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Zusammenziehen Was spricht für die gemeinsame Wohnung?

Paar rückt zusammen Sofa
© Pixel-Shot / Adobe Stock
Soll ich mit meinem Freund zusammenziehen? Laura Heyer hat lange gebraucht, um diese Frage für sich zu klären. Weil es dabei viel zu bedenken gibt: Geld, Gefühle und den ganzen Rest.

"Wenn du einfach zu mir ziehst, dann könnten wir richtig viel Geld sparen." Diesen Satz sagte mein Freund im letzten Jahr sehr häufig. Und meine Antwort war immer ein vehementes "Nein". Ich wollte nach zwei Jahren Beziehung sehr gern mit ihm zusammenziehen – aber sicher nicht auf 40 Quadratmeter, Geld hin oder her.

Ich mochte meine schöne, große Altbauwohnung mit Balkon, denn sie war die erste wirklich schöne Bleibe, die ich mir von meinem eigenen Geld leisten konnte. Keine Studentenbude, keine Kompromisse mit Küchen ohne Regale oder dunkle Räume ohne Fenster: 60 Quadratmeter Platz, nur für mich allein.

Schaut man rein auf die finanzielle Seite, war meine persönliche Freiheit allerdings recht teuer erkauft: 700 Euro Kaltmiete und die Kosten für Strom und vor allem Nachtspeicherheizung fraßen, gerade zu Beginn meiner Berufstätigkeit, mal eben die Hälfte meines Einkommens. In Zahlen hieß das: Auf meiner ersten Stelle als Redakteurin verdiente ich 1800 Euro netto, meine Miete lag bei knapp 900 Euro. Mit allen weiteren Ausgaben von Rundfunkgebühr bis Zeitungsabo kratzte ich schnell an der 1000. Von der allgemeinen Faustregel, 30 Prozent des Gehalts für die Miete auszugeben, war ich also meilenweit entfernt. Und mit dieser Erfahrung bin ich nicht allein: Laut Statistischem Bundesamt haben im Jahr 2022 etwa 1,6 Millionen Menschen 40 bis 50 Prozent ihre Haushaltseinkommens für die Bruttomiete ausgegeben.

WG, zu zweit, allein – was ist die beste Lösung?

Als ich 2010 zum Studieren nach Heidelberg zog, lag die Miete für mein erstes WG-Zimmer schon bei 500 Euro – seitdem hatte ich nie weniger für Zimmer oder Wohnungen gezahlt. Es schien mir irgendwie selbstverständlich, für eine eigene Wohnung in einer Großstadt auch mehr Geld auszugeben.

Natürlich spielte ich, schon vor unserer Beziehung, öfter mit dem Gedanken umzuziehen: Vielleicht wieder in ein WG-Zimmer oder eine kleinere Wohnung. Aber Wohnungen suchen und finden rangiert für mich auf der Liste der schrecklichsten Dinge im Leben, noch vor Bewerbungen schreiben oder der Steuererklärung; besonders in Städten wie Hamburg. Also versuchte ich alle anderen Kosten zu optimieren, vom Handyvertrag bis zum Streaming-Abo. Aber in der eigenen Wohnung trägt man diese Kosten eben allein.

Doch so sehr ich meinen Freund liebe – ich konnte mir nicht vorstellen, auf 40 Quadratmetern zusammenzuwohnen. Die Finanzen waren da das kleinste Problem. Wir regelten Kosten wie Restaurantbesuche oder Urlaube schon über ein gemeinsames Konto und kamen damit sehr gut klar. Aber uns nur ein Schlafzimmer und eine Wohnküche zu zweit zu teilen, schien mir utopisch. Bisher hatte ich diesen Raum für mich allein.

Mit Blick in die Zukunft

Und es gab für mich noch einen anderen Aspekt: die Angst, einen Rückschritt zu machen. Denn in meinem Umfeld kauften Paare mit Anfang 30 schon Einfamilienhäuser oder zogen mindestens in größere Wohnungen. Wir hätten gemeinsam weniger Wohnfläche als der deutsche Durchschnitt mit 47,4 Quadratmetern – pro Kopf, wohlgemerkt.

Wenn ich die Geschichte heute, nachdem wir dann doch zusammengezogen sind, erzähle, betone ich immer noch ganz bewusst, wie viel Geld wir damit sparen. Am Ende ist dieses Argument auch einfach unschlagbar: In der Genossenschaftswohnung meines Freundes zahlt jeder von uns nun 273 Euro Miete – inklusive aller Nebenkosten und weiterer Ausgaben wie Internet und Streaming-Abos. Natürlich hätten wir uns diese Kosten auch geteilt, wären wir in meine Wohnung gezogen. Ebenso wie Einkäufe oder Kosten für den Leihwagen, um zum Baumarkt zu fahren. Mit knapp 500 Euro hätte mein Freund dann jedoch mehr Miete gezahlt als für seine 40 Quadratmeter allein.

Für mich kam der Umzug einer Gehaltserhöhung gleich – ich konnte meine Ausgaben um 800 Euro senken. Um diesen Betrag über mein Einkommen oder andere Einkünfte zu decken, hätte ich wahrscheinlich mindestens zweimal mein Gehalt neu verhandeln müssen; innerhalb eines Jahres ein unrealistischer Plan. Und mit Blick in die Zukunft ist diese Ersparnis eine große Erleichterung. Ich habe meine Rentenlücke ausgerechnet: Um mit 70 Jahren, wenn ich vermutlich in Rente gehen werde, wirklich meine Kosten zu decken und mir auch noch ein angenehmes Leben leisten zu können, brauche ich rund 1200 Euro mehr, als ich derzeit an Rentenansprüchen erarbeitet habe. Um das zu erreichen, müsste ich aktuell jeden Monat privat circa 400 Euro in mein Depot investieren.

Finanzielle Freiheit

Bisher hatte ich vor allem meine betriebliche Altersvorsorge bespart, weil diese Summe einerseits vom Arbeitgeber aufgestockt und andererseits schlichtweg direkt vom Gehalt abgezogen wird, ich sie also gar nicht mehr zum Ausgeben zur Verfügung hatte. Für mein Depot waren dann nur noch eher kleinere Beträge von 50 oder 100 Euro übrig. In 38 Jahren hätte ich mir mit diesen Sparraten wohl gerade einmal 400 bis 500 Euro Rente zusätzlich auszahlen können.

Jetzt aber kann ich jeden Monat 200 Euro mehr in meine ETF-Sparpläne investieren und komme meinem Rentenziel deutlich näher. Zudem versuche ich, kontinuierlich meinen Notgroschen weiter aufzubauen und kleine Summen für unseren Zukunftstraum – ein Ferienhaus in Schweden –zurückzulegen.

Die neue Wohnsituation gibt mir finanzielle Freiheiten, die ich mir sonst nicht hätte leisten können: einen wunderbaren Urlaub in der Toskana mit unseren Freund:innen, der nun keine große Lücke in mein Budget gerissen hat. Diesen psychologischen Faktor habe ich persönlich lange unterschätzt. Zwar konnte ich mir meine Wohnung immer irgendwie leisten, trotzdem blieb das Gefühl, mit einem guten Job nie wirklich genug Geld zum Leben und eben auch zum Sparen zu haben. Ein eigenes Vermögen aufzubauen, das war für mich immer etwas, das andere Menschen eben mit Geld machen – aber sicher nicht ich. Jetzt fühlt sich das anders an.

Kompromisse und Lösungen finden

Allerdings, weder beim Wohnen noch bei den Finanzen ist alles schwarz und weiß: Mehr Geld auf dem Konto führt rasch zu mehr Ausgaben. Natürlich helfen da Daueraufträge für die ETF-Sparpläne und das Tagesgeldkonto – trotzdem ist der Lieferservice am Abend häufig schneller bestellt als selbst gekocht. Und wollten wir nicht schon immer eine neue Kaffeemaschine?

Auch das Zusammenleben auf 40 Quadratmetern stellt uns, wie erwartet, oft vor Herausforderungen: Arbeiten im Homeoffice zu zweit zehrt an den Nerven, wenn man sich quasi immer im Call des anderen befindet. Und beim Besuch von Freund:innen gibt es keinen wirklichen Rückzugsort für die andere Person, ebenso wenig in Konfliktsituationen. Andererseits sind wir beide meist nur abends zu Hause, und ein Keller, ein Dachboden und ein Pax-Kleiderschrank lösen erstaunlich viele Platzprobleme. Und unser "Tiny House" hat eine große Couch, auf der immer Freund:innen übernachten können.

Zu sagen, wir seien nur aus wirtschaftlichen Gründen zusammengezogen, ist eben nur ein Teil der Geschichte. Bisher hat sich die Entscheidung für uns beide gelohnt – und für meine Rentenlücke auch.

Brigitte

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