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Innere Kündigung: Warum das eine fatale Idee ist

Wenn der Job nervt, ist die Versuchung groß, in die innere Emigration abzutauchen. BRIGITTE-Psychologe Oskar Holzberg hält das für eine fatale Idee.

Gelassenheit - Das Rezept für ein gutes Leben?

Ein anerkanntes Rezept für ein gutes Leben rät, die Gelassenheit zu entwickeln, die Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können, den Mut zu haben, die Dinge zu ändern, die wir ändern können, und die Weisheit zu besitzen, das eine vom anderen zu unterscheiden. Gelassenheit lernen wir mittlerweile im örtlichen Yogastudio. Mut machen uns Coaches, Psychotherapeutinnen und wahre Freunde. 

Doch die wichtigste Zutat zum Lebensglück, die richtige Entscheidung, ob eine Veränderung oder ein Sichfügen ratsam wäre - die ist gerade im Job komplex und schwer. Sollen wir uns abfinden, obwohl die Bezahlung unter Tarif, die Kollegen intrigant, die Aufstiegschancen mies oder die Überstunden astronomisch sind? Wann sollten wir unsere Unzufriedenheit auf keinen Fall akzeptieren? Wann erkennen wir weise an, dass es den idealen Job einfach nicht gibt? Und wann sind wir mutlos, obwohl es vielleicht doch noch Lösungen gäbe? 

Aktives Aufgeben ist etwas anderes als Resignation

Veränderungen sind immer angstbesetzt. Und wir fühlen uns ohnehin zunehmend bedroht. Digitalisierung, Globalisierung, Finanzkrisen, befristete Arbeitsverträge und jede Gerechtigkeit verspottende Einkommensunterschiede sind Entwicklungen, denen wir uns oft machtlos ausgesetzt fühlen. Das führt zu Unsicherheit. Und Unsicherheit begünstigt Resignation. Doch zu resignieren, ist fast nie ratsam. Kämpfen, fliehen oder erstarren sind unsere biologisch vererbten Alternativen in Konfliktsituationen. Wir kämpfen, wenn wir unsere Bedürfnisse am Arbeitsplatz vertreten. 

Haben wir damit keinen Erfolg, bleibt die Frage "Bleiben oder gehen?" Wenn wir kündigen, ist das kein Resignieren, sondern aktives Aufgeben. Wir ziehen eine Grenze. Es ist nicht so, wie wir es erhofft oder uns vorgestellt haben. Nicht so, wie wir es brauchen. Also gehen wir. Wer dagegen resigniert, verharrt in der Enttäuschung. Ein Teil von uns leidet und drängt auf Veränderung, doch ein anderer, stärkerer erklärt die Situation für aussichtslos, und wir stellen uns innerlich tot. 

Innere Kündigung - Gefühle betäuben bringt uns nicht weiter

Vielleicht war Resignation einst das einzig richtige Verhalten in unserem Leben. Als wir klein und ausgeliefert waren und jede Gegenwehr uns das Leben nur noch schwerer gemacht hätte. Damals hat uns unsere Resignation geschützt. Heute hält sie uns als erlernte Hilflosigkeit gefangen. Denn wenn wir unsere Gefühle betäuben, dann fehlt uns der Antrieb zu handeln. Statt uns zu motivieren, werden unsere negativen Gefühle chronisch. Die Idee, keine Chance zu haben, wird zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Resignation ist nur scheinbar ein Annehmen der Situation. Denn wenn wir eine Situation annehmen, nehmen wir auch unsere Gefühle an. Unsere Emotionen wirken wie ein Stachel in unserer Haut. Der Schmerz treibt uns an, ihn zu entfernen. Und das ist gut. 

Die Frage, die wir uns auch im Job immer stellen müssen, ist, ob wir uns selbst wirklich ernst nehmen. Das bedeutet, unsere Gefühle und Empfindungen ernst zu nehmen. Also nicht zu ignorieren, dass wir das Büro nur mit Bauchgrummeln betreten, uns der Chef den Schlaf und unsere Aufgaben uns den Seelenfrieden rauben. Dann werden wir auch nach Lösungen suchen. Wir werden mit anderen sprechen, uns Unterstützung suchen, uns fragen, was wir möchten, was wir können, uns für die Möglichkeiten öffnen, die es gibt. Vielleicht sind sie nicht immer leicht zu finden. Doch das größere Problem ist, wenn unsere Resignation verhindert, überhaupt danach zu suchen.

TREFFEN SIE OSKAR HOLZBERG!

Auf dem großen BRIGITTE-Symposium am 27. September erklärt der Psychologe, warum ihr das Thema Work-Life-Balance besser vergessen solltet. Mehr Infos und das Programm auf www.brigitte.de/academy 

Brigitte 12/2018

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