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Sibel Kekilli rührt mit ihrer Rede zu Tränen

Sibel Kekilli rührt mit ihrer Rede zu Tränen
© Jensen/picture alliance/dpa
"Was ist so bedrohlich an einer freien Frau?" Schauspielerin Sibel Kekilli hat eine bewegende Rede über die muslimische Kultur gehalten - und über ihre eigenen schmerzhaften Erfahrungen.

Die Rolle, die Sibel Kekilli berühmt machte, ist die, die am engsten mit ihrem eigenen Leben verknüpft ist. In Fatih Akins preisgekröntem Film "Gegen die Wand" spielt sie eine Deutsch-Türkin, die gegen die traditionellen Ansichten ihrer Eltern rebelliert und zerrissen ist zwischen den Kulturen.

Die junge Frau aus dem Film geht daran fast zugrunde.

Die junge Frau, die ihre Rolle gespielt hat, ist heute eine international gefragte Schauspielerin. Spätestens seit ihrer Rolle im Serien-Hit "Game Of Thrones" kennt Sibel Kekilli fast die ganze Welt.

Dass diese erfolgreiche, unabhängige Frau trotzdem viel mit ihrer Filmrolle gemeinsam hat, machte Sibel Kekilli nun in einer beeindruckenden Rede deutlich.

Zum Weltfrauentag trat die 34-Jährige auf Einladung des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue auf, um über das Frauenbild in der muslimischen Kultur zu sprechen.

"Diese Kultur, in die ich hineingeboren wurde, ist voller Schätze, voller Wunder. Und - sie kann gnadenlos sein", so Kekilli. Sie selbst ist in Heilbronn geboren worden, ihre laut eigener Aussage "relativ modernen muslimischen Eltern" stammen aus der Türkei. Die Gnadenlosigkeit erfährt sie also weniger von der eigenen Familie, als von anderen Muslimen, die sie für ihr Leben verurteilen.

"Tagtäglich versuche ich trotz Anfeindungen und Vorurteilen erhobenen Hauptes durchs Leben zu gehen. Ich habe kein Kapitalverbrechen begangen, trotzdem werden Menschen wie ich von einigen schlimmer behandelt als Mörder."

In ihrer Rede wendet sie sich direkt an die Männer, die Frauen wie ihr das Leben so schwer machen.

"Den Männern dieser Kultur möchte ich heute sagen: Ich respektiere eure Kultur, euren Glauben. Lebt so, wie ihr es für richtig haltet. Toleranz bedeutet, sich gegenseitig den Freiraum zu lassen, den jeder Mensch braucht, um selbstbestimmt leben zu können."

Doch während die muslimischen Männer auf allen Ebenen Respekt verlangen, seien sie nicht in der Lage, selbst zu tolerieren.

"Wie würde es euch gefallen, wenn ihr so leben müsstet, wie ihr es von euren Frauen verlangt? Mit Zwängen, Vorschriften, unterdrückten Gefühlen, Notlügen und Ängsten? Was ist denn so bedrohlich an einer freien Frau? Warum wird sie von der eigenen Familie und der muslimischen Gesellschaft klein gehalten?"

Sibel Kekilli macht deutlich, wie harsch die muslimische Kultur mit Menschen umgeht, die sich für ein Leben außerhalb der Normen entscheiden:

"Wenn ein Mensch einmal Außenseiter ist, ist er es für immer. Ja, ich weiß, es geht euch um die Außenwirkung. Was denken die anderen, was reden die anderen? Ich frage euch, wie muss ich mich als Frau verhalten, damit die anderen mich nicht fallen lassen?"

Wer aber den Mut habe, sich gegen alle Widerstände zu kämpfen und sich loszureißen, der habe anschließend nicht nur die Familie, sondern auch den öffentlichen Respekt verloren und lebe fortan schutzlos in der Gesellschaft.

"Wer zwischen diesen beiden Welten wandert, unterliegt einem fast unmenschlichen Druck. Er macht einen buckelig, traurig, depressiv", sagt Kekilli, die gegen Ende ihrer Rede mehrmals stockte und sich die Tränen wegwischen musste. Auch das Publikum war von ihren Worten tief bewegt.

"Ich möchte ein selbstbestimmtes Leben führen, ohne mich dafür rechtfertigen zu müssen oder gesellschaftlich geächtet zu werden", sagt sie zum Schluss. Es ist ein so einfacher Wunsch, der so vielen verwehrt wird.

Nicht nur im Schloss Bellevue ist man von ihren Worten bewegt.

Applaus.

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