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Ermutigung zum Führungsjob: "Wenn ihr was wollt, holt es euch"

Ermutigung zum Führungsjob: "Wenn ihr was wollt, holt es euch"
© Andreas Reeg
Das ist die Botschaft, die der Software-Konzern SAP seinen Mitarbeiterinnen mitgibt. Marielle Ehrmann, 35, hat diesen Rat befolgt.

Frauenförderung? Dieser Begriff passt für Marielle Ehrmann nicht: "Es gibt ja genug Frauen, die top ausgebildet sind. Das Problem ist eher, dass sie sich Führungsaufgaben nicht zutrauen und deshalb auch nicht aktiv danach fragen. ‚Ermutigung‘ wäre das bessere Wort."
Bei SAP, wo die junge Wirtschaftsinformatikerin seit ihrem Einstieg vor neun Jahren von der Beraterin zur Führungskraft mit operativer Verantwortung für 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgestiegen ist, sieht man das ähnlich. 2011 hat sich der Software-Konzern, auch wegen der Diskussion um eine gesetzliche Frauenquote, das Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in Führungspositionen bis 2017 von 19 auf 25 Prozent zu erhöhen. Nachhaltig sollte der Ansatz sein und über reine Quoten hinausgehen. Also setzte man bei der Motivation an, um den Blick zu weiten: Ein Führungsjob ist für mich reale Option.

Das Ziel: 30 Prozent Frauen in Führungsjobs

So initiierte man zum Beispiel Veranstaltungsreihen, bei denen Top-Managerinnen anderen Führungsfrauen Rede und Antwort stehen. In Deutschland werden seit 2017 Leitungspositionen nur noch als Teilzeit-Stellen ausgeschrieben - mit der Möglichkeit, den Job auf Wunsch auch in Vollzeit auszuüben. Und beim sogenannten LEAP-Programm tüfteln jedes Jahr weltweit 300 SAP-Managerinnen an neuen Projekten und knüpfen untereinander Kontakte. Dieser Mix aus verschiedenen Programmen und Ansatzpunkten scheint zu wirken: Die 25 Prozent wurden erreicht, bis 2022 hat man sich nun 30 Prozent Frauen auf allen Führungsebenen zum Ziel gesetzt. Marielle Ehrmanns Karriere hat vor allem das "Power2XLead"-Programm beflügelt. Es richtet sich an Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Karriere-Levels, die sich für eine Führungsposition interessieren; so soll ein Pool weiblicher Nachwuchsführungskräfte geschaffen werden. Die 33 Frauen, mit denen sie sich ab Herbst 2016 vier Monate lang über Aufstiegsmöglichkeiten austauschte und Vorträge über Netzwerken, Selbstmarketing und Arbeitsrecht hörte, waren völlig verschieden: von Ende 20 bis Mitte 40, mit und ohne Kinder, manche am Anfang ihrer Karriere, andere schon weiter.

Von nichts kommt nichts: Nimm deine Karriere selbst in die Hand!

Marielle Ehrmann selbst arbeitete damals als Assistentin eines Top-Managers, der sie sehr förderte und auch angemeldet hatte. Ihren Aha-Moment erlebte sie gleich beim ersten Vortrag. "Wenn ihr etwas wollt, nehmt es euch", rief die Trainerin den Frauen zu. "Wenn ihr nicht danach fragt, passiert auch nichts." Ehrmann nahm sich den Tipp zu Herzen. Als ihr am Ende des Programms klar war, dass sie eine Management-Position anstreben will, begann sie, Führungskräfte gezielt um Unterstützung zu bitten. Leicht war das anfangs nicht - trotz der Duz-Kultur im Konzern. "Bevor ich den ersten Manager nach einem Meeting nach konkreten Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten in seinem Bereich gefragt habe, habe ich das Gespräch mit meinem Partner geprobt", erinnert sie sich. "Das gab mir Sicherheit." Doch als der Knoten erst mal geplatzt war, ließ der Karrieresprung nicht lange auf sich warten. Seit März leitet sie das operative Geschäft des SAP-weiten Qualitätsbereichs.

Jeder hat die Möglichkeit seine Ziele zu erreichen

Auch bei anderen Frauen hat das Programm gefruchtet: 42 Prozent haben heute eine Führungsaufgabe, 34 Prozent eine gleichwertige Expertinnenrolle. Ehrmann steckt unterdessen schon im nächsten Programm. Als LEAP-Teilnehmerin lernt sie in Online-Kursen und Kleingruppen, wie man Innovationen vorantreibt, Macht und Einfluss nutzen kann. Mit Kolleginnen erarbeitet sie außerdem ein Konzept für eine Berufsorientierungswoche bei SAP für Schülerinnen und Schüler. "Wir wollen vor allem den Mädchen klar machen: Du kannst hier alles werden, egal, wer du bist und woher du kommst." Und wo will sie selbst hin? Vielleicht an die Vorstandsspitze - als erste Frau überhaupt? Marielle Ehrmann schweigt kurz, dann sagt sie selbstbewusst: "Ich habe genug Energie und Leidenschaft für SAP. Zum richtigen Zeitpunkt würde ich das nicht ausschließen."

Brigitte 21/2018

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