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Väter im Unglück

Männer ohne Kinder sind glücklicher: Das belegt eine neue Studie aus den Niederlanden. Ein Interview mit der Soziologin Renske Keizer, die dem Glücksempfinden von Vätern und kinderlosen Männern nachgegangen ist.

Für ihre Studie befragte Renske Keizer vom demographischen Institut NIDI in Den Haag 1452 Väter und kinderlose Männer.

BRIGITTE.de: Frau Keizer, was war das Ziel Ihrer Studie?

Renske Keizer: Ich wollte wissen, welchen Einfluss Kinderlosigkeit auf Männer hat. Bislang wurde diese Fragestellung kaum untersucht. Man ging immer davon aus, dass Kinderlosigkeit hauptsächlich einen Einfluss auf das Glück von Frauen hätte.

BRIGITTE.de: Das Glück liegt laut Ihrer Studie ganz klar auf Seiten der kinderlosen Männer. Haben Sie mit diesem Ergebnis gerechnet?

Renske Keizer: Nein, überhaupt nicht. Wir hatten eigentlich eher das Gegenteil erwartet.

BRIGITTE.de: Und woran liegt es, dass sich im Leben eines Vaters weniger Glücksgefühle einstellen?

Renske Keizer: Da Väter viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, bleibt ihnen weniger Zeit für sich selbst, für ihre Freunde und ihren Partner. Das macht sie unzufrieden. Hinzu kommen die hohen Erwartungen, die an Väter gestellt werden. Sie sollen sich nach der Arbeit und am Wochenende um die Kinder kümmern, und zwar mit vollem Einsatz. Dann haben sie auch eine Frau oder Partnerin, die ebenfalls Aufmerksamkeit fordert. Aber das ist nicht alles. Sie müssen ja auch Geld verdienen, sollen sportlich sein und einen großen Bekanntenkreis haben. Das sind viele Rollen auf einmal – und das kann sehr anstrengend sein. Wir haben die Männer bei der Studie nicht nach konkreten Gründen für ihr fehlendes Glück gefragt, aber die eben beschriebenen lassen sich aus anderen Variablen unserer Untersuchung ableiten.

BRIGITTE.de: Ändert sich das Glücksgefühl der Väter, wenn sich der Alltag wieder entspannt, weil die Kinder groß und aus dem Haus sind?

Renske Keizer: Wir haben drei Gruppen miteinander verglichen: 1. kinderlose Männer, 2. Väter mit Kindern, die noch zuhause sind und 3. Väter, deren Kinder bereits aus dem Hause waren. Übrigens waren alle Kinder leibliche Kinder. Das Ergebnis: Kinderlose Männer sind glücklicher als Väter mit kleinen Kindern. Zwischen dem Glück der kinderlosen Männer und demjenigen der Väter, deren Kinder bereits aus dem Hause waren, gab es keinen signifikanten Unterschied. Sie waren mehr oder weniger gleich glücklich.

BRIGITTE.de: Kann man die Ergebnisse Ihrer Studie auch auf andere Länder übertragen?

Renske Keizer: Ja, sicherlich. Eine amerikanische Studie lieferte ähnliche Ergebnisse. Ich denke, in allen Ländern, in denen hohe Erwartungen an den "modernen" Mann gestellt werden, sind Väter nicht immer vollends mit ihrem Leben zufrieden.

BRIGITTE.de: Sind Sie bei Ihrer Untersuchung auch auf positive Aspekte des Vaterseins gestoßen?

Renske Keizer: Ja natürlich. Väter haben mehr soziale Kontakte, zum Beispiel mit den Nachbarn oder im Sportclub. Das haben sie meist den Kindern zu verdanken. Denn wenn diese zum Sport gehen, dann oft mit ihren Vätern. Und noch was: Väter sind gesünder. Der Grund dafür sind allerdings nicht die Kinder, sondern die Frauen. Sie kümmern sich eben nicht nur um die Kinder, sondern auch um die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Männer.

BRIGITTE.de: Und die Frauen – sind die als Mütter auch weniger glücklich?

Renske Keizer: Nein. Für Frauen spielen Kinder eine viel wichtigere Rolle. Kinder sind ein großer Glücksfaktor im Leben einer Frau, sie sind Teil ihrer weiblichen Identität. Das ist zum einen genetisch bedingt, zum anderen wird es von den Frauen auch gesellschaftlich erwartet, Kinder zu bekommen.

Interview: Ulrike Grafberger

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