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Unfälle im Home Office Wer zahlt was im Unglücksfall?

Unfälle im Home Office: Frau sitzt am Schreibtisch
© dikushin / Adobe Stock
Passiert uns am Arbeitsplatz ein Missgeschick oder Unfall, ist klar, wer für den Schaden aufkommt: der Arbeitgeber. Aber wer zahlt im Homeoffice oder beim mobilen Arbeiten? Vier Fälle, vier Antworten.

Treppensturz mit Folgen

Für ihren Job als Assistentin der Geschäftsführung hat sich Lena im Keller ihres Hauses einen Arbeitsplatz eingerichtet, den sie an zwei Tagen pro Woche nutzt. Eines Morgens rutscht sie auf dem Weg dorthin auf der Kellertreppe aus und bricht sich den Arm.

Der gesetzliche Unfallschutz, den alle Arbeitgeber:innen für ihre Angestellten abschließen müssen, greift auch im Homeoffice. Allerdings nur, wenn der Unfall tatsächlich im Zusammenhang mit dem Job passiert ist. Das entschied zum Beispiel im vergangenen Jahr das Bundessozialgericht in Kassel. Geklagt hatte ein Vertriebler, der sich zum Erledigen von Verwaltungsaufgaben zu Hause ein Büro eingerichtet hatte, das er über eine Wendeltreppe erreichte. 2018 war er diese hinabgestürzt und hatte einen Brustwirbeltrümmerbruch erlitten. Da er die Treppe im Zusammenhang mit seiner Arbeit betreten habe, greife der Unfallschutz, befand das Gericht.

Die Arbeitswelt hat sich verändert, Homeoffice ist oft zur Normalität geworden. Im vergangenen Sommer wurde der entsprechende Passus im Sozialgesetzbuch angepasst: "Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte", heißt es jetzt in § 8 SGB VII.

Lenas Unfall wäre also abgedeckt: Sie wollte ja zu ihrem Schreibtisch, um dort zu arbeiten. Auch wenn sie während der Mittagspause in die Küche im Erdgeschoss gegangen wäre, um sich etwas zu essen zu holen, wäre sie abgesichert gewesen (genau wie auf dem Weg zur Kantine im Büro). Aber Achtung: Hätte sie die Treppe genutzt, um an der Tür ein privates Paket in Empfang zu nehmen, wäre ihr Sturz kein Arbeitsunfall, der gesetzliche Unfallschutz würde in diesem Fall deshalb nicht greifen.

Arbeitsunfälle sind unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden. In der Regel wird man dann von einer sogenannten Durchgangsärztin untersucht, die auf die Behandlung von Unfallverletzten spezialisiert und dafür zugelassen ist. Jeder Fall wird zudem durch den zuständigen Unfallversicherungsträger, etwa die gewerbliche Berufsgenossenschaft oder eine Unfallkasse, geprüft. Kommt auch der Versicherungsträger zum Ergebnis, dass ein Arbeitsunfall vorliegt, werden Leistungen wie eine ärztliche Behandlung, Verletztengeld, eine behindertengerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes, eine Umschulung oder eine Unfallrente von ihm übernommen. Auch Hilfsmittel wie eine Brille werden ersetzt, wenn sie beim Unfall beschädigt wurden. Sachmittel dagegen nicht. Hätte Lena bei ihrem Sturz zum Beispiel ihre Hose zerrissen, müsste sie selbst dafür aufkommen.

Firmenlaptop kaputt!

Mouna setzt sich ab und zu gern mit ihrem Firmenlaptop ins Café, um zu arbeiten. Eines Tages stößt sie das Laptop dort versehentlich vom Tisch. Jetzt ist das Display kaputt.

Verursacht man als Arbeitnehmer:in während der Arbeitszeit einen Schaden, muss man nicht im ganzen Umfang dafür haften. Dieses Prinzip nennt sich "Haftungsprivilegierung" und gilt auch fürs Arbeiten außerhalb des Unternehmens. Für Mouna heißt das: Mit großer Wahrscheinlichkeit muss sie gar nicht oder nur begrenzt für das kaputte Display aufkommen. Wie viel sie zahlen muss, hängt davon ab, was sie gerade tat und wie fahrlässig sie dabei war, als das Laptop runterfiel: Wenn sie gerade privat im Internet gesurft hatte, muss sie wohl zumindest anteilig für den Schaden geradestehen. Allerdings muss der Arbeitgeber die private Nutzung des Laptops beweisen, sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen. Gelingt ihm das, muss Mouna trotzdem wahrscheinlich nicht selbst zahlen, weil ihre private Haftpflichtversicherung einspringt (die jeder Erwachsene unbedingt abschließen sollte!). Diese kommt nur dann nicht für Schäden auf, wenn sie absichtlich verursacht wurden.

Überflutetes Büro

In Katrins Wohnzimmer gab es einen schlimmen Wasserschaden. Der Bürostuhl, den ihr Arbeitgeber ihr fürs Homeoffice gestellt hat, ist komplett durchweicht.

Bei ausgetretenem Leitungswasser, Feuer, Hagel, Sturm, Blitzschlag oder Einbruch springt die Hausratversicherung ein. Wie die private Haftpflichtversicherung gehört auch sie zu den Versicherungen, die man unbedingt abschließen sollte. Sie deckt alles ab, was nicht fest in der Wohnung verbaut ist, zum Beispiel Möbel, Kleidung oder Teppiche. Auch Einrichtungsgegenstände, die der Versicherungsnehmerin nicht gehören, können unter den Versicherungsschutz fallen. Die Büroausstattung von Katrins Arbeitgeber wäre somit abgesichert.

Elementarschäden wie Starkregenfälle, Überschwemmungen, Hochwasser oder Erdbeben schließt die Hausratversicherung allerdings nicht automatisch mit ein. Man kann sie aber meist über einen Beitragszuschlag mitversichern. Nicht versichert sind zudem gewerblich oder beruflich genutzte Räume, wenn man sie über einen separaten Eingang betreten kann. Hätte Katrin ihren Büroplatz also in einer separaten Einliegerwohnung eingerichtet, wären Schreibtisch und Stuhl deshalb nicht von ihrer Hausratversicherung abgedeckt.

Gefährlicher Kita-Weg

Bevor sich Sven an den Wohnzimmertisch setzt, um für seinen Arbeitgeber Kundentelefonate zu führen, bringt er seinen Sohn in die Kita. Auf dem Weg dorthin stolpert er so unglücklich, dass ihm im linken Knie ein Kreuzband reißt.

Unfälle, die auf dem Hin- und Rückweg zur Arbeit passieren, sind grundsätzlich von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Liegen Kita, Schule oder Tagesmutter auf dem Weg zur Arbeit, zählen auch diese Strecken dazu – seit vergangenem Jahr auch dann, wenn man im Homeoffice arbeitet. Grundlage ist wie bei Lenas Treppensturz §8 SGB VII. Wichtig: Man muss mit dem Kind, das man holt oder bringt, im gemeinsamen Haushalt leben und den direkten Hin- und Rückweg zwischen dem Ort der Betreuung und dem Homeoffice nehmen. Wenn man auf dem Hin- oder Rückweg – egal ob ins Homeoffice oder ins Büro – noch einen Abstecher zum Bäcker macht, gilt der Unfallschutz nicht mehr.

Wäre Sven nicht angestellt, sondern Freiberufler oder Selbstständiger, müsste er für seinen Unfallschutz übrigens selbst sorgen, indem er zum Beispiel auf eigene Kosten Mitglied bei der gesetzlichen Unfallversicherung wird. Manche Unternehmer:innen wie Hebammen sind sogar dazu verpflichtet. Alternativ kann für Hausfrauen oder -männer, für Personen mit sehr hohem Unfallrisiko oder Erwerbstätige mit Vorerkrankungen auch eine private Unfallversicherung empfehlenswert sein.

Als freie Wirtschaftsjournalistin pendelt auch Pauline Schinkels zwischen Homeoffice und Büro. Zum Glück bisher ohne Unfall.

Brigitte

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