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Finanzunternehmen Plattformen rund um Geldfragen von Frauen für Frauen

Finanzunternehmen: eine Frau sitzt an einem Laptop
© undrey / Adobe Stock
Noch immer richten sich Finanzunternehmen vor allem an Männer. Selber schuld. Immer mehr Gründerinnen kümmern sich jetzt um die weibliche Zielgruppe: mit individueller Beratung und Plattformen rund um Geldfragen.

Frauen und Geldanlage? Ein Nischenthema, dachte die Finanzbranche lange, lohnt nicht, keine lukrative Zielgruppe. Denn Frauen verdienen weniger, haben also weniger Geld zu Verfügung, das sie anlegen könnten. Und das ist nur einer der Gründe, warum sie seltener investieren. Nur ein Drittel der Anleger:innen in Deutschland ist weiblich.

Dabei ist die sogenannte Female Economy ein großer Wachstumsmarkt. Jahr für Jahr wächst das weltweite Vermögen von Frauen um rund sechs Prozent. Aber in der Branche kommt diese Erkenntnis nur sehr langsam an. "Da Finanzservices oft ausschließlich von Männern entwickelt werden und klassische Rollenbilder manifestieren, müssen wir uns fragen, ob wir die Bedürfnisse von 50,7 Prozent der deutschen Bevölkerung ausreichend betrachten", heißt es selbstkritisch in einer Female-Finance-Studie, die der Sparkassen Innovation Hub Anfang des Jahres veröffentlichte.

Dieses Versäumnis der etablierten Unternehmen entdecken immer mehr Gründerinnen als ihre Chance. Und entwickeln mit ihren Fintechs – also digital arbeitenden Finanzunternehmen – Angebote, die speziell auf Frauen zugeschnitten sind.

Finmarie:

Honorarberatung, Robo-Advisor plus nachhaltige Fonds

Die Idee: Karolina Decker gehört schon fast zu den Pionierinnen der Fintech-Gründerinnen. 2018 ging ihr Unternehmen Finmarie an den Start. Hunderte von Frauen hatte Decker, die davor schon zehn Jahre in der Finanzbranche arbeitete, gefragt, warum sie nicht investieren. Und erfuhr: Die einen trauen sich nicht und suchen lange nach Informationen, bis sie sich entscheiden. Anderen sind die bestehenden Angebote zu intransparent. Oder sie finden sich mit ihrer Lebenssituation nicht in der Anlageberatung wieder. All solchen Frauen soll Finmarie bei ihren Anlageentscheidungen helfen. 2021 beteiligten sich Investor:innen mit 1,4 Millionen Euro an dem Unternehmen.

Das Angebot: Finmarie ist einerseits eine Online-Plattform, die – auch in Kursen – Finanzwissen vermittelt. Andererseits bietet das Team auch individuelle Honorar-Finanzberatungen an: In denen werden die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele der Frauen besprochen, ihre Ein- und Ausgaben durchleuchtet sowie die Vor- und Nachteile verschiedener Finanzprodukte erklärt. Die Kundinnen können danach entweder eigenständig ein Depot eröffnen und Geld anlegen, oder sie lassen sich ihr Portfolio zusammenstellen, etwa bei dem Robo-Advisor Growney, der in passive ETFs anlegt, oder bei Vividam, einer teilweise digitalen Vermögensverwaltung, die nach nachhaltigen Gesichtspunkten in Fonds investiert. Fünf Millionen Euro verwaltet Finmarie inzwischen.

Die Kosten: Die App ist derzeit kostenlos. Die Online-Weiterbildungskurse kosten zwischen 29 Euro und 149 Euro. Eine persönliche Honorarberatung (ca. 1,5 Stunden) kostet 399 Euro (jeweils plus Mehrwertsteuer). Wer über Finmarie investieren will, kann das ab einem Sparbetrag von monatlich 25 Euro. Die Gebühren für die Vermögensverwaltung liegen zwischen 0,36 Prozent der Anlagesumme (Growney) und 1,18 Prozent (Vividam).

Gründerin Karolina Decker überarbeitet ihr Angebot ständig. Seit Kurzem gibt es auch eine App, die Weiterbildung und Geldanlage bündelt.

finmarie.com

Financery:

Investment-Service plus Ausgaben-Check

Die Idee: Als Maria Mann in Düsseldorf am Hauptbahnhof eine ältere Frau beim Pfandflaschensammeln beobachtet, ist sie erschüttert. Dabei ist der Betriebswirtin durchaus bewusst, dass dies kein trauriges Einzelschicksal ist. Altersarmut ist ein Risiko, dem viel mehr Frauen als Männer ausgesetzt sind. Um Frauen in Geldfragen zu begleiten, gründete die geprüfte Finanzanlagenvermittlerin Ende 2018 Financery, einen Anlage-Service, der sich an Frauen richtet. "Lange Zeit glaubte man in der Anlageberatung, der ideale Kunde ist männlich, 41 Jahre alt und investiert monatlich 640 Euro", sagt Maria Mann. Weit gefehlt: Bei Financery ist die jüngste Kundin 18, die älteste 74 Jahre alt.

Das Angebot: Seit Juli können Kundinnen ihr Bankkonto mit einer App verknüpfen und sich so einen Überblick über ihre monatlichen Einnahmen und Ausgaben verschaffen. Auf Basis dieser Daten erhalten sie auch personalisierte Investmentempfehlungen für ein Portfolio, bevorzugt aus ETFs mit nachhaltigem Ansatz. Inzwischen haben Kundinnen bei Financery 2,25 Millionen Euro angelegt. Als Vermögensverwalter mit Lizenz der Bankenaufsicht Bafin fungiert die Finanzgruppe Nowinta. Ihrer Community bietet Mann zudem Workshops zur Finanzplanung an. In der aktuellen Börsenphase rät sie zu Gelassenheit: "Wer sich während einer Krise Geld auszahlt, muss Verluste in Kauf nehmen." Es könne auch eine Chance sein, günstig einzusteigen.

Die Kosten: Die Gebühren liegen bei jährlich 1 Prozent auf das angelegte Vermögen. Investiert werden kann ab einem Betrag von 50 Euro – entweder als Einmalanlage oder als Sparplan. Die App sowie ein erstes Beratungsgespräch sind kostenlos.

Maria Mann erhielt Fördermittel des Landes Nordrhein-Westfalen für die Entwicklung ihrer App. 

financery.de

Uplyvt:

Lebenslange Finanzplanung per App

Die Idee: An Investment-Möglichkeiten mangelt es nicht. Was den Frauen oft fehlt, ist ein Plan, glauben Martina Gstöttmayr und Alexa Cotiaux, bisher Produktdesignerin und Unternehmensberaterin. Hier setzt Uplyvt an. Den ersten Basis-Entwurf der App, der bereits auf der Internetseite des Fintechs steht, entwickelten die Gründerinnen mit einem "Baukasten" aus Softwaremodulen selbst. In diesem Jahr planen sie, erstmals Geld von Investor:innen einzusammeln.

Das Angebot: Uplyvt setzt auf Finanzplanung und -management. Über die App kann die Nutzerin beispielsweise ihre persönliche Rentenlücke prognostizieren und ihr ETF-Portfolio zusammenstellen, ab Herbst wird die App für die Depoteröffnung Neobroker oder Onlinebanken vorschlagen. Ab 2023 werden Kontoumsätze in Echtzeit analysiert und Alternativen empfohlen, sollten Abbuchungen, etwa für Strom, überdurchschnittlich hoch ausfallen. Nutzerinnen sollen so unnötige Ausgaben leichter identifizieren und einen individuellen Sparplan festlegen können.

Die Kosten: Das Preismodell, ob Abo oder Erfolgsbeteiligung, wird noch entwickelt.

Martina Gstöttmayr und Alexa Cotiaux wollenes einfacher machen, das Geld im Griff zu haben und zu vermehren.

uplyvt.de

Brygge:

Banking für die Generation 55+

Die Idee: "Der Finanzmarkt ignoriert Menschen in der zweiten Lebenshälfte." Davon sind Cornelia Schwertner, Bianca Steinke und Barbara Buchalik überzeugt. "In der Werbung wird höchstens mal ein älteres Pärchen gezeigt, das offensichtlich vermögend in den Sonnenuntergang segelt", sagt Geschäftsführerin Schwertner. "Dabei ist diese Altersgruppe viel diverser." Und sie trifft das Filialsterben besonders, weil sie eher auf persönliche Beratung angewiesen ist. Die wollen die Gründerinnen nun digital anbieten. Brygge soll eine intuitiv nutzbare Banking-App sein, die sich gezielt an ältere Menschen richtet – auch an Männer.

Das Angebot: Wer die App am PC, Tablet oder Smartphone nutzen will, muss seine Hausbank nicht wechseln. Das wird ermöglicht durch eine Zahlungsdienstrichtlinie der EU, die alle europäischen Finanzinstitute verpflichtet, eine Schnittstelle für Drittanbieter zur Verfügung zu stellen. Brygge soll aber nicht nur ein Onlinebanking-Zugang sein, sondern auch Kontobewegungen analysieren können. Das System erkennt automatisch, wenn beispielsweise eine Abbuchung für eine Versicherung überdurchschnittlich hoch ist, und gibt dann Empfehlungen für andere Anbieter. Über ein Tandem-Modell haben zwei Personen zeitgleich Zugriff, so können auch die Tochter oder der Partner das Konto einsehen. Darüber hinaus wollen die Gründerinnen alltags- und altersrelevante Lerninhalte bieten – etwa wie Onlinebanking überhaupt funktioniert oder welche Ausgabefallen bei Miete, Gesundheits- oder Lebenshaltungskosten lauern. Seit Juni gibt es eine Demo-Version, mit der sich die App ausprobieren lässt (das eigene Bankkonto muss dazu nicht verknüpft werden) und Feedback gegeben werden kann. Ende des Jahres soll Brygge dann live gehen.

Die Kosten: Die genauen Preise für die App stehen noch nicht fest. Es soll ein Abomodell werden, das sich nach dem jeweiligen Einkommen richtet. Wer weniger als 1000 Euro im Monat verdient, für den soll Brygge kostenfrei sein.

Cornelia Schwertner, Bianca Steinke und Barbara Buchalik haben bereits viele Erfahrungen bei Fintechs gesammelt. Ihre Banking-App für Ältere soll bald an den Start gehen. 

brygge.eu

Brigitte

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