach wähle ich mein Spielfeld, sprich: meinen Arbeitsplatz, aus. Trotzdem darf ein wettstreitaffiner Mensch nicht nur konkurrieren, sonst arbeitet keiner mehr mit ihm – im Gegenteil: Die anderen verbünden sich gegen ihn. Wer hingegen nur kooperiert, ist vielleicht die Seele vom Team, wird aber permanent übergangen.

Selbst wenn das Spielfeld klug gewählt ist: Was ist, wenn eine neue Kollegin das Team aufmischt, eine andere fremde Ideen als ihre ausgibt, eine dritte den Job der Teamleiterin will und intrigiert? Wie gestaltet man alltägliche Wettbewerbssituationen so, dass man profitiert und nicht leidet?

Besteht eine schädigende Absicht, spricht man nicht von Wettbewerb, sondern von Mobbing. Aber lass uns offene Auseinandersetzungen anschauen: die neue Kollegin etwa, oder zwei Teams, die an einer Idee arbeiten; beide wissen voneinander. Es motiviert ungemein, wenn man mit Leuten konkurriert, die was können, die nicht nur neue Ideen haben, sondern auch die Erlaubnis, diese aufs Tablett zu bringen. Die Stärken der anderen inspirieren. Und sie schenken uns Entwicklungsimpulse, das ist im Arbeitsleben etwas extrem Wertvolles. Es bringt uns weiter. Doch ob eine Auseinandersetzung offen oder intrigant geführt wird, steuere ich nicht allein. Auch bei der Kollegin, die deine Ideen klaut, kannst du den Wettbewerb so gestalten, dass er dich nicht kaputtmacht, sondern dich weiterbringt. Eine solche gesunde Balance von Konkurrenz und Kooperation gelingt aber nur, wenn du für dich selber einstehst. Wie du das machst, ob du die Kollegin im Meeting ansprichst, im Anschluss beiseite nimmst oder es ein einziges Mal gut sein lässt, aber von ihr lernst, bleibt dir überlassen.

Ich kann von ihr lernen?

Vielleicht präsentierte sie deine Idee ja supergut. Dann nimm dir das als Entwicklungsimpuls. Um von einer Konkurrenzsituation profitieren zu können, ist es entscheidend, dass du weißt, was du willst, und dann für dieses Wollen einstehst – auch wenn du dafür deine Komfortzone verlassen musst. Du musst also dein Wollen dir und anderen zumuten.

Was ich will, will meine Kollegin aber vielleicht auch …

Manchmal ist das extrem inspirierend, weil plötzlich ganz neue Ideen auftauchen: Könnte man das Team nicht im Doppelpack führen? Oder es weckt Impulse: Was kann ich mir von der konkurrierenden Kollegin abschauen, welche Stärken hat sie, die ich – noch – nicht habe, aber für mein Ziel brauche? Oder es motiviert: Die Teamleitung wird mir nicht in den Schoß fallen, ich will sie aber unbedingt, also baue ich mein Wissen und Können so aus, dass ich Erfolg haben werde.

Und wenn doch die Kollegin zum Zug kommt?

Dann nutze das, was du dir angeeignet hast – zum Beispiel für einen Unternehmenswechsel. Wettbewerbe bringen uns aber nicht nur dazu, gegenüber anderen klar zu formulieren, was wir wollen, sondern sie greifen bereits einen Schritt früher. Sie schärfen den Blick für das, was wir wollen. Beim Konkurrieren erhalten wir ja nicht nur Entwicklungsimpulse, wir entdecken auch unsere Stärken und so manchmal ganz neue Perspektiven und Ziele.

Diplom-Psychologin Brigitte Roser, Jahrgang 1960, ist Unternehmensberaterin und auf die Themen Führungskultur, Konfliktmanagement, Team-Erfolg und Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert (www.roser-gaertner.com).

BRIGITTE 13/2019

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