Anzeige

Ergebnis 8 der BRIGITTE-Studie Frauen wollen keine Platzhirsche

BRIGITTE-Studie zeigt: Frau und Mann geben sich die Hand
© bezikus / Shutterstock
#MeToo und Frauenstreiks, Vorstandsquote und Entgelttransparenz-Gesetz – seit unserer letzten BRIGITTE-Studie im Jahr 2017 hat sich viel bewegt. Gleichberechtigung bleibt trotzdem ein mühsames Geschäft. In der großen BRIGITTE-Studie 2021 "Mein Leben, mein Job & ich" sind auch 2021 wieder überraschende Ergebnisse herausgekommen. Hier kommt Nummer 8.

Frauen zwischen 18 und 29 Jahren sind seit 2017 karriereaffiner geworden: Beruflich erfolgreich zu sein, ist ihnen mittlerweile etwas häufiger wichtig, als Kinder zu kriegen (64 Prozent vs. 61 Prozent). 60 Prozent sagen zudem, eigene Führungsverantwortung sei für ihre Jobzufriedenheit (sehr) bedeutend.

Zwischen dem 30. und dem 40. Geburtstag jedoch verliert die Karriere bei Frauen wie Männern stark an Bedeutung. Nur noch der Hälfte ist es jetzt wichtig, beruflich erfolgreich zu sein. Zum großen Teil liegt das sicher an den vielen unterschiedlichen Herausforderungen der "Rush Hour of Life" und an der nach wie vor schwierigen Vereinbarkeit von Job und Familie. Auffällig ist jedoch, wie kritisch gerade die Frauen in diesem Alter den Führungsstil in ihren Unternehmen beurteilen:

BRIGITTE-Studie zeigt: Zufriedenheit mit Führungsstil im Unternehmen
Zufriedenheit mit Führungsstil im Unternehmen 
Die Frage lautete:
"Wie zufrieden sind Sie mit folgenden Punkten bei Ihrer Arbeit?" Die Prozentzahlen zeigen, wie viele Frauen bzw. Männer angegeben haben, mit dem Punkt "Führungsstil" (sehr) zufrieden zu sein.
© Brigitte

Zeigen sich in den Zwanzigern noch 75 Prozent der berufstätigen Frauen mit der Führungskultur in ihrer Firma zufrieden, sind es in den Dreißigern nur noch 62 Prozent. Bei den Männern sinkt die Zufriedenheit dagegen kaum. Offenbar konkurriert die Karriere bei Frauen zwischen 30 und 39 also nicht nur mit anderen wichtigen Themen – es stört sie auch explizit, wie Firmen heute geführt werden. Vielleicht weil das meist noch kaum dem entspricht, was sie selbst an Hochschulen und bei Weiterbildungen zu modernem Management vermittelt bekamen: Statt flacher Hierarchien und teamorientiertem Arbeiten gibt es vielerorts noch Platzhirsche, statt Kooperation Konfrontation. Männer arrangieren sich mit diesen Strukturen offenbar leichter. Die Frauen jedoch scheinen den Firmen zu signalisieren: Führen wollen wir gern – aber anders!

"Bei mir soll der Mensch im Mittelpunkt stehen"

Nia*, 33, sah für sich als Frau bei ihrem Arbeitgeber keine Zukunft. Deshalb hat sie nun selbst eine Firma gegründet.

"‚Entweder ... oder’ – diese Redewendung mag ich gar nicht. Sie ist so ausschließend. Ich bin auch nicht ‚entweder ... oder’, sondern habe meine Wurzeln in Deutschland und Afrika. Mit dem Modelabel, das ich vor einem Jahr gegründet habe, möchte ich deshalb auch eine Brücke zwischen den Ländern bauen und durch den Mix aus europäischer und traditionell afrikanischer Mode Gemeinsamkeiten betonen statt Unterschiede. Ich beziehe meine Stoffe aus Gambia, produziere dort zu fairen Preisen und vertreibe in Deutschland.

Meine Firma will ich bewusst anders führen, als ich es bisher als Angestellte erlebt habe. Ich habe für eine Non-Profit-Organisation gearbeitet. Meist in Ostafrika, aber auch in der Zentrale in Deutschland. Dort erinnerte mich alles an eine Behörde voll alter weißer Männer. Die waren super im Netzwerken untereinander, die Frauen fungierten nur als Zuarbeiterinnen. In meiner Firma sollen Frauen dagegen spüren, dass sie gewollt und anerkannt sind – auch in Schlüsselpositionen. Ich will partnerschaftlich führen, auf Augenhöhe und mit Blick auf den Menschen und nicht nur aufs Geld oder Geschlecht. Auch bei Themen wie Sexismus und Rassismus wäre ich sensibler, denn beides ist nach meiner Erfahrung noch weiter verbreitet, als viele denken. Nach einem Geschäftsessen zog mich mal ein Kollege einfach an sich, um mich zu küssen. Als ich das einer Freundin erzählte, sagte sie nur: ‚Nia, du bist schlau, schlank und schwarz, das wird dir noch öfter passieren.‘ Auch mein Chef lachte nur, als ich mich beschwerte. Ab da trug ich statt bunter Röcke nur noch schwarze Hosen. So etwas soll es in meiner Firma nicht geben."

*Name von der Redaktion geändert

"MEIN LEBEN, MEIN JOB UND ICH"

Für unsere online-repräsentative Studie füllten 2000 Frauen, Männer und Diverse zwischen 18 und 69 Jahren aus ganz Deutsch- land einen Online-Fragebogen mit 144 Fragen aus. Die Befragung realisierte das Meinungsforschungsinstitut Ipsos vom 15.10. bis 4.11.2020 im Auftrag von BRIGITTE.

Der BRIGITTE-Talk: Das wollen wir!

Chancen, Zeit, Geld, Macht – die BRIGITTE-Studie zeigt: Von alldem haben Frauen oft weniger als Männer. Woran liegt das? Und wie können wir es ändern? Darüber und über die spannendsten Ergebnisse unserer Studie diskutieren wir am 31.3. um 18.30 Uhr mit Professorin Christiane Funken. Sei dabei! Und sage, was du dir von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wünschst. Die Teilnahme ist kostenlos. Alle Infos zu unserem Online-Talk unter: www.brigitte.de/studie_talk

Holt euch die BRIGITTE als Abo - mit vielen Vorteilen. Hier könnt ihr sie direkt bestellen.

BRIGITTE 06/2021

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel