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Ausgediente Rollenbilder Eine Hauptverdienerin erzählt: "Mir wäre die umgekehrte Situation schwerer gefallen"

Silke Dolle: eine Frauenhand hält eine Kreditkarte
© dean bertoncelj / Shutterstock
Silke Dolle, 49, arbeitet in leitender Position in einer Werbeagentur und verdient deutlich mehr als ihr Mann. Wenn Geld auch Macht ist – was macht das mit der Liebe?

Ganz früher habe ich nur marginal mehr verdient als mein Mann Martin, doch später wurde es spürbar mehr. Mit der Geburt unserer Söhne Erik und Merten vor 17 und 15 Jahren war deshalb schnell klar, dass ich die Hauptverdienerin unserer Familie werden würde. Markus schraubte seinen Job im IT-Bereich auf acht Stunden pro Woche runter und kümmert sich seitdem um die Kinder und den Haushalt. Ich kehrte jeweils nach sechs Wochen wieder Vollzeit in die Agentur zurück. Dieses Modell war damals ganz schön exotisch. Und wenn ich darüber nachdenke, kenne ich bis heute nur ein anderes Paar, dass es genauso macht wie wir.

Gleichberechtigung in der Beziehung

Neben unserem gemeinsamen Konto wollte Markus auch ein eigenes, das war ihm wichtig. Partnerschaftlich verändert hat sich durch unsere unterschiedlichen Einkommen nichts. Eher im Gegenteil: Unsere Beziehung hat dadurch an Gleichberechtigung gewonnen. Das liegt aber auch daran, dass Markus ein herrliches Selbstbewusstsein hat und über den meisten Dingen steht. Vielleicht hat er sich das auch in den ersten Jahren als einziger Mann in der Krabbelgruppe, auf dem Spielplatz und im Turnverein angewöhnt. Ich verdiene zwar mehr, Entscheidungen für größere Anschaffungen treffen wir aber natürlich gemeinsam. Trotzdem fühlte sich unser Gehaltsgefälle hin und wieder komisch an, auch wenn ich das jetzt nicht an einer konkreten Situation festmachen könnte.

Was ich definitiv sagen kann: Mir wäre die umgekehrte Situation schwerer gefallen. Ich hätte nicht gut damit umgehen können, Geld auszugeben, das ich nicht verdient habe. Zumindest wäre da in mir schneller das Gefühl gewesen, mich für meine Ausgaben rechtfertigen zu müssen, wenn ich beispielsweise mit der dritten Designer-Jeans nach Hause gekommen wäre. Bei solchen Ausgaben bin ich viel lockerer als Markus.

Finanzielle Verantwortung aufteilen

Für viele Dinge, die eher in der Zukunft oder im Ungewissen liegen, spielt es ja heute auch keine Rolle mehr, wer das Geld nach Hause bringt. Klar müsste ich ihn bei einer Trennung finanziell unterstützen, aber das wäre umgekehrt auch der Fall. Auch für Markus’ Rente ist dieses Modell nicht günstig, wir versuchen da einigermaßen vorzusorgen. Andererseits ist unsere Ehe eine Zugewinngemeinschaft und entsprechend wird meine Rente später den Löwenanteil ausmachen. So wie bei vielen Paaren, nur eben umgekehrt. Meinen Söhnen würde ich heute allerdings eher ein 50:50-Modell empfehlen: quasi das Beste aus beiden Welten. Dann verteilt sich die finanzielle Verantwortung auf allen Schultern und beide können gleich viel Zeit mit den Kindern verbringen. Das wäre rückblickend schöner gewesen, war zu unserer Zeit aber nicht möglich. Damals gab es nicht mal Elternzeit oder -geld.

Brigitte

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