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Kulturmanagerin Bea Babka von Gostomski Ein ganzes Jahr nur für mich

Beatrix Babka von Gostomski: Porträt
© Daniela Möllenhoff
Sie kündigte den sicheren Job um sich eine 12-monatige Auszeit zu nehmen. Kulturmanagerin Bea Babka von Gostomski hatte den Mut zum Schritt ins Ungewisse. Uns hat sie von ihrer Umbruchphase erzählt und verraten, wie sie heute Events wie das große BRIGITTE Academy Symposium organisiert.

Liebe Bea, du organisierst für die BRIGITTE Academy riesige Events wie das Symposium in Essen. Wie lernt man denn so etwas?

Ich habe Buchwissenschaft in Mainz auf Magister studiert. Da war für mich aber schon klar, dass ich nicht im Museum oder in der Bibliothek arbeiten möchte, sondern dass ich in einen Verlag will. Schreiben und Bücher waren schon immer meine Leidenschaft. Im Anschluss habe ich eine Fortbildung als PR-Referentin gemacht und bin zum ZEIT-Verlag in Hamburg gekommen. Da habe ich zehn Jahre lang die klassische Karriere von der Praktikantin bis zur Referentin in der Unternehmenskommunikation durchlebt. Ich war für die Veranstaltungen zuständig, die nicht ganz so klar zu kategorisieren waren und besondere Aufmerksamkeit brauchten. 

Kannst du ein Beispiel sagen?

Die ZEIT hatte damals viele immer wiederkehrende Veranstaltungsreihen und immer wenn es ein ganz neues Projekt zu konzipieren gab oder etwas außer der Reihe, lag das auf meinem Schreibtisch. Zum Beispiel den Tag der Offenen Tür oder die Veranstaltungen des ZEIT-Magazins nach seiner Wiedereinführung. Nach zehn Jahren merkte ich aber, dass mir das alles etwas zu eng wurde. 

Und da hast du dich dazu entschieden zu kündigen?

Ich ging auf die 40 zu und stellte mir die Frage, was ich eigentlich beruflich noch machen möchte. Ich hatte zwischendurch schon eine Coaching-Ausbildung absolviert, aber das hat mir nicht gereicht, ich wollte meinen Aktionsradius vergrößern. Und dann habe ich mein ganzes Leben nochmal auf den Kopf gestellt. 

Das habe ich auch ziemlich konsequent durchgezogen und
tatsächlich gekündigt. In meinem Job war ich viel unterwegs und sehr eingebunden und mir war klar, dass ich es nicht neben dem Job schaffe, mich mit diesen existentiellen Fragen zu beschäftigen. Ich wollte ein Sabbatical machen. Und ich wollte es radikaler und mir wirklich ein ganzes Jahr Zeit nehmen und nicht in den alten Job zurückkehren.

Ein Jahr Pause ist ja wirklich lang. Wie hast du dich darauf vorbereitet?

Das habe ich mir natürlich gut überlegt und auch mein Geld so einkalkuliert, dass ich mir ein Jahr Zeit für mich leisten konnte. Und dieses Jahr war auch wirklich der Wendepunkt in meinem Leben. Ich bin im Herbst aus dem Job gegangen und es war ein super Zeitpunkt, weil draußen die Blätter von den Bäumen fielen und ich mich total zurückziehen konnte, um mich zu fragen was will ich, was soll kommen und was gehen? 

Wie bist du dabei vorgegangen?

Ich habe mir tatsächlich eine große DINA-4 Kladde gekauft und habe da verschiedene Fragen eingetragen: Was macht mich aus? Was sind meine Werte? Wie will ich arbeiten? Wie will ich leben? Was soll noch in meinem Leben passieren? Es ging nicht nur um den Job, weil ich finde dass alles im Leben zusammengehört. 

Ich wollte auf jeden Fall mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung, mehr Zeit, die ganz typischen Wünsche. 

Und dann habe ich meine Antworten gesammelt, immer wieder aufgeschrieben und ergänzt. Und je öfter ich die Dinge aufgeschrieben habe, desto genauer kristallisierte sich heraus, was ich machen will. Bei mir waren es die Werte ‚Freiheit’ und ‚Selbstbestimmung’. Ich hatte es zu Beginn gar nicht explizit vor, mich selbstständig zu machen und habe in dem Jahr auch Bewerbungsgespräche geführt. Dabei habe ich aber immer mehr gemerkt, dass ich keine Festanstellung suche. Und nach den Herbst- und Wintermonaten kam Silvester und dann der Frühling und da habe ich angefangen, mich gezielter mit Leuten zu treffen und mir neue Impulse zu holen. Das habe ich den ganzen Frühling und Sommer über gemacht.

Was wolltest du erreichen mit diesen Treffen? Hattest du einen Plan?

Ich habe mein ganzes Netzwerk angesprochen und gefragt, was sucht ihr, was braucht ihr, was fehlt euch, was kann ich euch schon anbieten – wobei das damals noch nicht völlig klar war. Aber mithilfe dieser Antworten habe ich sondiert, in welche Richtung es beruflich für mich gehen soll und was potentielle Kunden suchen. Durch dieses Netzwerken bekam ich den ersten Auftrag, ich habe für ein Institut in Mainz ein Marketing-Projekt auf den Weg gebracht. Danach kam direkt ein Anschlussprojekt und durch weitere Treffen mit weiteren Menschen bekam ich immer weitere Aufträge. 

Und aus diesen Aufträgen ist dann dein Unternehmen TALENTBODEN entstanden?

Genau, ich bin jetzt Inhaberin einer Agentur für Kulturmanagement, Coaching und Projektberatung. Wir machen Konzepte für Veranstaltungen und ich biete auch Workshops für Selbstständige an. Es ist also eine Mischung aus dem ursprünglichen beruflichen Bereich, ergänzt mit den Erfahrungen, die ich in meinem Auszeit-Jahr und als Coach erlernt habe. 

Wen coacht du?

Vor allem Gründerinnen und Menschen, die in Umbruchphasen oder vor dem Beginn einer Selbstständigkeit stehen. Ich mache auch eins-zu-eins Coachings, aber vor allem mache ich Gruppencoachings mit sechs bis acht Teilnehmerinnen – es sind tatsächlich immer Frauen. 

Wie finden diese Frauen dich?

Das ergibt sich das oft von Gruppe zu Gruppe, weil die Teilnehmerinnen andere Interessierte mitbringen und so schnell eine neue Gruppe zustande kommt. Und ich streue mein Angebot natürlich auch auf Networking-Veranstaltungen. Wie teilt sich deine Zeit zwischen dem Veranstaltungsmanagement und Coaching auf? Die Veranstaltungs-Konzeptionen nehmen viel mehr Zeit in Anspruch. Deshalb kann ich leider auch gar nicht so viele Coaching-Gruppen annehmen, da jedes Treffen mit den Gruppen ja auch intensive Vorbereitungszeit benötigt. 

Das klingt alles so, als wäre dir dieser riesige Umbruch gar nicht schwer gefallen.

Ich kann das jetzt im Nachhinein so locker erzählen, aber der Umbruch war auch ein enormer Kraftakt. Die Entscheidung zu kündigen, hat mich viel Nachdenken gekostet. Ich musste meine Finanzen regeln und mir überlegen, was genau ich in dem Jahr eigentlich machen will. Ich habe mich zum Beispiel gegen eine Weltreise entschieden, weil ich wusste, dass ich mein Leben hier in Hamburg neu regeln muss. Ich habe die Zeit hier aber als Reise empfunden, nur eben auf eine andere Art. 

Hast du dir selber auch Hilfe geholt in dieser Zeit?

Ich hatte einen Coach an meiner Seite von der Phase an, in der ich überlegt habe, ob ich kündigen soll, bis zu den ersten Monaten in meinem freien Jahr. Das war die heiße Coaching-Phase und danach haben wir uns noch zu unregelmäßigen Updates getroffen. Und ich habe die Beratungsangebote wahrgenommen, die sich mit den Themen Selbstständigkeit und Existenzgründung befasst haben. 

Haben dir deine Erfahrungen in strukturierter Arbeit als Eventplanerin geholfen, auch diese Auszeit zu planen?

Ich hatte nicht alles bin ins kleinste Details geplant. Nur mit der Kündigung war ich mir sicher. Aber es stimmt, ich habe eine innere Struktur. Und als Coach weiß ich, welche Schritte ich planen muss, um meine Ziele zu erreichen. 

Aber neben der Planung war es für mich besonders wichtig, mir die Erlaubnis zu geben, die ersten drei Monate nichts zu tun. Also einfach mal in den Tag zu leben. Die einzige Struktur die ich hatte, war mein Schreiben. Ich habe geschaut was in mir drin ist, was aus mir heraus will und es jeden Tag aufgeschrieben. Die Jahreszeiten haben mich immer in die nächste Phase gebracht. Zu Silvester habe ich begonnen, mir zu überlegen, was im neuen Jahr kommen soll und wurde sehr viel konkreter mit meinen Überlegungen. 

Welche Tipps hast du für alle, die auch vor oder mitten in einem Lebensumbruch stecken?

Ich würde tatsächlich allen raten, andere Leute zu befragen, die solche Phasen schon durchlebt haben. Fragt, was sie euch empfehlen können und was sie inzwischen anders machen würden. Ich erzähle in meinen Gruppen zum Beispiel immer, dass ich für mein Unternehmen keinen Gründungszuschuss in Anspruch genommen habe, was definitiv nicht so schlau war. 

Aber auch einen Coach in Anspruch zu nehmen, kann ich sehr empfehlen, weil man da die individuellen Fragen klären kann. In Gruppen ist es einfacher, allgemeine Fragen zu beantworten. Auch von den städtischen Einrichtungen gibt es viele Beratungsangebote, zum Beispiel zur Unterstützung finanzieller Art, zur Unternehmensgründung, zu Rechtsfragen und so weiter. 

Inzwischen organisierst du ja auch schon das vierte Symposium für die BRIGITTE Academy. Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?

Die BRIGITTE Verlagsleiterin kam auf mich zu, weil es ein neues Projekt für Frauen im Beruf und für Gründerinnen geben sollte. Ich habe früher schon mal mit der BRIGITTE zusammengearbeitet und hatte natürlich in diesen Themengebieten genau die richtigen Erfahrungen. Die ersten Symposien liefen dann so erfolgreich, dass wir dieses Jahr ein Event mit 1000 Teilnehmerinnen und über 80 Speakern haben. 

Was genau machst du für die Academy?

Ich bin für die Programmleitung und das Projektmanagement zuständig. Das bedeutet vor allem viel Koordination. Meistens entstehen die Ideen für Themen und die grobe Richtung für die Veranstaltungen gemeinsam mit der Projektleitung und der Redaktion. Entweder schlage ich die Inhalte vor oder es ist umgekehrt und der Input kommt aus der Redaktion und ich gebe meine Expertise zu bestimmten Themen oder Referenten. 

Wenn die Themen konkret sind, beginnt meine Hauptarbeit, die Vielfalt an Ideen zu bündeln und in eine sinnvolle Struktur zu binden und das Ganze zu einem stringenten Programm zu machen, die Inhalte auszuarbeiten, die geeigneten Referenten zu finden. 

Du erstellst sozusagen den Timetable der Veranstaltungen?

Genau, ich überlege erst, welche Themenblöcke sich ergeben. Zum Beispiel haben wir uns für das Symposium in Essen ja auf die Themen „Mein Job, mein Leben und ich“ geeinigt. Dann schaue ich, was man dazu passend an Workshops und Vorträgen organisieren kann und frage Speaker für die einzelnen Themen an. 

Sobald eine Location feststeht, verändert sich auch oft nochmal der Ablauf und ich schaue, welche räumlichen Möglichkeiten ich dort habe, welchen Platz man sinnvoll mit welchen Formaten bespielen kann. Daraus ergibt sich ein Programm-Raster und dann geht das Kleinteilige los: Von der Logistik der Speaker, über die technische Ausstattung bis hin zum Texten des Programms und der Webseite. Das ist typisches Eventplaner-Handwerk und sehr zeitintensiv. Wir haben jetzt beim großen BRIGITTE Academy Symposium in Essen über 80 Speaker und jeder einzelne will persönlich betreut sein. 

Kannst du einschätzen, wieviele Stunden du in der Woche arbeitest?

Das kann ich nur schwer sagen, weil ich viel auch mal eben zwischendurch auf dem Handy mache, aber kurz vor einem großen Event so 60 Stunden bestimmt. Wobei ich nicht 60 Stunden am Schreibtisch sitze, denn Netzwerkveranstaltungen und Recherchen sind beispielsweises auch Arbeit, aber das fühlt sich für mich dann anders an. 

Was rätst du Frauen, die auch Lust auf Veranstaltungsmanagement haben?

Ich würde immer raten, Praktika zu machen und es wirklich auszutesten. Es ist eine Arbeit, die man lieben muss, man sollte sehr stressresistent sein, viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten und auch mal das Chaos aushalten und vor allem priorisieren können. Es ist auch hilfreich, in der Gastronomie zu arbeiten. Denn da lernt man im Idealfall, mit vielen verschiedenen Menschen umzugehen und trotzdem den besten Service abzuliefern.

Danke für das Gespräch, liebe Bea.

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