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Bettina Stix: Katastrophenhilfe mit Millionen-Spenden und kluger Logistik

Bettina Stix: Porträt
© Jordan Stead/Amazon
Bettina Stix ist die Erfinderin von Amazons Desaster-Relief-Programm: Als Senior Manager Community Engagement bei Amazon sorgt sie dafür, dass Hilfsgüter schnell in Katastrophengebiete gelangen und sammelt Spenden für die Hilfsorganisationen vor Ort. Uns hat sie erzählt, wie sie nach fast 20 Jahren bei Amazon die Idee für das Projekt entwickelte und wie sie in kurzer Zeit 15 Millionen Dollar für die Opfer des Tsunamis 2004 in Indonesien organisierte.

Frau Stix, Sie haben vor zwei Jahren das sogenannte Desaster-Relief-Programm bei Amazon gestartet. Was ist das?

Mit diesem Programm helfen wir Menschen und Organisationen in Katastrophengebieten: und zwar zielgerichtet. Wir unterstützen in Notsituationen mit genau den Ressourcen und Dingen, die Amazon ohnehin zur Verfügung hat und die Menschen in Not benötigen: Eine große Produktauswahl, gut funktionierende Logistik, Spendenoptionen durch schnelle Zahlungsmöglichkeiten und digitale Technologien. Für das Desaster-Relief-Programm prüfen wir regelmäßig, wie wir unsere Services noch besser für die Katastrophenhilfe einsetzen können. 

Wie funktioniert das genau?

Wir arbeiten mit Hilfsorganisationen zusammen, in Deutschland oftmals mit dem Deutschen Roten Kreuz und auch mit weltweiten Organisationen wie UNICEF oder Save the Children. Wir stehen ständig mit ihnen in Kontakt, um herauszufinden: Mit welche Dingen kann Amazon helfen und was ist der wirkliche Bedarf der Menschen in Notsituationen? Konkret unterstützen wir, indem wir unseren Kunden die Möglichkeit geben, an bestimmte Organisationen zu spenden oder Dinge von der Wunschliste einer Organisation zu bestellen – damit Organisationen genau das bekommen, was sie in einer Krisensituation auch brauchen. Während der Waldbrände in Kalifornien haben wir zum Beispiel Handsiebe, wie sie Goldgräber benutzten, an das Rote Kreuz geliefert. Die Menschen, die ihre Häuser ans Feuer verloren hatten, konnten so wenigstens die Aschehaufen nach kleineren Wertsachen wie Schmuck durchsuchen. Mit unserer großen Produktauswahl können wir in vielen Situationen sehr bedarfsgerecht helfen – auch mit Hilfsgütern, die ansonsten schwer zu beschaffen sind.

Das klingt ja erstmal nicht wie Amazons Hauptgeschäft. Wie kamen Sie auf die Idee, das Programm zu gründen?

Ich arbeite jetzt seit 20 Jahren bei Amazon und habe viele Erfahrungen im Unternehmen sammeln können – erst in Deutschland, mittlerweile seit langer Zeit in den USA. Unsere Philosophie ist es vom ersten Tag an gewesen, die Wünsche der Kunden nicht aus dem Blick zu verlieren. Viele melden sich bei uns, wenn sie die Bilder von Katastrophen im Fernsehen sehen und fragen, ob Amazon nicht helfen könnte. Und es gab Kunden, die bereits 2012 während des Super Storm Sandy selbstständig Spenden über Amazon organisiert hatten. Sie legten eine öffentliche Wunschliste mit Amazon-Produkten an. Mit einem Klick auf ein Produkt, wie zum Beispiel Decken, konnten es Menschen einer Organisationen zukommen lassen. Die Aktion verbreitete sich rasend schnell über die sozialen Medien. Das machten in den nächsten Jahren viele nach. Es entstand eine Bewegung und immer wieder fragten Kunden nach unserer Unterstützung. Das machte mir persönlich Mut und gab mir Rückenwind.

Und wann starteten Sie das Projekt?

Offiziell Anfang 2017. Allerdings bekam ich schon Weihnachten 2004 einen wegweisenden Anruf von zwei indischen Kollegen, die vom damaligen Tsunami in Indonesien erzählten. Sie hatten eine Idee, wie wir den Menschen dort mit unserer Technik helfen könnten. Als damalige Managerin für unsere internationalen Websites trommelte ich ein kleines Team zusammen und konnte innerhalb von kürzester Zeit auf der deutschen, englischen, französischen und japanischen Amazon-Seite eine Spendenoption für das Rote Kreuz einrichten. Wir haben dank Millionen hilfsbereiter Kunden mit der Aktion 15 Millionen Dollar weltweit gesammelt. Das hat mich sehr beeindruckt und hat mich nicht mehr losgelassen. 

Was brauchte es, um so ein neuartiges Programm in einem Konzern zu gründen?

Es hat auf jeden Fall geholfen, dass ich bereits in vielen für das Projekt relevanten Bereichen bei Amazon gearbeitet habe: zum Beispiel beim Kundendienst und im Bereich Delivery Experience. Hier kümmert man sich darum, dass Kunden bessere und schnellere Liefermöglichkeiten erhalten. Ich habe mit Prime-Produkten gearbeitet, die schnell zugestellt werden müssen, und habe die internationalen Webseiten gemanagt. Mein eigener Motor war die Erfahrung mit dem Tsunami 2004 und der Wunsch, meine Erfahrung für Menschen in Notsituationen zu nutzen. Ich schrieb nach und nach auf, wie wir bei Amazon auch karitative Zwecke erfüllen könnten. Und Desaster Relief, also Katastrophenhilfe, war ein klarer Fall. Denn oft ist nicht nur für die Hilfskräfte das große Problem: Sie brauchen heute dieses Paket, nicht in drei Tagen. Ich habe die Projektidee ein paar Kolleginnen und Kollegen vorgestellt und viel Unterstützung gefunden. Letztendlich durfte ich ein kleines Team aus drei Leuten zusammenstellen und die Arbeit ging los.

Sagen wir, ein Hurrikan fegt über den Süden der USA. Wie und wo beginnt ihre Arbeit? 

Wir versuchen zunächst, das Ausmaß der Katastrophe zu erkennen, schauen in die Medien, hören auf Kunden und Mitarbeiter. Dann wissen wir meistens auch recht schnell, ob viele unserer Kunden helfen wollen – die beste Voraussetzung, um eine Spendenaktion anzustoßen oder eine Wunschliste mit Hilfsgütern einzurichten. Beides können wir normalerweise in wenigen Stunden aufsetzen. Bei Sachspenden dauert es hingegen etwas länger. Denn in der Regel brauchen Hilfsorganisationen 72 Stunden, um in ein Katastrophengebiet vorzustoßen und zu prüfen, was überhaupt gebraucht wird. Danach erhalten wir ihre Anfragen. Diese Zeit des Wartens ist manchmal kaum auszuhalten – aber das Warten ist wichtig. Dinge, die wir ungefragt schicken, würden die Rettungskräfte vor Ort nur behindern. Ist klar, was benötigt wird, sind wir rund um die Uhr damit beschäftigt, Hilfsgüter aus den Logistikzentren zu beschaffen, zu packen und auf LKWs zu verladen. Damit das schnellstmöglich passiert, mobilisieren wir zusätzlich Kollegen aus anderen Abteilungen. Und dann geht die Ware in die Katastrophengebiete – teilweise mit Amazons eigenen Flugzeugen.

In welche Richtung wird sich das Projekt weiterentwickeln? 

Wir versuchen immer, unsere Prozesse zu verbessern. Bei einem Einsatz in Puerto Rico 2018 fiel uns auf: Wir hatten zwar eigene Flugzeuge mit Hilfsgütern beladen. Freunde und Verwandte schickten ihren Lieben aber direkt Amazon-Pakete auf die Insel. Die kamen nur mit großer Verzögerung an, da offizielle Transportwege zunächst außer Kraft gesetzt waren. Für die Zustellung dieser Einzellieferungen an die Bedürftigen vor Ort waren zu viele Wege versperrt und das Benzin war knapp. Unsere Idee war: Warum verschicken wir die Pakete nicht mit unseren Flugzeugen und die Leute holen sie selbstständig ab? Für Puerto Rico hat das damals noch nicht funktioniert, aber nach dem Hurrikan Florence in North Carolina 2018 testeten wir die Idee: Wir stellten einen zehn Meter großen Container im Katastrophengebiet auf, an den Kunden ihre Pakete schicken und von dort abholen konnten. Auch belieferten wir mithilfe des Containers Partnerhilfsorganisationen. Das hat toll funktioniert. Wir haben noch viel Potenzial, das wir in den nächsten Jahren ausschöpfen wollen. Wie wir bei Amazon immer sagen: es ist noch immer Tag 1 – auch für unser Desaster-Relief-Programm!

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